LfSt Niedersachsen, Schreiben vom 9.2.2023, S 7109 - St 172 - 527/2023
Ergänzend zu Abschn. 3.3 Abs. 8 UStAE behandeln die nachfolgenden Sachverhalte bisher bekannt gewordene Fälle der Übertragung eines dem Unternehmen zugeordneten Grundstücks (Betriebsgrundstück) auf einen Angehörigen. Der Unternehmer soll in sämtlichen Sachverhalten bei Herstellung oder Erwerb des Betriebsgrundstücks zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt gewesen sein. Es ist nicht ausgeschlossen, dass im Einzelfall aufgrund der jeweiligen Vereinbarungen eine andere Beurteilung geboten ist.
Sachverhalt 1
Ein Unternehmer überträgt seiner Tochter im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unentgeltlich ein Betriebsgrundstück. Aufgrund eines mit der Tochter geschlossenen Pachtvertrages verwendet der Unternehmer das Grundstück weiterhin für Zwecke seines Unternehmens.
Rechtliche Beurteilung beim Unternehmer
Der Unternehmer entnimmt das Grundstück aus seinem Unternehmen. Mit der Übertragung auf die Tochter endet die rechtliche Bindung des Grundstücks an den Unternehmer, sodass auch die Zuordnung des Grundstücks zu seinem unternehmerischen Bereich endet. An dieser Beurteilung ändert nichts, dass der Unternehmer das Grundstück weiterhin für Zwecke des Unternehmens verwendet. Denn diese Verwendung beruht nicht mehr auf der Zuordnungsentscheidung des Unternehmers, sondern auf der Entscheidung der Tochter, ihrem Vater das Grundstück zu verpachten, sowie auf der Entscheidung des Unternehmers, das Grundstück nunmehr im Rahmen eines schuldrechtlichen Nutzungsverhältnisses für sein Unternehmen zu verwenden. Die unentgeltliche Abgabe des Grundstücks erfolgt aus privaten Gründen und ist daher eine unentgeltliche Wertabgabe i. S. d. § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG. Der Umsatz ist steuerfrei (§ 4 Nr. 9 Buchst. a UStG, Abschn. 4.9.1 Abs. 2 Nr. 6 UStAE). Der Unternehmer kann nicht nach § 9 UStG auf die Steuerfreiheit verzichten, da er bei der Entnahme keine Lieferung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausführt (vgl. Abschn. 3.2 Abs. 2 Satz 4 und Abschn. 9.1 Abs. 2 Satz 3 UStAE). Damit haben sich die Verhältnisse geändert, die beim Erwerb des Grundstücks durch den Unternehmer für den Vorsteuerabzug maßgebend waren, und der Vorsteuerabzug ist ggf. nach § 15a UStG zu berichtigen (Abschn. 15a.2 Abs. 6 Nr. 3 Buchst. a UStAE).
Eine Geschäftsveräußerung im Ganzen im Sinne des § 1 Abs. 1a UStG liegt nicht vor, da die Tochter nicht das Unternehmen des Vaters fortführt, sondern ein neues (Vermietungs-)Unternehmen begründet.
Rechtliche Beurteilung bei der Tochter
Die Tochter erbringt mit der Verpachtung des Grundstücks eine steuerbare und nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfreie sonstige Leistung. Auf die Steuerfreiheit kann sie unter den Voraussetzungen des § 9 UStG verzichten. Sie ist dann berechtigt, in den Pachtzinsabrechnungen Umsatzsteuer gesondert auszuweisen und ihr in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer abzuziehen. Ggf. ist die Mindestbemessungsgrundlage anzusetzen (§ 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG).
Sachverhalt 2
Ein Unternehmer überträgt seiner Ehefrau unentgeltlich einen Miteigentumsanteil an einem steuerpflichtig vermieteten Betriebsgrundstück. Die Ehegatten treten gemeinschaftlich in den bestehenden Mietvertrag ein, das Grundstück wird weiterhin steuerpflichtig vermietet. Die Ehegatten gründen keine gesonderte Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR).
Rechtliche Beurteilung bei der Bruchteilsgemeinschaft
Es liegt beim Ehemann eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen im Sinne des § 1 Abs. 1a UStG vor, die keine Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG auslöst (Abschn. 1.5 Abs. 2b Satz 2 UStAE). Eine zusätzliche Überlassung des in seinem Eigentum verbliebenen Grundstücksanteils an die Bruchteilsgemeinschaft liegt nicht vor (Abschn. 3.3 Abs. 8 Satz 3 UStAE m. w. N.).
Rechtliche Beurteilung bei der Ehefrau
Bei der Ehefrau sind keine Folgen aus der Übertragung des Miteigentumsanteils zu ziehen. Umsatzsteuerrechtliche Vermietungsunternehmerin ist die Bruchteilsgemeinschaft (s. o.). Eine Überlassung des übertragenen Grundstücksanteils von der Ehefrau an die Bruchteilsgemeinschaft liegt nicht vor.
Sachverhalt 3
Ein Unternehmer überträgt seiner Ehefrau entgeltlich einen Miteigentumsanteil an einem Betriebsgrundstück. Er verwendet das Grundstück aufgrund eines Pachtvertrages mit der Ehefrau weiterhin für seine unternehmerischen Zwecke. In dem Pachtvertrag ist Umsatzsteuer offen ausgewiesen.
Allgemeines
Zwar entsteht auch hier kraft Gesetzes eine Bruchteilsgemeinschaft, diese wird jedoch nicht unternehmerisch tätig. Unternehmer im Sinne des § 2 UStG sind der Ehemann mit seinem bisherigen Unternehmen und die Ehefrau mit dem neu gegründeten Vermietungsunternehmen. Sowohl der Ehemann als auch die Ehefrau verfügen in diesem Fall über ihre Miteigentumsanteile am Betriebsgrundstück aufgrund originären Nutzungsrechts.
Beide Personen sind als Miteigentümer in Bruchteilsgemeinschaft insoweit zum Vorsteuerabzug berechtigt, als sie das gemeinschaftliche Grundstück ...