Leitsatz
Erträge aufgrund eines Handelsvertreterausgleichs gehören zum laufenden Gewinn, auch wenn diese mit der Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs zusammenfallen.
Sachverhalt
Der Kläger betrieb eine Versicherungsagentur, die er zusammen mit einem weiteren Gesellschafter in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) führte. Als er Ende 2002 aus der Gesellschaft austrat, wurde kein Kaufpreis für den bestehenden Versicherungsbestand gezahlt. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, zum Zeitpunkt des Ausscheidens sei ein Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB, der auch für Versicherungsvertreter gilt (§ 89b Abs. 5 Satz 1 HGB), zu aktivieren und beim Kläger als laufender Gewinn unter Anwendung der Tarifvergünstigung gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 2 i. V. mit Abs. 3 EStG zu erfassen. Dem trat der Kläger mit der Rechtsansicht entgegen, dass es sich bei dem Ausgleichsanspruch nicht um einen laufenden Gewinn, sondern um einen im Sinne von § 16 EStG begünstigten Veräußerungsgewinn handele. Zur Begründung führte er insbesondere an, dass der Ausgleichsanspruch die typischen Kriterien eines Veräußerungserlöses aufweise, da auch hier Aktivitäten der Vergangenheit abgegolten würden. Die weiteren Voraussetzungen des § 16 Abs. 4 EStG erfüllte der Kläger. Nach Zurückweisung des Einspruchs wurde Klage erhoben.
Entscheidung
Das Finanzgericht wies die Klage vollständig als unbegründet zurück. Es führte aus, dass es der ständigen Rechtsprechung des BFH entspricht, den Handelsvertreterausgleich nach § 89b HGB als laufenden Gewinn zu erfassen und nicht als Veräußerungsgewinn. Dies gelte auch dann, wenn der Handelsvertreterausgleich mit der Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs zusammenfalle (BFH, Urteil v. 31.3.1997, IV R 111/76, BStBl 1977 II S. 618 und BFH, Urteil v. 10.7.1973, VIII R 34/71, BStBl 1973 II S. 786). Damit fällt der Anspruch nicht unter § 16 EStG. Es liegen aber außerordentliche Einkünfte im Sinne von § 34 Abs. 1 HGB vor, so dass die sog. Fünftel-Regelung hier zur Anwendung kommt. Die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung bejahte das Finanzgericht.
Hinweis
Die Entscheidung ist insofern von Bedeutung als sie die Rechtsprechung des BFH zur Zuordnung eines Handelsvertreterausgleichs zum laufenden Gewinn auch in den Fällen bestätigt, in denen dieser mit der Geschäftsaufgabe zusammenfällt. Noch wichtiger ist aber sich vor Augen zu führen, dass es auch dann zu einer steuerlichen Belastung kommen kann, wenn tatsächlich nichts gezahlt worden ist. Im Urteilsfall schied der Kläger nämlich aus der GbR aus, ohne einen Kaufpreis zu erhalten. Gleichwohl waren stille Reserven aus dem Handelsvertreterausgleich aufzudecken und zu versteuern. Für solche "Steuerfallen" gilt es, ein Gespür zu entwickeln und entsprechende Abwehrgestaltungen zu entwickeln.
Link zur Entscheidung
FG Münster, Urteil vom 29.04.2008, 6 K 2736/05 F