1. Begriff der unbebauten Grundstücke
Unbebaute Grundstücke sind gem. § 246 BewG Grundstücke, auf denen sich keine oder keine benutzbaren Gebäude befinden. Die Benutzbarkeit beginnt zum Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit des Gebäudes. Es muss den zukünftigen Bewohnern oder sonstigen vorgesehenen Benutzern nach objektiven Merkmalen zugemutet werden können, Wohnungen oder Räume des Gebäudes bestimmungsgemäß zu benutzen. Im Feststellungszeitpunkt müssen alle wesentlichen Bauarbeiten abgeschlossen sein. Auf die Abnahme durch die Bauaufsichtsbehörde kommt es nicht an. Ist das Gebäude im Feststellungszeitpunkt bezogen, begründet dies die widerlegbare Vermutung der Bezugsfertigkeit.
Beraterhinweis Geringfügige Restarbeiten, die üblicherweise vor dem tatsächlichen Bezug durchgeführt werden (z.B. Malerarbeiten, Verlegen des Bodenbelags), schließen die Bezugsfertigkeit nicht aus (vgl. BFH v. 25.7.1980 – III R 46/78, BStBl. II 1981, 152).
Bei der Prüfung, ob ein Gebäude bezugsfertig ist, ist grundsätzlich auf das ganze Gebäude und nicht auf einzelne Wohnungen oder Räume abzustellen, es sei denn, es handelt sich dabei um eigenständige wirtschaftliche Einheiten (z.B. Wohnungseigentum). Sind bspw. Wohnungen im Erdgeschoss vor dem Feststellungszeitpunkt, die übrigen Wohnungen jedoch erst danach bezugsfertig geworden und ist keine Bebauung in Bauabschnitten gegeben, ist das Gebäude als nicht bezugsfertig anzusehen.
Die Gebäudeeigenschaft endet, wenn das Gebäude nicht mehr benutzbar ist. Ein Gebäude ist insb. nicht mehr benutzbar, wenn infolge des Verfalls des Gebäudes oder dessen Zerstörung keine auf Dauer benutzbaren Räume vorhanden sind (§ 246 Abs. 2 Satz 1 BewG). Ein Gebäude ist dem Verfall preisgegeben, wenn der Abnutzungsprozess so weit fortgeschritten ist, dass das Gebäude nach objektiven Verhältnissen auf Dauer nicht mehr benutzt werden kann.
Beraterhinweis Behebbare Baumängel und Bauschäden sowie aufgestauter Reparaturbedarf aufgrund von unterlassenen Instandsetzungs- und Reparaturarbeiten wirken sich regelmäßig nur vorübergehend auf Art und Umfang der Gebäudenutzung aus und betreffen nicht unmittelbar die Konstruktion des Gebäudes. Sie führen deshalb i.d.R. nicht dazu, dass auf dem Grundstück kein auf Dauer benutzbarer Raum vorliegt (vgl. BFH v. 14.5.2003 – II R 14/01, BStBl. II 2003, 906). Befinden sich auf dem Grundstück Gebäude, die auf Grund von Umbauarbeiten nur vorübergehend nicht benutzbar sind, stellt das Grundstück ebenfalls ein bebautes Grundstück dar.
2. Bewertung der unbebauten Grundstücke
Der Grundsteuerwert unbebauter Grundstücke ergibt sich regelmäßig aus dem Produkt der Grundstücksfläche und dem jeweiligen Bodenrichtwert (§ 196 BauGB). Der Wert unbebauter Grundstücke umfasst den Wert des Grund und Bodens, mit dem die Außenanlagen abgegolten sind. Bei der Wertermittlung ist der Bodenrichtwert anzusetzen, der vom Gutachterausschuss auf den jeweiligen Hauptfeststellungszeitpunkt ermittelt wurde. Dieser Wert gilt für den gesamten Hauptfeststellungszeitraum.
Anzusetzen ist regelmäßig der auf das Bodenrichtwertgrundstück bezogene Bodenrichtwert. Abweichungen zwischen den Grundstücksmerkmalen des Bodenrichtwertgrundstücks und des zu bewertenden Grundstücks werden nach der Präzisierung des § 247 BewG durch das FoStoG mit Ausnahme unterschiedlicher Entwicklungszustände und Arten der Nutzung bei überlagernden Bodenrichtwertzonen nicht berücksichtigt. Als Entwicklungszustände kommen in Betracht:
- Flächen der Land- oder Forstwirtschaft (vgl. §§ 232 bis 242 BewG sowie ausführlich Bruschke, ErbStB 2022, 78),
- Bauerwartungsland,
- Rohbauland und
- baureifes Land.
Bauerwartungsland sind Flächen, die nach ihren weiteren Grundstücksmerkmalen, insb. dem Stand der Bauleitplanung und der sonstigen städtebaulichen Entwicklung des Gebiets, eine bauliche Nutzung auf Grund konkreter Tatsachen mit hinreichender Sicherheit erwarten lassen. Ist damit zu rechnen, dass die Flächen innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren anderen als land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen werden und daher gem. § 233 Abs. 2 BewG als Grundvermögen anzusehen sind, werden diese Flächen regelmäßig als Bauerwartungsland angesetzt.
Rohbauland sind Flächen, die nach den §§ 30, 33 und 34 BauGB für eine bauliche Nutzung bestimmt sind, deren Erschließung aber noch nicht gesichert ist oder die nach Lage, Form oder Größe für eine bauliche Nutzung unzureichend gestaltet sind. Im Regelfall handelt es sich hierbei um größere, unerschlossene Grundstücksflächen, die die Eigenschaft als land- und forstwirtschaftliches Vermögen verloren haben, selbst wenn sie noch land- und forstwirtschaftlich genutzt werden. Eine Unterscheidung zwischen Bruttorohbauland, welches die für öffentliche Zwecke benötigten Flächen des Planungsgebiets einschließt, und Nettorohbauland, welches diese Flächen nicht umfasst, wird für die Ermittlung des Grundsteuerwerts nicht vorgenommen.
Baureifes Land sind Flächen, die nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften und den tatsächlichen Gegebenheiten baulich nutzbar sind. Der Gutachterausschuss ermittelt die Bodenrichtwerte regelmäß...