Leitsatz
1. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG 1993 setzt nicht voraus, dass der Unternehmer Umsätze gegenüber einem Patienten als Leistungsempfänger erbringt und mit ihm oder seiner Krankenkasse hierüber abrechnet.
2. Nach § 4 Nr. 14 UStG 1993 steuerfreie Leistungen kommen auch dann in Betracht, wenn eine Rehabilitationseinrichtung auf Grund eines Versorgungsvertrags gem. § 11 Abs. 2, §§ 40, 111 SGB V mit Hilfe von Fachkräften Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erbringt. In diesem Fall sind regelmäßig sowohl die Leistungen der Rehabilitationseinrichtung als auch die Leistungen der Fachkräfte an die Rehabilitationseinrichtung steuerfrei, soweit sie die in dem Versorgungsvertrag benannte Qualifikation haben.
Normenkette
§ 4 Nr. 14 UstG , Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL
Sachverhalt
Ein Diplom-Sportlehrer war als Sporttherapeut und in dieser Eigenschaft als freier Mitarbeiter bei einem ambulanten Reha-Zentrum tätig. Das Reha-Zentrum erbrachte u.a. mit Hilfe des Klägers Leistungen an Patienten und rechnete darüber mit Krankenkassen ab.
Das FA und das FG beurteilten die Umsätze des Klägers aus dieser Tätigkeit als umsatzsteuerpflichtig, weil der Kläger seine Leistungen nicht gegenüber den Patienten, sondern nur gegenüber dem Reha-Zentrum erbracht und abgerechnet habe.
Entscheidung
Diese Begründung hielt der BFH aus den in den Praxis-Hinweisen genannten Gründen nicht für ausreichend. Das FG muss aber noch zur Beurteilung der beruflichen Qualifikation feststellen, ob den Leistungen des Klägers ein Versorgungsvertrag zugrunde lag und ob der Kläger die dort genannten Qualifikationen hatte.
Hinweis
Die Entscheidung ist – ebenso wie das Urteil vom 11.11.2004, V R 34/02, BFH/PR 2005,180 – ein weiterer Schritt zur Anpassung der nationalen Befreiungsvorschrift in § 4 Nr. 14 UStG an die Vorgaben der 6. EG-RL. Die Entscheidung betrifft noch das UStG 1993 mit der Anknüpfung an § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG; diese spielt aber – bei der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung – keine entscheidende Rolle mehr; entscheidend für die Frage, ob es sich um befreite Umsätze handelt, sind nach der BFH-Rechtsprechung nunmehr:
1. Der Unternehmer muss eine Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin durch ärztliche oder arztähnliche Leistungen erbringen: Eine Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin i.S.d. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL umfasst (nur) Tätigkeiten, die zum Zweck der Vorbeugung, Diagnose, der Behandlung und, soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen für bestimmte Patienten ausgeführt werden.
2.Der Unternehmer muss für diese Heilbehandlung die erforderlichen Befähigungsnachweise besitzen. Entsprechend dem Sinn und Zweck der Regelung – Entlastung der Sozialversicherungsträger – kann grundsätzlich vom Vorliegen des Befähigungsnachweises ausgegangen werden, wenn diese Leistungen i.d.R. von den Sozialversicherungsträgern finanziert werden.
- Vom Vorliegen eines beruflichen Befähigungsnachweises für eine ärztliche oder arztähnliche Leistung ist grundsätzlich auszugehen bei Zulassung des jeweiligen Unternehmers bzw. der regelmäßigen Zulassung seiner Berufsgruppe gem. § 124 Abs. 2 SGB V durch die zuständigen Stellen der gesetzlichen Krankenkassen.
- Indiz für das Vorliegen eines entsprechenden beruflichen Befähigungsnachweises ist nach diesem Urteil ferner die Aufnahme von Leistungen der betreffenden Art in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen (§ 92 SGB V).
- Leistungsempfänger muss nicht zwingend der Patient selbst sein, denn nach § 4 Nr. 14 UStG beschränkt sich das personenbezogene Befreiungselement auf den Leistenden (berufliche Qualifikation), nicht auf den Leistungsempfänger. Der Steuerbefreiung steht deshalb z.B. nicht entgegen, dass der Unternehmer sie (lediglich) als Subunternehmer eines Reha-Zentrums ausgeführt und nicht selbst mit Patienten oder deren Krankenkasse abgerechnet hat.
- Erbringt eine Rehabilitationseinrichtung auf Grund eines Versorgungsvertrags gem. § 11 Abs. 2, §§ 40, 111 SGB V mit Hilfe von Fachkräften Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, sind regelmäßig sowohl die Leistungen der Rehabilitationseinrichtung als auch die Leistungen der Fachkräfte an die Rehabilitationseinrichtung steuerfrei, soweit diese die in dem Versorgungsvertrag benannte Qualifikation haben.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 25.11.2004, V R 44/02