Leitsatz
* 1. Ein Gewinnausschüttungsbeschluss entspricht auch dann den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften i.S.v. § 27 Abs. 3 Satz 1 KStG 1991 und führt zur Herstellung der Ausschüttungsbelastung, wenn durch seine Umsetzung das Stammkapital der Gesellschaft angegriffen und deswegen gegen § 30 Abs. 1 GmbH verstoßen wird (Anschluss an Senatsurteil vom 21.7.1999, I R 57/98, BStBl II 2001, 127; Abweichung vom Senatsurteil vom 5.6.1985, I R 183/84, BStBl II 1986, 84).
2. Der Gewinnausschüttungsbeschluss kann trotz des Verstoßes gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften vollzogen werden. Die Auszahlung von Stammkapital führt lediglich zu einem entsprechenden Rückforderungsanspruch der Gesellschaft.
* Leitsatz nicht amtlich
Normenkette
§ 27 Abs. 1 KStG , § 27 Abs. 3 Satz 1 KStG , § 30 Abs. 1 GmbHG , § 31 GmbHG
Sachverhalt
Es geht um eine GmbH, die in den Jahren 1995 und 1996 Verluste erzielt hatte, die ihr vorhandenes verwendbares Eigenkapital aufzehrten. Dennoch hatte sie Ende 1995 einen Gewinnverteilungsbeschluss gefasst, durch den der für das Vorjahr 1994 erwirtschaftete Gewinn von 561 297 DM i.H.v. 329 000 DM auszuschütten war. Unter Hinweis auf die Unwirksamkeit dieses Beschlusses gab sie im Jahr 1997 eine berichtigte KSt-Erklärung ab. Das FA behandelte die Ausschüttung dennoch als abgeflossen und stellte hierfür die Ausschüttungsbelastung her.
Entscheidung
Der BFH sah die Dinge ebenso wie das FA. Die Ausschüttungsbelastung sei gem. §§ 27 ff. KStG 1991 herzustellen, denn der Gewinnverteilungsbeschluss entspreche uneingeschränkt den gesellschaftsvertraglichen Anforderungen. Zwar dürfe das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft gem. § 30 Abs. 1 GmbHG nicht an die Gesellschafter ausgezahlt werden; ggf. geleistete Zahlungen müssten gem. § 31 Abs. 1 GmbHG der Gesellschaft erstattet werden.
Ein Verstoß gegen § 30 GmbHG hindere indes nur die Vollziehung des getroffenen Beschlusses, sie mache ihn aber nicht unwirksam. Anderslautenden Auffassungen im Schrifttum werde nicht gefolgt und auch die anders lautende Formulierung im Senatsurteil vom 5.6.1985, I R 183/84 (BStBl II 1986, 84, 85) werde nicht aufrechterhalten. Tatsächlich sei dieser Ausschüttungsbeschluss auch vollzogen worden, z.T. durch Verrechnung mit Gegenforderungen, z.T. durch Verzicht des betreffenden Gesellschafters. Dadurch würden lediglich Rückforderungsansprüche der GmbH ausgelöst.
Hinweis
Es ist "altes" KSt-Recht, um das es im Urteilsfall ging. Diesem kommt indes nach wie vor praktische Relevanz zu, weshalb Sie die Rechtsprechungsgrundsätze unbedingt noch einmal gewärtigen sollten: Die Herstellung der Ausschüttungsbelastung gem. §§ 27 ff. KStG erfordert einen den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss.
Der BFH belässt nun keinen Zweifel daran, dass ein solcher auch dann vorliegt, wenn durch die Ausschüttung das Stammkapital berührt und deswegen das in §§ 30, 31 GmbHG verankerte Kapitalerhaltungsgebot verletzt wird. Ein Verstoß gegen dieses Gebot ist noch nicht in der bloßen Beschlussfassung zu sehen, sondern erst in der tatsächlichen Auskehrung der Beträge. Aber auch diese löst lediglich einen Rückforderungsanspruch der Gesellschaft gem. § 31 Abs. 1 GmbHG aus; der eigentliche Beschluss bleibt unberührt.
Sie haben also keine Chance, mit Hinweis auf die tiefgreifenden Verluste der Gesellschaft die missliche Herstellung der Ausschüttungsbelastung zu verhindern. Gleiches gilt, wie der BFH wiederholt entschieden hat, auch bezogen auf Vorabausschüttungen, die sich im Ergebnis als verfrüht herausstellen, weil die Gewinne am Jahresende fehlen und das Stammkapital "touchiert" wird (vgl. BFH, Urteil vom 21.7.1999, I R 57/98, BStBl II 2001, 127).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 7.11.2001, I R 11/01