Leitsatz
1. Für die Vorabausschüttung einer GmbH ist auch dann die Ausschüttungsbelastung gem. § 27 Abs. 1 und 3 Satz 2 KStG 1991 herzustellen, wenn sie von dem später festgestellten Jahresgewinn nicht gedeckt wird. Die Rückforderung und Rückzahlung der überhöhten Vorabausschüttung ändert daran nichts (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung und von Abschn. 77 Abs. 10 Satz 6 KStR 1993).
2. Das gilt auch dann, wenn der Gewinnverteilungsbeschluss wegen des Verstoßes gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften des GmbH-Rechts ausnahmsweise unwirksam ist.
Normenkette
§ 27 Abs. 1 KStG 1991 , § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG 1991 , § 30 GmbHG , § 31 GmbHG , § 240 ZPO
Sachverhalt
Die Klägerin ist Verwalterin in dem am 21.4.1997 eröffneten Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen einer GmbH aus den neuen Bundesländern. Am 15.12.1994 beschlossen die Gesellschafter der GmbH, einen Gewinn für das Streitjahr 1994 vorab in Höhe von 1,3 Mio. DM (abzüglich KapESt) an die Gesellschafter auszuschütten. Weitere Gewinnausschüttungsbeschlüsse für das Streitjahr fassten die Gesellschafter am 21.11.1995 über 25.000 DM sowie am 4.12.1995 über 620.000 DM. Der Beschluss vom 15.12.1994 wurde noch im Streitjahr, die Beschlüsse vom 21.11. und vom 4.12.1995 wurden im Folgejahr durchgeführt.
Das FA setzte die KSt 1994 gegen die GmbH nach dem erklärten Gewinn von 2.383.112 DM und unter Herstellung der Ausschüttungsbelastung gem. §§ 27 ff. KStG 1991 auf die am 15.12.1994 beschlossene und noch im Streitjahr durchgeführte Vorabausschüttung von 1,3 Mio. DM fest, zuletzt durch Änderungsbescheid vom 26.3.1997 auf 1.231.475 DM. Zugleich erließ es am 26.3.1997 einen entsprechenden Bescheid über die Feststellung des vEK gem. § 47 Abs. 1 KStG 1991 zum 31.12.1994, durch den das EK 50 auf 934 DM, das EK 45 auf 2.012.157 DM, das EK 02 auf 292.980 DM und das EK 04 auf 907 DM festgestellt wurde.
Nach Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der GmbH am 21.4.1997 widersprach die Klägerin in einem Termin zur Prüfung der angemeldeten Abgabenansprüche am 18.8.1997 der Forderung wegen KSt für 1994 gem. § 11 Abs. 2 GesO vom 23.5.1991 (BGBl I 1991, 1185). Daraufhin erklärte das FA am 4.12.1997 die Aufnahme des Steuerrechtsstreits hinsichtlich der streitigen KSt 1994 sowie anderer – hier nicht streitiger – Steuern und Nebenleistungen. Die Klägerin legte am 10.12.1997 gegen den KSt-Bescheid vom 26.3.1997 Einspruch ein, den sie damit begründete, dass sie als Gesamtvollstreckungsverwalterin gegen die GmbH Klage vor dem LG erhoben und die Feststellung der Nichtigkeit des Jahresabschlusses für 1994 beantragt habe.
Das von der Klägerin angerufene LG stellte durch Urteil analog § 241 Nr. 3, § 253 Abs. 1 Satz 1 AktG i.V.m. § 30 Abs. 1 GmbHG die Nichtigkeit der Bilanzen der GmbH zum 31.12.1994 und zum 31.12.1995 sowie der Ausschüttungsbeschlüsse vom 21.11.1995, vom 4.12.1995 und vom 15.12.1994, letzteren i.H.v. 975.000 DM, fest. Begründet wurde dies damit, dass die GmbH zu Unrecht erhebliche Rückstellungen nicht passiviert und deswegen überhöhte Gewinne ausgewiesen habe.
Die Klägerin reichte hierauf einen berichtigten Jahresabschluss für das Streitjahr ein und wies nunmehr einen Jahresfehlbetrag von 652.511,06 DM aus. Das FA trug dem Rechnung und erließ am 3.8.2000 einen geänderten KSt-Bescheid sowie einen geänderten vEK-Bescheid. Es legte erklärungsgemäß ein Einkommen i.H.v. ./. 645.246 DM zugrunde, berechnete eine Tarifbelastung von 0 DM und ermittelte einen KSt-Erhöhungsbetrag i.H.v. 557.142 DM auf Ausschüttungen i.H.v. 1,3 Mio. DM. Im Feststellungsbescheid wurden die Teilbeträge des vEK wie folgt ausgewiesen: EK 50 mit 0 DM, EK 45 mit ./. 71.651 DM, EK 02 mit ./. 496.497 DM sowie EK 04 mit 907 DM. Über den Einspruch der Klägerin gegen den geänderten Feststellungsbescheid ist bislang nicht entschieden.
Entscheidung
Klage und Revision blieben ohne Erfolg:
Obwohl der Jahresabschluss als auch die Gewinnverteilungsbeschlüsse wegen Verstoßes gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften in §§ 30, 31 GmbHG nichtig seien, sei die Vorabausschüttung tatsächlich vollzogen worden. Dieser tatsächliche Vorgang sei nicht rückgängig zu machen. Er löse deshalb die Ausschüttungsbelastung gem. §§ 27 ff. KStG a.F. aus.
Die klagende Gesamtvollstreckungsverwalterin könne sich nicht darauf berufen, es habe infolge des eröffneten Gesamtvollstreckungsverfahrens kein wirksamer geänderter vEK-Bescheid zum 31.12.1994 ergehen dürfen; zugrunde zu legen seien deshalb die "alten" vEK-Bestände. Zwar sei der Klägerin einzuräumen, dass die Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens das Besteuerungsverfahren unterbreche. Analog § 240 ZPO dürften folglich auch keine Feststellungsbescheide mehr ergehen. Das gelte jedoch nicht bezogen auf Steuern, die von der Verwalterin bestritten würden. Gleiches gelte, wenn sie das unterbrochene Verfahren wieder aufnehme oder fortführe. Das sei vorliegend der Fall.
Hinweis
1. Das Wesentliche zu der Problematik, die diesem Urteil zugrunde liegt, kann bereits den Pra...