rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlegungslast im Aussetzungsverfahren
Leitsatz (redaktionell)
- Im Aussetzungsverfahren hatte das Finanzamt die Umstände, geht den Steueranspruch begründen, so darzustellen, dass sich das Gericht in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ein Bild von dem geltend gemachten Anspruch machen kann. Die Vorlage eines Konvoluts von Akten und anderen Unterlagen, ohne dass in der geschlossenen Darstellung des streitigen Sachverhalts konkrete Verweisungen zu einzelnen Streitpunkten erfolgen, reicht dazu nicht aus.
- Kann der geltendgemachte Steueranspruch nicht schlüssig aus dem vorgetragenen Sachverhalt hergeleitet werden, ist im Zeitpunkt der Entscheidung über den Vollziehungsaussetzungsantrag mit großer Wahrscheinlichkeit ein für den Steuerpflichtigen günstiger Prozessausgang zu erwarten, der die Anordnung einer Sicherheitsleistung auch bei Gefährdung der Steueranspruchs entbehrlich macht.
Normenkette
FGO § 69 Abs. 3
Streitjahr(e)
1991, 1992, 1993, 1994, 1995, 1996, 1997, 1998, 1999
Tatbestand
Die Antragsteller begehren mit ihrem vorliegenden Antrag die Aussetzung der Vollziehung der geänderten Einkommensteuerbescheide 1991 bis 1999, der mit diesen verbundenen Bescheide über Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer und der Gewerbesteuermessbescheide 1991 bis 1999.
Nach Durchführung einer Steuerfahndungsprüfung gelangte der Antragsgegner (das Finanzamt -FA-) zu der Überzeugung, dass der Antragsteller aus seiner selbständigen Tätigkeit als EDV-Berater neben den erklärten Einnahmen durch Einschaltung der Schweizer Firmen A bzw. B weitere, ihm in der Schweiz zugewendete steuerpflichtige Einnahmen hatte. Nach dem Inhalt der dem Gericht vorgelegten Akten hat die Steuerfahndung beim Antragsteller insoweit keine konkreten Feststellungen getroffen, sondern sie bezieht sich auf eine Vielzahl von gleichgelagerten, von der Schwerpunktstaatsanwaltschaft X ermittelten Fällen. Trotz Bestreitens der Vorwürfe durch den Antragsteller und der Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung hat das FA in seiner Stellungnahme im Wesentlichen lediglich auf die Ausführungen im Fandungsbericht und in der Einspruchsentscheidung verwiesen. Im Fandungsbericht wird u.a. auf zwei Beweismittelordner verwiesen, die dem Gericht nicht vorgelegt worden sind.
Entscheidungsgründe
Der Antrag ist begründet.
Auf Antrag kann das Gericht die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen (§ 69 Abs. 2 und 3 FGO). Die Aussetzung soll erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes bestehen nach ständiger Rechtsprechung dann, wenn eine überschlägige Prüfung ergibt, dass neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit und Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung der Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung des BFH; vgl. z.B. Beschluss vom 19. Mai 1999 V B 5/99, BFH/NV 1999, 1495).
Die Entscheidung im Aussetzungsverfahren ist auf der Grundlage einer summarischen Prüfung der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten zu fällen. Die Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen ist nur soweit erforderlich, dass entschieden werden kann, ob ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen. Dabei sind nur präsente Beweismittel zu berücksichtigen (vgl. BFH-Entscheidungen vom 28. Juli 1987 V B 68/86, BFH/NV 1988, 198, vom 22. März 1988 VII R 39/84, BFH/NV 1990, 133 und vom 31. Januar 2002 V B 108/01, BFHE 198, 208, UR 2002, 275).
Aufgrund dieser Beurteilungsmaßstäbe hat der Senat ernstlichen Zweifel an der Rechmäßigkeit der angefochtenen Bescheide.
Das Vorbringen des Antragsgegners (Finanzamt -FA-), das sich im Wesentlichen in der Bezugname auf den Bericht der Steuerfahndung und der Einspruchsentscheidung erschöpft, ist nicht geeignet, die vom FA geltend gemachten Steuerforderungen so zu belegen, dass ernstliche Zweifel an deren Rechtmäßigkeit ausgeschlossen sind.
Es ist nicht Aufgabe der Gerichte im Vollziehungsaussetzungsverfahren, einen unvollständig begründeten und bestrittenen Steueranspruch durch eigene Ermittlungen zu belegen. Die Verwaltung hat gegenüber dem Steuerpflichtigen (BFH-Urteil vom 4. April 1978 VII R 71/77, BFHE 125, 20, BStBl II 1978, 402) und gegenüber dem Gericht eine Mitteilungs- und Begründungspflicht. Lässt sie es hieran fehlen, sind ohne weiteres ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Steueranspruchs begründet. Andererseits sind die Anforderungen an die Verwaltung nicht zu überspannen. Die Mitteilung der Besteuerungsgrundlagen und in rechtlich schwierig liegenden Fällen der schlüssigen Begründung des Steueranspruchs müssen nicht im Steuerbescheid selbst erfolgen. Es genügt die Bezugnahme auf einen bekannt gemachten Prüfungsbericht. Dieser muss allerdings so viele Angaben enthalten, dass ...