Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer 1988

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 10.03.1999; Aktenzeichen XI R 86/95)

 

Tenor

Der Einkommensteuerbescheid 1988 vom 02.03.1990 in der Fassung vom 25.01.1994 wird unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 03.03.1994 dahin abgeändert, daß die Einkommensteuer auf DM … herabgesetzt wird. Von den bis zum 05.07.1994 entstandenen Verfahrenskosten trägt der Kl. 44 % und das Finanzamt 56 %. Die Kosten des anschließenden Verfahrensabschnittes hat das Finanzamt zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der erstattungsfähigen Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Der Streitwert wird für die Zeit bis zum 05.07.1994 auf DM … – und für den nachfolgenden Verfahrensabschnitt auf DM … festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der im Jahre 1986 geschiedene Kläger ist als Steuerberater nichtselbständig tätig. Da sich seine frühere Ehefrau weigerte, die nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) erforderliche Zustimmung für einen Sonderausgabenabzug der an sie gezahlten Unterhaltsleistungen zu erteilen, führte der Kläger einen Zivilrechtsstreit mit dem Ziele der Zustimmungserteilung durch. Der Rechtsstreit endete mit einem vor dem Berufungsgericht geschlossenen Vergleich, in dem sich die frühere Ehefrau verpflichtete, den Anträgen des Klägers auf Abzug von Unterhaltsleistungen als Sonderausgaben zuzustimmen. Die Kosten des Verfahrens wurden gegeneinander aufgehoben.

In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1988 machte der Kläger die ihm durch diesen Rechtsstreit entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von DM … vergeblich als Steuerberatungskosten im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG geltend. Das Finanzamt berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid vom 02.03.1990 die fraglichen Aufwendungen lediglich als außergewöhnliche Belastung, wobei es wegen der nach § 33 Abs. 3 beim Kläger anzusetzenden zumutbaren Belastung zu keiner steuermindernden Auswirkung kam.

Hiergegen hat der Kläger nach erfolgloser Durchführung des Vorverfahrens Klage erhoben (11 K 3080/90). Einen während des gerichtlichen Verfahrens erlassenen Änderungsbescheid, mit dem der angefochtene Einkommensteuerbescheid in einigen Punkten für vorläufig erklärt wurde, hat der Kläger nicht innerhalb der dafür bestehenden Frist zum Gegenstand des Klageverfahrens gemacht, sondern erneut Einspruch eingelegt und nach Ergehen der Einspruchsentscheidung vom 03.03.1994 die vorliegende Klage erhoben.

Der Kläger ist der Auffassung, die ihm im Zusammenhang mit der zivilrechtlichen Klage auf Zustimmung seiner geschiedenen Ehefrau zum Realsplitting nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG entstandenen Rechtsanwaltskosten seien nicht als außergewöhnliche Belastung, sondern als Steuerberatungskosten bei der Einkommensteuerveranlagung zu berücksichtigen. Steuerberatung im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG umfasse jede Tätigkeit eines Dritten zur Unterstützung des Steuerpflichtigen bei Ausübung seiner steuerlichen Rechte und Pflichten. Diese Voraussetzungen seien im Streitfalle erfüllt, da er die anwaltliche Beratung und Vertretung vor den Zivilgerichten lediglich zur Wahrung seines Rechtes auf steuermindernde Berücksichtigung der erbrachten Unterhaltsleistungen in Anspruch genommen habe.

Neben der Berücksichtigung der Anwaltskosten als Sonderausgaben hatte der Kläger zunächst auch die Anerkennung weiterer Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von DM … begehrt. Diesen Streitpunkt hat er mit am 05.07.1995 bei Gericht eingegangenem Schreiben fallengelassen.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 1988 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 25.01.1994 sowie die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 03.03.1994 dahin zu ändern, daß Steuerberatungskosten in Höhe von DM … als Sonderausgaben berücksichtigt werden.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten seien durch die gerichtliche Geltendmachung eines zivilrechtlichen Anspruchs verursacht worden. Mit dem Besteuerungsverfahren bestehe allenfalls ein mittelbarer Zusammenhang, der für eine Berücksichtigung als Steuerberatungskosten nicht ausreiche.

Dem Gericht haben die beim beklagten Finanzamt für den Kläger zu Steuer Nr. … geführten Einkommensteuerakten (1988) vorgelegen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

1. Die dem Kläger im Rahmen der Klage auf Zustimmung seiner früheren Ehefrau zum sog. Realsplitting entstandenen Rechtsanwaltskosten sind als Steuerberatungskosten im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG bei der Einkommensteuerveranlagung zu berücksichtigen.

Unter „Steuerberatungskosten” werden nach allgemeinem Sprachgebrauch Honorare für verschiedenartige Tätigkeiten der steuerberatenden Berufe verstanden (vgl. Bundesfinanzhof – BFH–, Urteil vom 30.04.1965 VI 207/62 S, Bundessteuerblatt –BStBl– III 1965, 410, ...

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