rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtveranlagungsbescheinigung für eine Holdinggesellschaft wegen einer Überbesteuerungssituation

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Das Tatbestandsmerkmal „aufgrund der Art seiner Geschäfte” ist erfüllt, wenn die Überbesteuerungssituation der ausgeübten Geschäftstätigkeit derart wesensimmanent ist, dass ein wirtschaftlich besseres Ergebnis zwangsläufig nicht erzielt werden kann.
  2. Es reicht nicht aus, dass die Überzahlersituation sich aus der Art und Weise ergibt, wie der jeweilige Steuerpflichtige seinen Geschäften konkret nachgeht, vielmehr muss die sog Überzahlungssituation nachhaltig auf den abstrakt möglichen Geschäften beruhen.
  3. Bei Holdinggesellschaften ist eine dauerhafte Überzahlersituation bereits dann nicht gegeben, wenn sie nach ihrer Satzung nicht als Holding tätig sein muss, sondern jederzeit eine operative Tätigkeit aufnehmen kann.
  4. Der inzwischen auf 15% herabgesenkte Körperschaftssteuersatz bei dennoch bestehender voller Kapitalertragsteuerpflicht der Ausschüttungen führt noch nicht zu einer dauerhaften Überzahlersituation.
  5. Führt die Holdinggesellschaft sonstige entgeltliche Konzerndienstleistungen gegenüber den Tochtergesellschaften aus und übernimmt sie diesen gegenüber Fremdfinanzierungsfunktion, liegt aufgrund der konkreten Tätigkeit trotz der Anwendung des § 8b KStG nicht zwangsläufig eine Überzahlersituation vor, selbst wenn die steuerpflichtigen Tätigkeiten tatsächlich nur in ganz geringem Umfang ausgeführt werden.
 

Normenkette

EStG § 44a Abs. 5; KStG § 8b; EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1, § 43 Abs. 1 Nr. 1

 

Streitjahr(e)

2008, 2009, 2010

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin gemäß § 44a Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) eine sog. Nichtveranlagungsbescheinigung zu erteilen ist.

Die Klägerin ist eine im Handelsregister unter HRB (Amtsgericht Stadt A) eingetragene Aktiengesellschaft mit Sitz und Geschäftsleitung in Stadt A. Satzungsgemäßer Unternehmensgegenstand ist die Herstellung und der Vertrieb von Werkzeugen, insbesondere Schleifwerkzeuge, Schleifmaschinen und Maschinenteile, sowie anderer Erzeugnisse, die unmittelbar oder mittelbar schleiftechnischen Zwecken dienen. Die Klägerin kann für verbundene Unternehmen oder Dritte Aufgaben der kaufmännischen Verwaltung durchführen, Unternehmen der gleichen Branche beratend unterstützen, sowie Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte und Beteiligungen an Grundstücksgesellschaften erwerben, veräußern und verwalten. Die Klägerin ist dabei zu allen Geschäften und Maßnahmen berechtigt, die dem Gegenstand des Unternehmens dienen und – nach ihrer Satzung – ihren Unternehmensgegenstand entweder unmittelbar oder ganz oder teilweise in Tochtergesellschaften verwirklichen.

Ursprünglich war die Klägerin selbst in der Herstellung und dem Vertrieb der schleiftechnischen Erzeugnisse tätig gewesen. Nach Übertragung des operativen Geschäfts in eine Tochtergesellschaft ist die Klägerin seit 19xx nur als Konzernobergesellschaft tätig. Insoweit hielt und hält sie – überwiegend zu 100 % oder mehrheitlich – unmittelbar und mittelbare Anteile an anderen Kapitalgesellschaften in der Rechtsform der GmbH. Im Einzelnen wird zu den unmittelbaren Beteiligungen zum 31.12.2009 und zum 31.12.2010 auf die Jahresabschlüsse für 2009 und 2010 verwiesen.

Unter anderem war und ist die Klägerin zu 100 % an der A-GmbH beteiligt. Mit Wirkung seit dem Wirtschaftsjahr 2005 besteht zwischen dieser und der Klägerin auf Grund eines Ergebnisabführungsvertrags vom 29.12.2004, der nach Zustimmung der Gesellschafterversammlung und der Hauptversammlung am 15.11.2005 in das Handelsregister eingetragen wurde, eine körperschaftsteuerliche Organschaft i. S. d. §§ 14, 17 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG). Daraus flossen der Klägerin jedenfalls ab 2008 jährlich Gewinnabführungen zu. Das steuerlich der Klägerin zuzurechnende Organeinkommen war ebenfalls positiv.

Aus den übrigen Beteiligungen erzielte die Klägerin 2008 und 2010 keine Ausschüttungen. 2009 erzielte die Klägerin Ausschüttungen aus der B-GmbH i.H.v. (brutto) 380.000 Euro, welche der Kapitalertragsteuer (95.000 Euro zzgl. Solidaritätszuschlag) unterlagen. Im Jahr 2011 erzielte die Klägerin nach ihren (unstreitigen) Angaben kapitalertragsteuerpflichtige Ausschüttungen i.H.v. (brutto) ca. 2,3 Mio Euro.

Daneben erzielt die Klägerin als Umsatzerlöse und sonstige betrieblichen Erträge bezeichnete Einnahmen, welche ganz überwiegend auf so genannten Gruppen- bzw. Kostenumlagen gegenüber verbundenen Unternehmen beruhen und die – von den Beteiligten nicht näher dargelegte – Leistungen der Klägerin zum Gegenstand haben. Im Jahr 2008 waren in den sonstigen betrieblichen Erträgen zudem Gewinne aus der Veräußerung von zwei GmbH-Beteiligungen i.H.v. 2,1 Mio Euro enthalten gewesen.

In den Jahren ab 2008 (2011 gemäß den vorläufigen Angaben der Klägerin) ergaben sich somit für die Klägerin folgende Besteuerungsgrundlagen (alle Beträge ca. in Euro):

2008

2009

2010

2011

Umsatzerlöse

1,5 Mio

1,8 Mio

1,7 Mio

2,...

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