rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Gebäudeteil als selbstständiges Wirtschaftsgut durch unterschiedlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Wird ein einheitliches Gebäude zu unterschiedlichen Zwecken genutzt, die nicht nur vorübergehender Natur sind, bilden die jeweiligen Nutzungsteile ertragssteuerlich selbstständige Wirtschaftsgüter.
  2. Die Herstellungskosten sind den selbstständigen Wirtschaftsgütern jeweils gesondert zuzurechnen.
  3. Ist ein Nutzungsteil noch nicht fertig gestellt, kommt ein Abzug der Herstellungskosten im Wege der AfA insoweit nicht in Betracht, wie die Herstellungskosten auf den (noch nicht fertig gestellten) Gebäudeteil entfallen.
  4. Der Aufteilungsmaßstab bei einem insgesamt fertig gestellten und gemischtgenutzten Gebäude ist regelmäßig das Verhältnis der jeweiligen Flächen.
 

Normenkette

EStG § 7 Abs. 1 S. 1, Abs. 4, § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 7 S. 1

 

Streitjahr(e)

2016, 2017

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 15.09.2022; Aktenzeichen IX B 69/21)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Abziehbarkeit von Aufwendungen im Zusammenhang mit einem bebauten Grundstück vorrangig als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und hilfsweise als Sonderausgaben nach § 10e Einkommensteuergesetz in der für den Veranlagungszeitraum 1995 geltenden Fassung –EStG a.F.– für Zwecke der Einkommensteuer 2016 und 2017. Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstücks. Am 29. Dezember 1995 reichte er bei der zuständigen Behörde einen Bauantrag für die Errichtung eines Wohnhauses auf diesem Grundstück ein und begann in der Folgezeit mit den Bauarbeiten. Der Neubau sollte aus zwei Wohnungen bestehen, wobei von Anfang beabsichtigt war, die Wohnung im Untergeschoss fremd zu vermieten und die Wohnung im Erdgeschoss selbst zu nutzen.

In einer von dem Kläger sowie dem Planer unterzeichneten Flächenberechnung vom 10. Dezember 1995 (Bl. 52 d. A.) wurden die Wohnflächen im Erdgeschoss maschinenschriftlich mit 115,42 m² angegeben, wobei handschriftlich noch weitere 14 m² hinzuaddiert wurden, so dass sich eine Gesamtwohnfläche von 129,42 m² ergab. Die Wohnfläche im Untergeschoss wurde maschinenschriftlich mit insgesamt 78,41 m² zuzüglich einer handschriftlichen Ergänzung von 18,09 m², mit insgesamt 96,5 m² angegeben. Insgesamt sollte danach das Wohnhaus eine Fläche von 225,92 m² haben. Die Nutzfläche von drei Garagen wurde mit insgesamt 46,08 m² angegeben. Nach einem Aktenvermerk des Beklagten –das Finanzamt– vom 18. Dezember 2002 (Bl. 20 d. Sonderbandes Einspruchsverfahren) entsprach die Wohnflächenberechnung dagegen – nach Auskunft des Klägers – nicht den tatsächlichen Gegebenheiten und es seien im Untergeschoss tatsächlich 100 m² vermietet.

In der Erklärung zur Feststellung des Einheitswertes auf den 1. Januar 1999 vom 24. Oktober 2002 (Bl. 35 f. d. Sonderbandes Einspruchsverfahren) gab der Kläger an, dass die Untergeschosswohnung eine Gesamtfläche von 100 m² habe und am 27. Dezember 1997 fertiggestellt worden sei. Die Fläche der Erdgeschosswohnung wurde mit 159 m² angegeben und es wurde weiter vermerkt, dass sich die Erdgeschosswohnung noch im Rohbauzustand befinde. Die Baukosten wurden mit “zur Zeit“ XXX DM (umgerechnet rund XXX €) angegeben. Darüber hinaus gab der Kläger an, dass auf einem im Jahr 2000 hinzuerworbenen angrenzenden Grundstück noch eine Garage errichtet worden sei.

Mit Schreiben vom 10. November 2009 zur Einheitswertfeststellung (Bl. 46, 47 d. Sonderbandes Einspruchsverfahren) teilte der Kläger gegenüber dem Finanzamt mit, dass die Räume im Erdgeschoss seit dem 28. Dezember 1997 bezugsfertig seien und eine Wohn- / Nutzfläche von 100 m² hätten. Darüber hinaus teilte er mit, dass sich auf dem Grundstück eine Garage mit drei Stellplätzen befinden würde. Diese sollten privat genutzt würden, seien aber noch nicht bezugsfertig.

Am 13. Januar 2015 reichte der Kläger die Erklärung zur Feststellung des Einheitswertes auf den 1. Januar 2012 ein (Bl. 52 f. d. Sonderbandes Einspruchsverfahren). Die Höhe der Baukosten bezifferte er dort mit “ca. XXX €“ und gab weiter an, dass 100 m² vermietet und 159 m² zur eigenen Nutzung beabsichtigt, aber noch nicht bezugsfertig seien.

Die Wohnung im Untergeschoss wurde kurz nach der Fertigstellung ab 1998 fremd vermietet. Die zur Eigennutzung bestimmte Wohnung wurde 2019 fertiggestellt.

In den Steuererklärungen 1997 bis einschließlich 2017 erklärte der Kläger, soweit aus den Akten ersichtlich, die zum jeweiligen Zeitpunkt aufgelaufenen Herstellungskosten, die in dem jeweiligen Veranlagungszeitraum für den noch nicht fertiggestellten Bauteil weiter angefallenen Baukosten sowie daraus resultierende Absetzungen für Abnutzung –AfA– wie folgt (gerundet auf Tausend €):

VZ

AK / HK (in €)

Baukosten im VZ (in €)

AfA (in €)

1997

XXX

XXX

1998

XXX

1999

XXX

2000

XXX

2001

XXX

2002

XXX

2003

XXX

2004

XXX

2005

XXX

2006

XXX

2007

XXX

XXX

XXX

2008

XXX

XXX

XXX

2009

XXX

XXX

XXX

2010

XXX

XXX

XXX

2011

XXX

XXX

...

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