Entscheidungsstichwort (Thema)
Konjunkturprognosen kein Grund zum Abweichen vom Stuttgarter Verfahren
Leitsatz (redaktionell)
- Das Stuttgarter Verfahren ist als ein geeignetes Schätzungsverfahren anerkannt, von dem mit Rücksicht auf die Gleichmäßigkeit der Besteuerung nur abgewichen werden kann, wenn es im Ausnahmefall zu offensichtlich unrichtigen Ergebnissen führt.
- Konjunkturschwankungen sind regelmäßig kein Umstand, der bei Anwendung des Stuttgarter Verfahrens zu offensichtlich unzutreffenden Schätzungsergebnissen führt.
- Konjunkturelle Prognosen sind keine ausreichend sichere Grundlage für das Vorliegen einer nachhaltig verschlechterten Ertragslage.
Normenkette
BewG § 11 Abs. 2 S. 2; VStR Abschn. 4, 7 Abs. 1 S. 3
Streitjahr(e)
1992, 1993
Tatbestand
Die Klägerin ist eine GmbH, die mit Gesellschaftsvertrag vom ... 1970 gegründet wurde und deren Geschäftsgegenstand die Montage und der Vertrieb elektrischer Geräte ist (insbesondere an Zulieferer in der Automobilindustrie). Gesellschafter der Klägerin waren in den Streitjahren 1992 und 1993 A, B und C, die mit Senatsbeschluß vom 20.04.2000 zum Verfahren beigeladen wurden.
Die Klägerin wies in den von ihr gefertigten Jahresabschlüssen folgende betriebliche Kennzahlen aus:
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1991 |
1992 |
1993 |
Umsatz |
26.576.040,-- |
32.422.184,-- |
26.974.096,-- |
Jahresüberschuß |
1.681.906,-- |
1.010.375,-- |
./.621.633,-- |
Im Lagebericht zum Geschäftsjahr 1992 (Anlage 5 zum Jahresabschluß 1992), erstellt am 19.04.1993, wird ausgeführt, die Klägerin habe ihren Umsatz um 22 % gesteigert, was zu erhöhten Investitionen geführt habe. Das Vorjahresergebnis sei u.a. auch wegen der erhöhten Abschreibungen nicht zu erreichen gewesen. Das Jahresergebnis werde sich künftig wegen des erhöhten Preisdrucks verschlechtern, aber deutlich im positiven Bereich verbleiben.
Im Lagebericht zum Geschäftsjahr 1993 (Anlage 5 zum Jahresabschluß 1993), erstellt am 10.04.1994, wird dargelegt, der Umsatz sei gegenüber dem Vorjahr um 15% zurückgegangen. Investitionen seien daher gekürzt worden. Grund für den Rückgang seien verminderte Bestellungen sowie ein erhöhter Druck auf die Absatzpreise gewesen. Die Klägerin habe hierauf mit Entlassungen und Kurzarbeit reagiert. Die Verhältnisse seien auch für das Folgejahr 1994 zu erwarten. Gleichwohl seien erhebliche Investitionen für die Entwicklung und Installierung von Fertigungsverfahren zu tätigen. Der Aufbau einer Fertigungsstätte in einem osteuropäischen Niedriglohnland sei in Angriff zu nehmen.
Das Finanzamt ermittelte den gemeinen Wert der Anteile nach dem Stuttgarter Verfahren, indem es den Ertragswert auf der Grundlage der Jahresergebnisse der letzten 3 Jahre berechnete. Hierbei folgte es nicht den von der Klägerin eingereichten Feststellungserklärungen zum 31.12.1992 und zum 31.12.1993, wo jeweils nur ein künftig erzielbarer Jahresertrag von 500.000,-- DM angegeben wurde. Der gemeine Wert der Anteile zum 31.12.1992 und zum 31.12.1993 wurde zunächst mit Bescheiden vom 07.10.1994 festgestellt.
Während des sich anschließenden Einspruchsverfahrens wurde bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durchgeführt. Auch hier berechnete der Prüfer den Ertragswert anhand der Jahresergebnisse der letzten drei Jahre.
Das Finanzamt setzte zum 31.12.1992 in Übereinstimmung mit dem Betriebsprüfer einen künftig zu erzielenden Durchschnittsertrag von 2.039.883,-- DM an. Zum 31.12.1993 wich es von der Berechnung des Prüfers zugunsten der Klägerin ab und ging von einem Durchschnittsertrag von 1.338.479,-- DM aus. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlagen zum Betriebsprüfungsbericht vom 09.07.1997 verwiesen.
Mit Sammeländerungsbescheid vom 11.12.1997 stellte das Finanzamt den gemeinen Wert der Anteile je 100,-- DM des Stammkapitals schließlich zum 31.12.1992 auf 906,-- DM und zum 31.12.1993 auf 594,-- DM fest.
Die Einsprüche wies das Finanzamt dann mit Entscheidung vom 12.01.1998 als unbegründet zurück.
Mit der nunmehr erhobenen Klage sieht sich die Klägerin durch die vom Finanzamt vorgenommene Anteilsbewertung in ihren Rechten verlertzt. Zwar könne das Stuttgarter Verfahren zur Anteilsbewertung grundsätzlich herangezogen werden. Die Feststellung des Ertragswertes einer Kapitalgesellschaft werde im Rahmen dieses Verfahrens aber aufgrund der Betriebsergebnisse der Vergangenheit durchgeführt, welche dann in die Zukunft übertragen würden. Dieses Verfahren sei unzulässig, wenn bereits zum Bewertungsstichtag feststehe, daß diese Erträge in Zukunft nicht mehr zu erreichen seien.
Im Streitfall ergebe sich schon aus den Lageberichten zu den Jahresabschlüssen 1992 und 1993, daß von einer Verschlechterung der Ertragslage auszugehen gewesen sei. Auf das Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 09.02.1993 werde hingewiesen. Die Klägerin habe in erster Linie für Zulieferer in der Automobilindustrie produziert. Hier sei seit 1991 der Kostendruck enorm angestiegen. Die Umsätze in der Automobilproduktion seien von 1992 auf 1993 um 20 % eingebrochen. Vor diesem Hintergrund seien die Umsätze der Klägerin wenig aussagekr...