rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Spekulationsgeschäft bei der Veräußerung von Grundstücken im Rahmen einer vertraglich geregelten Baulandumlegung
Leitsatz (redaktionell)
- Erfolgt innerhalb der Spekulationsfrist ein Grundstücksverkauf, ist ein Spekulationsgewinn grundsätzlich ohne Ansehung des Motivs für die Veräußerung zu bejahen. Es kommt weder auf eine Spekulationsabsicht an noch ist erheblich, ob die Veräußerung durch Krankheit, drohende Enteignung oder sonstigen Zwang bedingt war.
- Eine Ausnahme gilt dann, wenn der Veräußerungserlös in einem Ersatzgrundstück angelegt wird, das wirtschaftlich dieselbe Aufgabe erfüllt wie das ausgeschiedene Grundstück; dabei müssen die Veräußerung und die Ersatzanschaffung in sachlichem Zusammenhang bewirkt werden und beide Gegenstände im wesentlichen wertgleich sein.
- Sind im Rahmen eines vertraglichen Baulandumlegungsverfahrens zur Vermeidung einer zwangsweise durchzuführenden Baulandumlegung Grundstücke an die Stadt übertragen worden, liegt keine die Versteuerung des Spekulationsgewinns drohende ummittelbare Enteignung vor.
Normenkette
EStG § 23 Abs. 1 Nr. 1
Streitjahr(e)
2003
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob im Hinblick auf den Ankauf und Verkauf eines Grundstücks die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Spekulationsgeschäfts im Sinne des § 23 Einkommensteuergesetz (EStG) gegeben sind.
Mit notariellem Übergabevertrag vom 20.11.1990 übertrug der Landwirt und Kaufmann X an seine Kinder A, B und C drei Grundstücke Ackerland bzw. landwirtschaftliche Fläche je zu einem Drittel zu Eigentum (Grundbuch von). Eine Gegenleistung wurde nicht vereinbart. Unter Ziffer 8 wurde festgelegt, dass X als Übergeber für die Dauer seiner Lebenszeit gegenüber den Übernehmern und allen ihren Rechtsnachfolgern ein Rücktrittsrecht vom Vertrage zustehen sollte, wenn die Übernehmer oder deren Rechtsnachfolger im Eigentum den übernommenen Grundbesitz ganz oder teilweise ohne vorherige notariell beglaubigte Zustimmung des Übergebers veräußern oder belasten sollten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag verwiesen.
Mit notariellem Vertrag vom 08.02.1999 bestellte die Klägerin (die Grundstücksgemeinschaft Y bestehend aus A Y, B Y und C Y) für die Stadt S ein Ankaufsrecht bezüglich der genannten Grundstücke. Dem Vertrag wurde unter Ziffer 1 vorangestellt, dass die Stadt S beabsichtige, für das Baugebiet „ III” einen Bebauungsplan aufzustellen. Zur Steuerung der Bebauung sollte die Stadt S berechtigt sein, das Ackerland der Klägerin von insgesamt 7006 m² zu einem Quadratmeterpreis von 50 DM (insgesamt also 350.300 DM) durch Erklärung gegenüber dem amtierenden Notar anzukaufen. Im Gegenzug sollte die Klägerin, wie auch alle übrigen betroffenen Eigentümer, im künftigen Baugebiet „ III” berechtigt sein, Bauplätze zurückzukaufen. Im Falle der Klägerin seien dies fünf Bauplätze im nördlichen Teil des Baugebiets (im anliegenden Lageplan mit „I” bezeichnet). Diese könnten zur freien Verfügung erworben werden, wobei die Klägerin berechtigt sei, im Einvernehmen mit der Stadt S die Lage der Bauplätze selbst auszuwählen. Bei mehreren Interessenten für denselben Bauplatz sollte das Los entscheiden. Der Kaufpreis für die von der Klägerin zu erwerbenden Bauplätze sollte 250 DM pro Quadratmeter betragen. Auf den Vertrag vom 08.02.1999 wird insgesamt verwiesen.
Nachdem die Stadt S von ihrem Ankaufsrecht Gebrauch gemacht hatte, veräußerte sie mit notariellem Vertrag vom 25.04.2000 an die Klägerin (Grundstücksgemeinschaft bestehend aus A, B und C Y) fünf noch zu vermessende Bauplätze in einer Größe von circa 545 m², 393 m², 418 m², 370 m² und 415 m² zu einem Kaufpreis von 535.250 DM (250 DM pro Quadratmeter). Die Grundstücke gehörten zum Grundvermögen der Stadt. Der von der Stadt zu entrichtende Kaufpreis für das zuvor eingeworfene Ackerland sollte verrechnet werden können. In demselben Vertrag räumte die Klägerin X an dem erworbenen Grundbesitz den Nießbrauch ein. Auf den Vertrag wird Bezug genommen.
Mit notariellem Vertrag vom 20.11.2003 veräußerte die Klägerin eins von den fünf erworbenen Grundstücken mit einer Größe von 534 m² zu einem Kaufpreis von 186.900 € an die Eheleute D. In demselben Vertrag bewilligte X die Löschung seines Nießbrauchsrechts im Grundbuch. Auf den Vertrag wird verwiesen.
Im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte 2003 vertrat die Klägerin die Auffassung, das am 20.11.2003 veräußerte Grundstück stelle Ersatzland in einem Umlegungs- und Erschließungsverfahren dar. Der Tatbestand des § 23 EStG sei nicht erfüllt. Dem folgte das Finanzamt nicht, es sah vielmehr in dem Vertrag vom 25.04.2000 ein Anschaffungsgeschäft im Sinne der zitierten Vorschrift. Das Finanzamt berechnete einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 114.937,56 € und erließ unter dem 19.09.2005 einen entsprechenden Feststellungsbescheid 2003. Auf den Bescheid nebst Anlage zur Berechnung des Veräußerungsgewinns wird Bezug genommen.
Das Einspruchsverfahren blieb erfolglos. ...