Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtigkeit eines Grundlagenbescheids
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Frage, ob im Einzelfall die jeweils zutreffende Korrekturvorschrift in den Steuerbescheid aufgenommen worden ist, ist keine Frage der Nichtigkeit des betreffenden Verwaltungsaktes sondern kann allenfalls zu dessen Rechtswidrigkeit führen.
2. Der objektive Erklärungswert eines Feststellungsbescheids ist trotz etwaiger formaler Mängel im Wege der Auslegung zu ermitteln.
3. Ist die Änderung eines Folgebescheids durch mehrere Änderungstatbestände materiell-rechtlich gedeckt, ist es unbeachtlich, ob zwischen dem zuvor ergangenen Grundlagenbescheid und dem später erlassenen Folgebescheid hinsichtlich der Korrekturvorschrift eine Verknüpfung fehlt; der fehlenden Angabe einer weiteren insoweit einschlägigen Korrekturvorschrift kommt keine Bedeutung zu.
Normenkette
AO §§ 125, 173 Abs. 1 Nr. 1, § 175 Abs. 1 Nr. 1, § 155 Abs. 2, § 351 Abs. 1; BGB § 133
Streitjahr(e)
1979
Tatbestand
Der Kläger hielt im Streitjahr 1979 in seinem Privatvermögen eine Beteiligung in Höhe von 7,5 v.H. an der G. R. S.A. Schweiz, einer Aktiengesellschaft nach Schweizer Recht. Die Anteilseigner der G. R. S.A. waren zu mehr als der Hälfte natürliche Personen mit Wohnsitz im Inland, wobei die G. R. S.A. selbst aufgrund ihrer Betätigung als Holdinggesellschaft niedrig besteuerte passive Einkünfte im Sinn des § 8 des Außensteuergesetzes (AStG) erzielte.
Der Kläger war ferner Mitunternehmer der G. K. W. G. KG und der G. K. Verwaltungsgesellschaft KG. Bei der G. K. W. G. KG begann im März 1981 eine Außenprüfung für die Jahre ab 1976. Mit der Betriebsprüfung war die Betriebsprüfungsstelle des Finanzamts W. vom zuständigen Finanzamt beauftragt worden. 1982 wurde die Prüfung auf die steuerlichen Verhältnisse des Klägers ausgedehnt.
Nach den Prüfungsfeststellungen war die G. R. S.A. im Prüfungszeitraum zu 100% an der P. Beteiligungs GmbH und der K. O. Ltd., Canada, sowie zu 99,75 v.H. an der S. S.A., Belgien, und zu 5,62 an der D. P. GmbH beteiligt.
Aus den Beziehungen der Gesellschaften untereinander ergaben sich nach Auffassung der Betriebsprüfung steuerpflichtige Vorgänge nach dem Außensteuergesetz.
Das Zentralfinanzamt N. folgte in dem Feststellungsbescheid gemäß § 18 AStG vom 19.12.1983 für das Feststellungsjahr 1979 den Feststellungen der Betriebsprüfung; bei diesem Bescheid handelt es sich um einen Erstbescheid.
Das Zentralfinanzamt N. stellte für das Jahr 1979 - jeweils einheitlich und gesondert - den Hinzurechnungsbetrag im Sinn des § 10 AStG in Höhe von 12.184.031,-- DM fest. Die Steuern gemäß § 12 AStG, deren Anrechnung jeweils beantragt worden war, wurden ebenfalls im Jahr 1979 festgestellt. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Feststellungsbescheid gemäß § 18 AStG vom 19.12.1983 nebst den Anlagen Bezug genommen.
Der Kläger hat zunächst - zusammen mit den übrigen Beteiligten - gegen diesen Verwaltungsakt nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage erhoben, über die das Finanzgericht N. durch Urteil vom 16.12.1994 entschieden hat (Az. VII 19/89). Nach Revisionseinlegung gegen dieses Urteil hat die Klägerseite mit Schriftsatz vom 19.10.1995 ihre Klage hinsichtlich des Feststellungsbescheids für 1979 wieder zurückgenommen. Das Zentralfinanzamt N. hatte der Klagerücknahme zugestimmt.
Wegen der Feststellungen für die Zeiträume 1976 bis 1978 war seinerzeit die Klage nicht zurückgenommen worden. Insoweit hat der Bundesfinanzhof durch Urteil vom 2. Juli 1997 I R 32/95, Bundessteuerblatt II 1998, 176 ff. entschieden.
Das seinerzeit für die Einkommensteuerveranlagung des Klägers zuständige Finanzamt S. folgte in dem nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuerbescheid für 1979 vom 01.06.1984 den Feststellungen der Betriebsprüfung. Danach betrug der festgestellte Anteil des Klägers an dem allgemeinen Hinzurechnungsbetrag 926.265,-- DM.
Der geänderte Einkommensteuerbescheid für 1979 vom 01.06.1984 wurde wegen anderer Sachverhalte noch mehrmals geändert. Die vorletzte Berichtigung wurde mit Bescheid vom 24.09.1984 aufgrund einer offenbaren Unrichtigkeit im Sinn des § 129 AO durchgeführt. Die Beteiligten streiten darüber, ob diese Festsetzung in Bestandskraft erwuchs.
Die letzte Änderung des Einkommensteuerbescheides für 1979 basierte ebenfalls auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO. Anlass war auch hier das Ergehen eines Betriebsprüfungsberichtes, wobei in diesem Fall die einkommensteuerrelevanten Verhältnisse für 1979 geprüft wurden, insbesondere die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb. Der entsprechende Einkommensteuerbescheid für 1979 ging am 06.05.1988 zur Post. Hiergegen hat der Kläger fristgerecht Einspruch eingelegt und darin begehrt, die Einkommensteuer für 1979 insoweit herabzusetzen, als sie auf den allgemeinen Hinzurechnungsbetrag nach dem AStG in Höhe von 926.265,-- DM entfällt. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hat der Kläger Klage erhoben.
Zunächst trägt der Kläger vor, dass der Beklagte in seiner Einspruchsentscheidung ...