Entscheidungsstichwort (Thema)

Sportwettensteuer gilt auch für EU-ausländische Veranstalter

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Erhebung der Sportwettensteuer von einem in einen anderen Mitgliedstatt der EU ansässigen Veranstalter verstößt weder gegen Unionsrecht noch gegen Verfassungsrecht.

 

Normenkette

RennwLottG § 17 Abs. 2; AEUV Art. 56; GG Art. 12, 3

 

Streitjahr(e)

2016

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft A Rechts. Sie veranstaltet mit einer A Konzession europaweit Sportwetten und ist daneben auch in anderer Weise auf dem Glücksspielmarkt tätig.

Mindestens seit dem 01.07.2012, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 17 des Rennwett- und Lotteriegesetzes in der Fassung vom 29.06.2012 (RennwLottG), schloss die Klägerin auch mit Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatten und sich zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrags auch dort aufhielten, Sportwettenverträge. Ihre Sportwettenangebote bot sie deutschen Kunden ausschließlich per Internet an, sie unterhielt also auf deutschem Staatsgebiet keine Betriebsstätten. Ein Geschäft über örtliche Vermittler in Deutschland gab es nicht.

Die Wettabschlüsse erfolgten auf der Basis der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie der „Sportwetten-Regeln“ der Klägerin. Wegen des Inhalts wird auf Bl. 25 ff. und Bl. 41 ff. der Akte „Sportwettensteuer“ verwiesen.

Da die Klägerin der Auffassung war, aus Rechtsgründen keine Sportwettensteuer zu schulden, gab sie zunächst keine entsprechenden Steueranmeldungen ab.

Anfang 2016 plante die Klägerin, sich um eine deutsche Konzession für die Veranstaltung von Sportwetten nach § 4a des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15.12.2011 (GlüStV) zu bewerben. Um im Konzessionsverfahren gegenüber den Mitbewerbern gleichwertige Chancen zu wahren, meldete sie mit Schriftsatz an das Finanzamt (demnächst FA) vom 15.02.2016 die Sportwettensteuer für die Anmeldezeiträume Juli 2012 bis Dezember 2015 nach und erläuterte ausführlich, in welcher Weise sie die Bemessungsgrundlage ermittelt hatte. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf Bl. 12 ff. der Akte „Sportwettensteuer“ verwiesen.

Ab Januar 2016 gab die Klägerin monatliche Anmeldungen zur Sportwettensteuer ab.

Am 10.08.2016 ging beim FA die Anmeldung zur Sportwettensteuer für den Monat Juli 2016 ein. Die Klägerin erklärte eine Bemessungsgrundlage i.H.v. … EUR und errechnete auf dieser Grundlage eine Sportwettensteuer i.H.v. …EUR.

Mit Schriftsatz vom 12.08.2016 erhob die Klägerin gegen die einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichstehende Steueranmeldung Einspruch.

Das FA wies den Einspruch mit seiner Einspruchsentscheidung vom 06.09.2017, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird (Bl. 124 ff. der Akte „Sportwettensteuer“) als unbegründet zurück.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Klage.

Sie vertritt zunächst die Auffassung, § 17 Abs. 2 Nr. 2 RennwLottG verstoße aus mehreren Gründen gegen die in Art. 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) geregelte Dienstleistungsfreiheit. Diese verlange die Aufhebung aller Beschränkungen – selbst wenn sie unterschiedslos für inländische Dienstleistende wie für solche aus anderen Mitgliedstaaten gelten –, sofern diese geeignet seien, die Tätigkeit des Dienstleistenden, der in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist und dort rechtmäßig ähnliche Dienstleistungen erbringt, zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen. Die Sportwettensteuer beschränke die Dienstleistungsfreiheit, weil sie zusammen mit dem GlüStV integrales Element eines Gesamtkonzepts zur Regulierung des Sportwettensektors gewesen sei, das insbesondere die Vergabe einer beschränkten Anzahl von Konzessionen vorgesehen habe. Diese Beschränkung sei auch nicht gerechtfertigt. Zwar würden durch den GlüStV über den fiskalischen Zweck hinaus weitere Ziele verfolgt, die in dessen § 1 dargelegt worden seien. Das Regelungskonzept und die Umsetzung des GlüStV seien jedoch nicht verhältnismäßig, insbesondere nicht dazu geeignet, diese Ziele zu erreichen. Das Verfahren zur Vergabe der Sportwettenkonzessionen entspreche nicht den aus dem Transparenzgebot folgenden Anforderungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Die fehlende Eignung zeige sich bereits darin, dass tatsächlich auf der Basis des GlüStV keine Konzession erteilt worden sei. Speziell die Sportwettensteuer sei auch nicht geeignet, die angestrebte Kanalisierungswirkung zu erreichen. Im Rahmen der bisherigen Rechtsprechung der Finanzgerichte zur Sportwettensteuer sei verkannt worden, dass an die Verhältnismäßigkeitsprüfung im Rahmen des Art. 56 AEUV andere Anforderungen zu stellen seien als an diejenige im Rahmen des Art. 12 des Grundgesetzes (GG). Nach der Rechtsprechung des EuGH habe das nationale Gericht zu prüfen, ob die tatsächlichen Voraussetzungen der Verhältnismäßigkeit vorlägen und könne sich nicht auf eine Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers beschränken. Insbesondere im Hinblick auf die ang...

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