Entscheidungsstichwort (Thema)
VGA auf Grund Anscheinsbeweises für die Privatnutzung eines PKW durch den Gesellschafter-Geschäftsführers
Leitsatz (redaktionell)
- Überlässt eine Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer ein betriebliches Fahrzeug zur Nutzung, so spricht aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass das Fahrzeug von dem Gesellschafter-Geschäftsführer tatsächlich auch für private Fahrten genutzt wird. Dies gilt – unabhängig davon, ob der Gesellschafter-Geschäftsführer die Kapitalgesellschaft beherrscht – sowohl im Falle einer fehlenden vertraglichen Vereinbarung über eine Privatnutzung als auch bei einem im Geschäftsführer-Anstellungsvertrag ausdrücklich vereinbarten Privatnutzungsverbot und insbesondere dann, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer kein Fahrtenbuch führt, keine organisatorischen Maßnahmen getroffen werden, die eine Privatnutzung des Fahrzeugs ausschließen und eine unbeschränkte Zugriffsmöglichkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers auf den Pkw besteht.
- Es liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG vor, sofern die – z. B. mangels Erschütterung des Anscheinsbeweis feststehende – Privatnutzung ohne fremdübliche Überlassungs- und Nutzungsvereinbarung erfolgt.
Normenkette
KStG § 8 Abs. 3 S. 2
Streitjahr(e)
2015, 2016, 2017
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Beklagte im Streitzeitraum zu Recht für Aufwendungen in Bezug auf jeweils im Betriebsvermögen befindliche mehrere Kraftfahrzeuge und für einen Gasgrill außerbilanzielle Hinzurechnungen aufgrund einer verdeckten Gewinnausschüttung –vGA– vorgenommen hat. Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz und Geschäftsleitung. Alleiniger Gesellschafter und, von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter, Geschäftsführer war im Streitzeitraum (und ist noch heute) Herr C. Neben Herrn C war im Streitzeitraum noch dessen Schwester, Frau D, bei der Klägerin angestellt (vgl. Lohnjournale, Bl. 131 ff. Fallheft Bd. 1).
Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die Unternehmensberatung, Personalberatung sowie die Identifikation und Vermittlung von Führungskräften und Spezialisten. Nach … berät sie Unternehmen aus den Bereichen … bei der Beschaffung und Auswahl von Fach- und Führungskräften sowie Topspezialisten. Die Dienstleistungen der Klägerin konzentrieren sich vornehmlich auf die Geschäftsfelder Kliniken, Medizintechnik, Pharma und Biotech.
In den, dem Streitzeitraum vorausgegangenen Jahren 2012 bis 2014 schaffte die Klägerin seinerzeit die nachfolgend aufgeführten Kraftfahrzeuge der Marke Porsche an, welche auch im Streitzeitraum noch im Betriebsvermögen geführt wurden: Einen Cayman S Black Edition (angeschafft am 25. Mai 2012 zu einem Nettokaufpreis von seinerzeit rd. … €), einen Panamera GTS (angeschafft am 23. April 2013 zu einem Nettokaufpreis von seinerzeit rd. … €) und einen Cayenne S (angeschafft am 31. März 2014 zu einem Nettokaufpreis von rd. … €). Darüber hinaus erwarb die Klägerin am 30. Juni 2015 zu einem Nettokaufpreis von rd. … € einen Porsche Carrera 4 GTS.
Die jeweilige Erweiterung des Fuhrparks, wie auch die ausschließlich betriebliche Nutzung der Fahrzeuge, wurde mit Gesellschafterbeschlüssen vom 15. Mai 2012, 2. Januar 2013, 23. November 2013 und 6. Dezember 2014 beschlossen (vgl. exemplarisch Bl. 134, Fallheft Bd. 1). Fahrtenbücher wurden für die genannten Fahrzeuge im gesamten Streitzeitraum nicht geführt.
In 2017 und 2018 fand bei der Klägerin für die Veranlagungszeiträume 2012 bis 2014 eine steuerliche Außenprüfung statt. Dabei waren seinerzeit vier im Betriebsvermögen vorhandene Kraftfahrzeuge (die drei zuvor genannten, in den Jahren 2012 bis 2014 angeschafften, Fahrzeuge der Marke Porsche sowie ein zwischenzeitlich veräußerter VW Touareg) Gegenstand der Prüfung. Das Finanzamt X (mittlerweile fusioniert mit dem Finanzamt Y zum Finanzamt B, nachfolgend: –das Finanzamt–) stellte sich damals auf den Standpunkt, dass bezüglich dieser Fahrzeuge eine private Kfz-Nutzung vorliege und zog im Hinblick auf die geltend gemachten Aufwendungen (Abschreibungen, Steuern, Versicherungen, laufende Kfz Kosten, Reparaturen) die Rechtsfolgen einer verdeckten Gewinnausschüttung (im Folgenden: vGA). Den entsprechend außerbilanziell hinzuzurechnenden Betrag schätzte das Finanzamt mit 25 % der Gesamtnettoaufwendungen für die vier Fahrzeuge (20 % für den privaten Nutzungsanteil zuzüglich einem Gewinnsaufschlag von 5 %). Die auf die vGA entfallende Umsatzsteuer schätzte das Finanzamt entsprechend (aufgrund einer Bemessungsgrundlage von 25 % der mit Vorsteuer belasteten Aufwendungen). Für die näheren Einzelheiten wird auf den Bericht der vorangegangenen Betriebsprüfung (Bl. 104 ff., Fallheft Bd. 1) verwiesen.
Den gegen die entsprechenden Änderungsbescheide 2012 bis 2014 eingelegten Einspruch wies das Finanzamt mit Einspruchsentscheidung vom 24. Januar 2019 als unbegründet zu...