Entscheidungsstichwort (Thema)
Verdeckte Gewinnausschüttung bei von der Vertragsvereinbarung abweichender tatsächlicher Übung
Leitsatz (redaktionell)
- Bei zwischen einem beherrschenden Gesellschafter und seiner Körperschaft geschlossenen Verträgen ist abweichend von der vertraglichen Regelung bei Dauerschuldverhältnissen zur Ermittlung des tatsächlich Gewollten im Rahmen der Auslegung auf die tatsächliche Übung abzustellen.
- Wird eine zwischen dem beherrschenden Gesellschafter und der Kapitalgesellschaft vertraglich vereinbarte Deckelung einer Tantiemezahlung abweichend von der vertraglichen Regelung in tatsächlicher Übung über mehrere Jahre hinweg nicht umgesetzt und ist dies mit der Erstellung der jeweiligen Jahresabschlüsse objektiv erkennbar nach außen in Erscheinung getreten, liegt bzgl. des die Deckelung übersteigenden Betrages keine verdeckte Gewinnausschüttung vor.
Normenkette
KStG § 8 Abs. 3 S. 2
Streitjahr(e)
2000, 2001, 2002
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob ein Teil der in den Streitjahren dem Geschäftsführer B gewährten Tantiemen als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) zu behandeln sind.
Die Klägerin wurde am 13. Oktober 1960 gegründet. Gegenstand ihres Unternehmens ist der Handel, der Transport und die Verarbeitung von Mineralölprodukten und verwandten Stoffen sowie die Lieferung und Montage von technischen Artikeln. Alleinige Gesellschafterin ist C. In den Streitjahren waren die Gesellschafterin C und ihr Ehemann B zu Geschäftsführern berufen.
Laut den vor den Streitjahren abgeschlossenen Dienstverträgen stand den Geschäftsführern neben einem monatlichen Bruttogehalt ein Pkw zur Verfügung und ihnen wurden Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, eine betriebliche Altersversorgung und eine Tantieme gewährt. Die Tantieme war nach dem steuerlichen Bilanzgewinn wie folgt gestaffelt:
Bilanzgewinn von 50.000 DM bis 70.000 DM |
6 % |
von 70.001 DM bis 100.000 DM |
8 % |
von 100.001 DM bis 200.000 DM |
10 % |
über 200.000 DM |
12 % |
des jeweiligen Bilanzgewinns vor Tantiemeabzug.
Durch die Änderung der Dienstverträge im Jahre 1994 wurde die Tantieme bei einem Bilanzgewinn von über 200.000 DM auf 18 % der Bemessungsgrundlage erhöht.
Am 25. November 1996 fand eine Gesellschafterversammlung statt, in der mit Wirkung ab 1. Januar 1997 beschlossen wurde, dass die Gesamttantieme, die an alle Geschäftsführer zu zahlen ist, 50 % des Jahresüberschusses und die Tantieme eines jeden Geschäftsführers 25 % seiner angemessenen Jahresgesamtvergütung (Durchschnitt der vergangenen drei Jahre) nicht übersteigen darf. Der Beschluss wurde sowohl von der Gesellschafterin C als auch von ihrem Ehemann B unterzeichnet. Darüber hinaus unterzeichneten auch beide den Zusatz, dass sie sich als Geschäftsführer mit der vorstehenden Regelung einverstanden erklären (wegen der Einzelheiten vgl. das schriftliche Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 25. November 1996, Bl. 66 der Finanzgerichtsakte).
Am 6. Januar 1997 erfolgte eine Änderung des Dienstvertrages für B. Im Rahmen dieser Änderung wurde vereinbart, dass für 1997 die Tantieme bei einem Bilanzgewinn über 200.000 DM lediglich mit 10,5 % der Bemessungsgrundlagen berechnet wird und dass sie ab 1. Januar 1998 wieder 18 % der Bemessungsgrundlage beträgt. Die Änderung des Dienstvertrages wurde von der Alleingesellschafterin und von B unterzeichnet (wegen der Einzelheiten vgl. die schriftliche Vertragsänderung vom 6. Januar 1997, Bl. 67 der Finanzgerichtsakte).
Bei einer im Jahre 2004 hinsichtlich der Streitjahre durchgeführten Außenprüfung stellte der Prüfer fest, dass hinsichtlich des Geschäftsführers B der Gesellschafterbeschluss vom 25. November 1996 (Deckelung auf 25 % der Jahresgesamtvergütung) bei der Berechnung der Tantieme nicht berücksichtigt worden ist. Vielmehr berechnete die Klägerin ab 1997 die Tantieme für B auf der Grundlage der Vereinbarung vom 6. Januar 1997 ohne Berücksichtigung des früheren Gesellschafterbeschlusses. Dagegen beachtete sie den Beschluss hinsichtlich der der Tantieme, die der Gesellschafter-Geschäftsführerin C von 1997 an gewährt wurde. Daraufhin vertrat der Prüfer die Ansicht, die dem Geschäftsführer B gewährte Tantieme sei insoweit als vGA zu behandeln, als die Begrenzung auf 25 % nicht berücksichtigt worden sei (wegen der Einzelheiten vgl. Tz. 23 des Prüfungsberichts vom 29. September 2004, Bl. 18 f. des Akten-Sonderbandes Betriebsprüfungsberichte). Zur Begründung führte der Prüfer in seinem Bericht aus, der Gesellschafterbeschluss vom 25. November 1996 sei als klare und eindeutige Vereinbarung zugunsten einer der beherrschenden Gesellschafterin nahestehenden Person nicht berücksichtigt worden.
Das Finanzamt schloss sich der Ansicht des Prüfers an und erließ auf der Grundlage des § 164 Abs. 2 AO am 5. Januar 2005 sowie am 11. Januar 2005 entsprechend geänderte Steuerbescheide. Die dagegen erhobenen Einsprüche wies das Finanzamt durch Einspruchsentscheidung vom 29. April 2005 als unbegründet zurück (wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die schriftlich...