Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung zwischen Herstellungskosten und Erhaltungsaufwand bei einem Gebäude
Leitsatz (redaktionell)
- Bei einem Gebäude stellen Erweiterungen nachträgliche Herstellungskosten dar, wenn nach dem Zeitpunkt der Fertigstellung bisher nicht vorhandene Bestandteile eingefügt werden, die gemessen an ihrer Funktion zu einer Erweiterung von Nutzungsmöglichkeiten führen.
- Nachträgliche Herstellungskosten liegen vor, wenn das Walmdach eines Wohngebäudes durch ein Satteldach in der Weise ersetzt wird, dass dadurch erstmals ein für Wohnzwecke ausbaufähiges Dachgeschoss entsteht.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1, § 21 Abs. 1; HGB § 255 Abs. 2 S. 1
Streitjahr(e)
2002
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Kosten, die im Zusammenhang mit Baumaßnahmen an einem zu Vermietungszwecken genutzten Haus entstanden sind, sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen oder als zeitanteilig abschreibbare Herstellungskosten darstellen. Dem Rechtsstreit liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:
Die Klägerin war während der Jahre 1996 bis 2004 Eigentümerin des Grundstücks
X- Straße … in Y. Das Grundstück ist bebaut mit einem zweigeschossigen Haus (Baujahr 1950). Zunächst war das Dach des Hauses als Walmdach gestaltet. Wegen der Einzelheiten der Bauweise wird auf die Pläne Bezug genommen, die in den das Grundstück betreffenden Einheitswertakten abgelegt sind.
Die Klägerin nutzte das Haus während der vorgenannten Jahre in vollem Umfang zu Vermietungszwecken. Mieter war zeitweise ein … bzw. eine … .
Im Jahr 1998 erhielt die Klägerin eine Baugenehmigung für die „Aufstockung des Dachgeschosses”. Ausweislich der vorliegenden Einkommensteuerakten tätigte sie in den Jahren 2000 und 2001 sowie im Streitjahr 2002 erhebliche Aufwendungen für die bauliche Umgestaltung des Dachgeschosses.
Im Rahmen ihrer Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer 2002 machten die Kläger in Bezug auf die von der Klägerin erzielten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für das genannte Grundstück Baukosten in Höhe von ca. 78.000,00 € als Erhaltungsaufwendungen geltend. Der Beklagte (das Finanzamt) behandelte die geltend gemachten Aufwendungen als Herstellungskosten und setzte die Einkommensteuer entsprechend fest (Bescheid vom ...02.2004).
Gegen den Bescheid legten die Kläger, vertreten durch ihren damaligen Steuerberater, Einspruch ein. Zur Begründung führten sie zunächst aus: Das Dach des Hauses habe dringend repariert werden müssen. Ansonsten gebe es keinen Grund für die angefallenen Baumaßnahmen. Dass hierbei nicht nur Kosten für die reine Dacherneuerung, sondern auch Kosten für andere Baumaßnahmen angefallen seien, ergebe sich aus der Natur der Sache (Schreiben des Steuerberaters vom ...02.2004). Später trugen sie vor: Die Kosten, die „wirklich ausschließlich die Dachreparatur” betroffen hätten, beliefen sich auf ca. 30.000,00 €. Dieser Betrag solle nunmehr (statt des ursprünglich geltend gemachten Betrages in Höhe von 78.000,00 €) bei den sofort abziehbaren Erhaltungsaufwendungen berücksichtigt werden (Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom ...06.2004).
Das Finanzamt wies den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es u.a. aus: Die hier betroffenen Baumaßnahmen hätten in Bezug auf das Gebäude zu einer Erweiterung im Sinne des § 255 Abs. 2 Satz 1 des Handelsgesetzbuches (HGB) geführt. So hätte sich die im Dachgeschoss des Gebäudes vorhandene Nutzfläche vergrößert. Der Einwand der Kläger, es liege nur eine geringfügige Nutzflächenvergrößerung vor, sei nicht stichhaltig (Einspruchsentscheidung vom ...10.2004).
Gegen die Einspruchsentscheidung richtet sich die vorliegende Klage. Zur Begründung haben die Kläger, nunmehr vertreten durch den Prozessbevollmächtigten, eine gutachterliche Stellungnahme des Architekten … vorgelegt. Hierzu haben sie zunächst vorgetragen: Wie sich aus den Ermittlungen des Architekten ergebe, hätten sich die Kosten für die Sanierung des Daches auf ca. 63.000,00 € belaufen. Im Übrigen zeige das Gutachten, dass die bautechnische Situation nachgerade umgekehrt zu beurteilen sei, wie es das Finanzamt in der Einspruchsentscheidung tue. So sei Anlass für die Baumaßnahme allein die sich aus dem Alter naturgemäß ergebende Notwendigkeit einer gründlichen Dachreparatur gewesen. Diese Reparatur habe sich als so aufwändig dargestellt, dass man sich entschlossen habe, bei dieser Gelegenheit zusätzlich nutzbaren Raum zu schaffen und die hierfür anfallenden Zusatzkosten wegen ihres verhältnismäßig geringen Umfangs in Kauf zu nehmen. Dabei habe auch die Überlegung eine Rolle gespielt, dass eine Erweiterung des nutzbaren Raumes durch eine spätere Baumaßnahme mit Sicherheit zu höheren Kosten geführt hätte (Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom ...01.2005).
Auf einen entsprechenden Hinweis des Gerichts haben die Kläger zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung weiter vorgetragen: Im Rahmen der Auftragsvergabe hätten sie von den...