vorläufig nicht rechtskräftig
Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt
Entscheidungsstichwort (Thema)
Unionsrechtliche Verzinsung der Erstattung von Importabgaben
Leitsatz (redaktionell)
- Unrechtmäßige erhobene Importabgaben sind auch dann für den Zeitraum von der Festsetzung bis Erstattungsanspruch auf unionsrechtlicher Grundlage mit dem Zinssatz nach § 238 AO zu verzinsen, wenn die Erstattung nicht auf einer gerichtlichen Entscheidung, sondern auf einer behördlichen Aufhebung der angemeldeten Importabgaben beruht. Dies gilt auch, wenn der Abgabepflichtige zuvor keine verbindliche Tarifauskunft beantragt hatte, weil er von einer bestimmten Praxis der Zollverwaltung ausgehen durfte.
- Der Zinsanspruch selbst ist nicht zu verzinsen.
Normenkette
AO §§ 236, 233, 238; ZK Art. 241, 236; EWGV 2913/92 Art. 241; EUV 952/2013 Art. 116 Abs. 6; EWGV 2913/92 Art. 236
Streitjahr(e)
2014
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Verzinsung für zu Unrecht festgesetzte Einfuhrabgaben.
Die Klägerin importiert und vertreibt Videoproduktionstechnik, insbesondere
Videoaufzeichnungsmonitore (nachfolgend: Monitore).
Die Klägerin meldete am 03.03.2014 u.a. verschiedene Monitormodelle zum freien Verkehr unter der Tarifnummer … . an. Nach einer umfassenden Beschaffenheitsbeschau („vollen Gesamtbeschau”) anlässlich der Einfuhr, bei der sich herausstellte, dass Monitore mit der Handelsbezeichnung „A” zwar nicht angemeldet, aber der Sendung beigefügt waren, setzte der Beklagte hierfür mit Bescheid vom 03.03.2014 Einfuhrabgaben (Zoll) i.H.v. … € nach der Tarifnummer … . fest, die am 16.04.2014 entrichtet wurden. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein und beantragte die Erstattung der Einfuhrabgaben i.H.v. … €. Zur Begründung führte sie aus, dass die streitigen Monitore in die aus ihrer Sicht zollfreie KN-Unterposition …. einzureihen seien. Das Hauptzollamt B ordnete bei der Klägerin mit Prüfungsanordnung vom 17.06.2015 eine Zollprüfung an, die es mit Bericht vom 27.07.2016 abschloss. Ausweislich der Feststellungen des Prüfungsberichts erstellte das BWZ, Dienstsitz C, für den eingeführten Monitor ein Einreihungsgutachten unter der EB-Nummer …, in dem es den Monitor der Position … (Zollsatz 13,9 %) zuordnete. Diese Rechtsauffassung vertrat der Beklagte im Rahmen des Prüfungsberichts erneut. Auf Antrag der Klägerin vom 26.01.2017 erteilte das Hauptzollamt D am 03.07.2017 eine verbindliche Zolltarifauskunft (nachfolgend: vZTA) unter dem Az. …. In dieser vZTA reihte er die Monitore erneut in die Position … ein, wogegen die Klägerin Einspruch einlegte. Ferner machte die Klägerin mit Schreiben vom 24.11.2017 gegenüber dem Beklagten die Zahlung von Zinsen i.H.v. 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem auf die Zahlung jeweils folgenden Tag aufgrund „des allgemeinen europarechtlichen Zinsanspruchs und analog § 288 Abs. 2 BGB” geltend. Nach einem Erörterungstermin erließ das Hauptzollamt D am 23.01.2019 eine neue vZTA unter dem Az. …. In dieser wurden die Waren nunmehr als Monitore in die zollfreie Unterposition … eingereiht. Der Beklagte erstattete der Klägerin daraufhin mit Bescheid vom 05.04.2019 für die Monitore des Modells „A” Einfuhrzölle in Höhe von insgesamt … €. Die Zahlung der Zinsen lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 07.05.2020, Az. … ab, der den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 11.05.2020 per Post zugegangen ist.
Die Klägerin meldete weiterhin am 04.10.2016 Monitore mit der Handelsbezeichnung „E”, „F” und „G” unter der Position … KN zum freien Verkehr an. Der Beklagte reihte die Monitore nach Durchführung einer stichprobenweisen Beschau mit Bescheid vom 04.10.2016 in die Tarifnummer KN … (Zollsatz 12,2 %) ein und setzte darin Zölle in Höhe von insgesamt … € fest. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein und beantragte am 10.04.2018 die Erstattung der aus ihrer Sicht am 16.11.2016 rechtswidrig gezahlten Einfuhrabgaben. Ferner beantragte sie mit Schreiben vom 24.11.2017 gegenüber dem Beklagten die Zahlung von Zinsen. Der Beklagte erteilte für diese Monitore zudem am 04./06.07.2017 jeweils eine vZTA, in der er die Waren in die Tarifnummer … . einreihte. Nach Durchführung eines Einspruchsverfahrens erließ der Beklagte jeweils geänderte vZTAe, in der er die Waren in die Unterposition … einreihte. In der Folge erstattete der Beklagte mit Bescheid vom 12.03.2019 die Zölle in Höhe von insgesamt … €. Die Zahlung von Zinsen lehnte er mit Bescheid vom 07.05.2020, Az. …, der den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 11.05.2020 zugestellt wurde, ab.
Am 01., 09. und 15.08.2017 meldete die Klägerin weitere Monitore mit den Handelsbezeichnungen „A”, „G”, „E”, „F” und „H” zum freien Verkehr an. Für die Modelle „A”, „G” und „E” lagen der Klägerin bereits zu diesem Zeitpunkt vZTAe mit der Einreihung in die Tarifnummer … vor. Die Klägerin meldete die vorstehenden Monitore entsprechend den vZTAen (Zollsatz inzwischen: 10,4 %) an, äußerte jedoch im Rahmen der Warenbeschreibung ihre abweichende Rechtsauffassung. Der Beklagte ...