vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [V R 2/18]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattungsberechtigung bei Zahlungen der vermeintlichen Organgesellschaft auf die vermeintliche Steuerschuld der Organträgerin
Leitsatz (redaktionell)
- Steuerzahlungen die eine GmbH in Annahme eines mit der Klägerin bestehenden Organschaftsverhältnisses erbracht hat, sind zur Tilgung der gegenüber der Klägerin formell festgesetzten Umsatzsteuerschulden als erbracht anzusehen.
- Erstattungsberechtigt im Sinne des § 37 Abs. 2 AO ist nicht derjenige, auf dessen Kosten die Zahlung erfolgt ist, sondern wessen vermeintliche Schuld gegenüber dem Finanzamt nach dem Willen des zahlenden, wie er im Zeitpunkt der Zahlung dem Finanzamt gegenüber erkennbar hervorgetreten ist, getilgt werden soll.
- Nach denselben Grundsätzen ist die regelmäßig vorausgehende Frage zu entscheiden, bei welchem von mehreren in Betracht kommenden Schuldnern eine geleistete Zahlung auf die Steuerschuld anzurechnen ist.
- Bei Lastschrifteinzug ist davon auszugehen, dass auf die Steuerschuld der Klägerin als Dritte und nicht auf die potentielle Haftungsschuld der GmbH geleistet wurde, wenn die GmbH unter der Steuernummer der Klägerin eine Einzugsermächtigung für ihr Konto erteilt hatte und aufgrund dieser Ermächtigung und im zeitlichen Zusammenhang mit der Fälligkeit der Steuerschuld das Finanzamt die rückständigen Beträge vom Konto bei der GmbH eingezogen hat.
- Zahlt die vermeintliche Organgesellschaft auf die vermeintliche Steuerschuld der Organträgerin, tilgt sie regelmäßig eine fremde Verbindlichkeit.
Normenkette
AO § 37 Abs. 2; UStG § 2 Abs. 2 Nr. 2
Streitjahr(e)
2004, 2005, 2006, 2007, 2008
Nachgehend
Tatbestand
Streitig zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit des Abrechnungsbescheids vom 25. November 2014 über anzurechnende Umsatzsteuervorauszahlungen bei den Umsatzsteuerveranlagungen 2004 bis 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. Juni 2015.
Die Klägerin vermietete u.a. in den Jahren 2004 bis 2008 wesentliche Betriebsgrundlagen an die GmbH. Die Beteiligten gingen zunächst davon aus, dass zwischen der Klägerin und der GmbH ein Organschaftsverhältnis im Sinne des § 2 UStG vorliege. Die für diesen Zeitraum vorangemeldeten Beträge wurden von der GmbH im Wege des Lastschriftverfahrens beglichen.
Nachdem durch Beschlüsse des Amtsgerichts A (Insolvenzgericht) unter dem Aktenzeichen über das Vermögen der GmbH am 2008 das vorläufige Insolvenzverfahren und am 2008 das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, vertrat die Klägerin die Auffassung, in den Jahren ab 2004 habe zwischen ihr und der GmbH mangels organisatorischer Eingliederung keine umsatzsteuerliche Organschaft bestanden. Nach diversem Schriftverkehr reichte die Klägerin am 8. Juli 2011 berichtigte Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2004 bis 2007 ein und verwies hinsichtlich 2008 auf die Angaben in ihrer Umsatzsteuererklärung vom 7. September 2009. Die Frage, ob die Steuerbescheide entsprechend den Angaben der Klägerin zu ändern seien, war Gegenstand eines vor dem erkennenden Senat unter dem Aktenzeichen 1 K 1722/13 anhängigen Verfahrens.
Schließlich folgte der Beklagte (das Finanzamt -FA-) der Ansicht der Klägerin und erließ am 19. September 2014 für die Jahre 2004 bis 2008 geänderte Umsatzbescheide, durch die die Konsequenzen der fehlenden Organschaft gezogen wurden. Gegenüber der Klägerin wurde die aus den eigenen Vermietungsumsätzen resultierende Umsatzsteuer abzüglich der damit im Zusammenhang stehenden Vorsteuern wie folgt festgesetzt:
Umsatzsteuer 2004 in Höhe von 5.901,23 €,
Umsatzsteuer 2005 in Höhe von 8.259,53 €,
Umsatzsteuer 2006 in Höhe von 3.305,87 €,
Umsatzsteuer 2007 in Höhe von 3.624,40 € und
Umsatzsteuer 2008 in Höhe von 3.093,99 €.
Die auf die früheren Umsatzsteuervoranmeldungen hin abgeführten Beträge in Höhe von insgesamt ca. 2,2 Mio. € wurden im Abrechnungsteil der Bescheide nicht berücksichtigt. Insoweit machte das FA geltend, dass die Klägerin nicht anspruchsberechtigt sei.
Mit Schreiben vom 19. September 2014 erklärte das FA gegenüber der Klägerin die Aufrechnung eventuell bestehender Erstattungsansprüche der Klägerin mit von der GmbH durch ihren Insolvenzverwalter abgetretenen zivilrechtlichen (Bereicherungs-)Ansprüchen und den sich aus §§ 143, 129 ff. Insolvenzordnung ergebenden Anfechtungsansprüchen. Insoweit verwies das FA auf eine Abtretungsvereinbarung zwischen dem Insolvenzverwalter über das Vermögen der GmbH und dem Land Hessen vom 11. August 2014. Hinsichtlich der Einzelheiten dieser Vereinbarung wird auf die Anlage A1 zum Schriftsatz vom 14. Oktober 2015 (Bl. 79 der Gerichtsakte) Bezug genommen. Der Abtretungsvereinbarung war vorausgegangen, dass der Insolvenzverwalter vom FA die Umsatzsteuerzahlungen auf dem Zivilrechtsweg im Wege der Anfechtungsklage zurückgefordert hatte. Das OLG entschied mit rechtkräftigem Urteil, dass eine Anfechtung der Zahl...