Entscheidungsstichwort (Thema)

Zustellung. ZPO § 181

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei einer Ersatzzustellung nach § 181 ZPO wird der Indizwert der Erklärung des Zustellers, wonach der Zustellungsempfänger unter der angegebenen Anschrift wohnt (vgl. BVerfG 03.06.1991 NJW 1992, 224) in der Regel durch eine polizeiliche Ummeldung vor dem Datum der Zustellung entkräftet.

2. Ein Zustellungsempfänger muss sich eine Zustellung nach § 181 ZPO unter einer Anschrift, unter der sich nicht seine Wohnung befindet, nicht deshalb kraft Rechtsscheins zurechnen lassen, weil sich unter der Zustellungsanschrift ein Briefkasten mit seinem Namen befindet.

 

Normenkette

ZPO § 181

 

Verfahrensgang

ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 21.07.1999; Aktenzeichen 3 Ca 3850/95)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 21. Juli 1999 – 3 Ca 3850/95 – aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird an das Arbeitsgericht Wiesbaden zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten der Berufung vorbehalten bleibt.

 

Tatbestand

Der Kläger, die tarifvertraglich bestimmte Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes, nimmt den Beklagten nach Maßgabe der Sozialkassentarifverträge des Baugewerbes auf Auskunftserteilung, für den Fall der Nichterfüllung auf Zahlung einer Entschädigung in Anspruch. Die Klageschrift nebst Terminsladung zum 11.05.1992 wurde dem Beklagten unter dem von ihm bis 31.07.1989 geführten Familiennamen „…” unter der Anschrift … durch Niederlegung zugestellt. Am 11.05.1992 erging im arbeitsgerichtlichen Termin entsprechend dem Antrag des Klägers ein klagezusprechendes Versäumnisurteil, dass laut Zustellungsurkunde erneut unter der vorbezeichneten Anschrift mit der vorbezeichneten Namensbezeichnung des Beklagten durch Niederlegung am 27.05.1992 zugestellt wurde. Nachdem der Beklagte mit einem am 23.09.1995 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vorgetragen hatte, dass Versäumnisurteil sei niemals ordnungsgemäß zugestellt worden, weil er tatsächlich seit 01.04.1989 unter der Anschrift „…” wohne, hat der Kläger vorgetragen, Klage und Versäumnisurteil seien ordnungsgemäß zugestellt worden, so dass der Einspruch des Beklagten unzulässig sei. Ihm sei keine andere Anschrift des Beklagten bekannt gewesen, eine Auskunft bei der Landeshauptstadt … (Bl. 41 d.A.) habe ergeben, dass die letzte bei der Gewerbebehörde bekannte Wohnanschrift die gewesen sei, unter der Ladung und Versäumnisurteil zugestellt worden seien. Im Übrigen sei die Klage begründet, weil der Beklagte einen Holz- und Bautenschutzbetrieb unterhalten habe und deshalb auskunftspflichtig sei.

Der Kläger hat beantragt,

  • den Einspruch des Beklagten gegen das Versäumnisurteil vom 11.05.1992 als unzulässig zu verwerfen,
  • hilfsweise,

    das Versäumnisurteil vom 11.05.1992 aufrechtzuerhalten.

Der Beklagte hat beantragt,

unter Aufhebung des Versäumnisurteils die Klage abzuweisen.

Er hat darauf verwiesen, dass er bereits am 01.04.1989 umgezogen sei und sich ordnungsgemäß umgemeldet habe (Bl. 11 d.A.), hat die Zustellung des Versäumnisurteils sowie die Zustellung der Klageschrift für unwirksam gehalten und vorgetragen, einen baugewerblichen Betrieb habe er nicht unterhalten, weil überwiegend Spenglerarbeiten durchgeführt worden seien. Im Übrigen habe er die streitbefangenen Auskünfte längst erteilt.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 21.07.1999 den Einspruch des Beklagten gegen das Versäumnisurteil als unzulässig verworfen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 44–49 d.A.) Bezug genommen. Gegen dieses Urteil hat der Beklagte innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 24.01.2000 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.

Er wiederholt sein Vorbringen, wonach eine ordnungsgemäße Zustellung des Versäumnisurteils niemals erfolgt sei, er seit 01.04.1989 nicht mehr unter der Zustellungsanschrift gewohnt habe und trägt vor, lediglich ca. 8 Monate habe er unter der Zustellanschrift zusammen mit seiner Schwester, die den Namen „…” trage gewohnt. Nach seinem Auszug habe diese weiter dort gewohnt, so dass auch ein entsprechendes Namensschild am Briefkasten leicht zu erklären gewesen sei.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 21.07.1999 – 3 Ca 3850/95 – aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen.

Das Berufungsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Schwester des Beklagten, … als Zeugin. Auf das Ergebnis der Beweisaufnahme wird Bezug genommen. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 24.01.2000 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

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