I. Delegationsarten
Die Verantwortung für die Erfüllung seiner steuerlichen Erklärungspflichten trägt jede natürliche Person selbst. Steuerrechtssubjekte hingegen, die zwar rechtsfähig, nicht aber eigenständig handlungsfähig sind, müssen sich hierzu ihrer vertretungsberechtigten Organe bedienen, die ihrerseits verpflichtet (§ 34 AO) und insoweit strafrechtlich verantwortlich sind.
In der Praxis weisen die Personen, die direkt von gesetzlichen Erklärungspflichten adressiert sind, häufig weder die insb. bei steuerlich komplexen Sachverhalten erforderliche Fachkenntnis auf noch stehen ihnen zeitliche Kapazitäten zur Verfügung. Ist das Ziel ein gesetzeskonformes Verhalten, kann dieses daher häufig nur dadurch erreicht werden, dass Dritte mit der Aufgabenerfüllung betraut werden. In Betracht kommt dabei eine Delegation sowohl in horizontaler als auch in vertikaler Hinsicht.
II. Horizontale Delegation
Wird ein Steuerpflichtiger von mehreren Personen vertreten, tragen diese im Rahmen des § 34 AO jeweils die Gesamtverantwortung für die steuerlichen Belange des Vertretenen. Dennoch kann ein Bedürfnis nach einer Verteilung der vielfältigen Aufgaben eines Geschäftsbetriebs zwischen den verschiedenen Vertretern bestehen. Im Innenverhältnis wird insoweit eine abgegrenzte Ressort-Zuständigkeit wahrgenommen, z.B. einerseits die kaufmännische und andererseits die technische Geschäftsführung. Die Aufgabenverteilung erfolgt daher horizontal zwischen mehreren im Außenverhältnis gleichermaßen Berechtigten und Verpflichteten.
Beraterhinweis Die öffentlich-rechtlichen Pflichten können durch privatrechtliche Vereinbarungen über die Aufgabenverteilung beschränkt, nicht aber aufgehoben werden, was insb. in Haftungsfällen von Bedeutung ist. Jedenfalls eine Kontroll- und Überwachungspflicht bleibt bestehen. Im Falle einer wirtschaftlichen Krise lebt die uneingeschränkte Gesamtverantwortung wieder auf.
III. Vertikale Delegation
Bei einer vertikalen Delegation reicht der Verpflichtete seine Aufgaben im Rahmen einer hierarchischen Beziehung weiter an von ihm arbeitsvertraglich abhängige Mitarbeiter oder an externe Kräfte. Die Aufgabenbearbeitung nimmt in diesem Sinne einen Weg "von oben nach unten".
Beauftragung eines Steuerberaters: Die einfachste Form vertikaler Delegation stellt die Beauftragung eines Steuerberaters dar, der auf Basis der Angaben seines Mandanten eine steuerliche Bewertung und Beratung leistet, Steuererklärungen vorbereitet und diese im Auftrag und nach Unterzeichnung des Steuerpflichtigen abgibt.
Unternehmensinterne Abteilungen: Darüber hinaus können bereits vorgelagert solche Aufgaben delegiert werden, deren Erfüllung sich unmittelbar auf den Inhalt von Steuererklärungen auswirkt. Dies betrifft etwa das unternehmensinterne Rechnungswesen und insb. die Finanzbuchhaltung. Hierzu kann es je nach Unternehmensgröße lediglich einzelne interne oder externe Mitarbeiter oder gar eine vielköpfige Abteilung mit mehreren voneinander abgegrenzten Aufgabenbereichen geben.
"Family Offices": Vielfach praktiziert werden auch sog. "Family Offices", also Organisationseinheiten, deren Aufgabenbereich die bloße passive Verwaltung des Vermögens der Familie, das aktive Vermögensmanagement aber auch die Buchhaltung betreffend die geschäftlichen Aktivitäten der Familienmitglieder umfassen kann.
Kombinationsfälle: Möglich und praktisch gelebt sind auch Kombinationsfälle und Konzepte, die von einer nur teilweisen Aufgabenübertragung (z.B. allein Lohnbuchhaltung) bis hin zu einer ganzheitlichen Betreuung durch einen oder mehrere Delegaten reichen.
Beraterhinweis Mehrschichtige Systeme wie z.B. ein Family Office, das in ständigem Austausch mit einem externen Steuerberater steht, bieten zwar Kontrollmechanismen in mehreren Phasen. Zugleich birgt die Beteiligung einer größeren Menge an Delegaten aber die Herausforderung funktionierender Kommunikationskanäle. Zu deren Vereinfachung wiederum kann es z.B. in einer komplexen Konzernstruktur angezeigt sein, die Finanzbuchhaltung konzernübergreifend an einer Zentralstelle zu bündeln und ihr im Rahmen der Tax Compliance interne oder externe Berater zur Seite zu stellen.