Der Delegierende darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass Mitarbeiter und Berater die ihnen übertragenen Aufgaben zuverlässig erfüllen. Die Rechtsprechung zeigt auf, dass der bloße objektiv feststellbare Fehler – sei es auf Ebene der Delegaten, in Form der Verletzung einer eigenen Sorgfaltspflicht, oder schließlich der Verkürzungserfolg selbst – nicht ausreicht, um einen Rückschluss auf einen Vorsatz des Erklärungspflichtigen zu begründen. Fraglich ist dann jedoch, ob der Beschuldigte den Fehler wahrnahm und ob er es zumindest für möglich hielt und billigend in Kauf nahm, dass eine Steuerverkürzung einträte. Die Vorsatzfeststellung ist regelmäßig nur auf Basis von Indizien möglich.
Indiziell gegen vorsätzliches Verhalten spricht aber bereits typischerweise die Delegation als solche, weil insoweit Maßnahmen ergriffen wurden, die der ordnungsgemäßen Erfüllung steuerlicher Pflichten dienen sollen. Es fehlt daher jedenfalls am voluntativen Vorsatzelement. Ob der Erklärungspflichtige bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt den Fehler erkennen, beheben oder bereits vermeiden hätte können, ist keine Maßgröße für vorsätzliches Verhalten, sondern eine Frage der Fahrlässigkeit, kann aber ihrerseits das Bewusstsein für ein Risiko und dessen Inkaufnahme andeuten und insoweit die Plausibilität des vorgetragenen Vertrauens infrage stellen. Das hängt insb. ab von der eigenen Vorbildung des Delegierenden, seiner arbeitsteiligen Nähe zu steuerlichen Aufgaben, der Qualifikation der Delegaten, der Komplexität der Aufgaben, etwaigen vorangehenden Fehlern der Delegaten oder demgegenüber deren bewährter Zuverlässigkeit sowie äußeren Umständen, die die Aufgabenerfüllung beeinflussen (z.B. Überlastung). Werden Sorgfaltspflichten eingehalten, ist insoweit ohnehin kein Raum für einen Hinterziehungsvorsatz.
Bei der Prüfung der leichtfertigen Steuerverkürzung ist einzelfallbezogen gemessen an den individuellen Verhältnissen des Beschuldigten und den Gestaltungsnuancen des Sachverhalts zu klären, welche Sorgfaltspflichten zu wahren sind und womöglich verletzt wurden. Dies steht in einem Spannungsfeld mit dem "Vertrauen-Dürfen" in die Tätigkeit von Delegaten. Insb. bei Aufgabenübertragung auf Steuerberater zeigt sich die Rechtsprechung großzügig. Nicht jede einfache Pflichtverletzung führt zu Leichtfertigkeit, zu prüfen ist vielmehr, ob sich anhand der Gesamtumstände Anlass geboten hätte, die Ergebnisse der von Delegaten übernommenen Arbeiten zu hinterfragen.
Delegiert der Erklärungsverpflichtete steuerlich relevante Aufgaben, kann dies im Ergebnis zu einer straf- und ordnungswidrigkeitenrechtlichen Entlastung führen. Fehlt es an einer Steuerhinterziehung oder leichtfertigen Steuerverkürzung, kann dies je nach Sachlage bereits eine Steuerfestsetzung und -erhebung wegen Ablaufs der weder verlängerten (§ 169 Abs. 2 S. 2 AO) noch in ihrem Ablauf gehemmten (§ 171 Abs. 7 AO) Festsetzungsfrist sowie eine Inhaftungnahme (§§ 69 ff. AO) ausschließen.
Die Frage nach der Auswirkung von Aufgabendelegationen können sich auch bei anderen Wirtschaftsdelikten wie dem arbeitgeberseitigen Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt, Bilanzdelikten, Betrug und Untreue stellen. Werden im Zusammenhang mit der Delegation Sorgfaltspflichten nicht eingehalten, können auch Vorwürfe nach §§ 9, 30, 130 OWiG erhoben werden.
In jedem Fall sollte die Delegation als solche, ihr Ausmaß und ihre Folgen durch die Verteidigung erörtert werden. Dabei ist wichtig zu klären, warum Aufgaben delegiert werden (z.B. fehlende eigene Befähigung/Kapazität), wer seit wann mit der Bearbeitung welcher Aufgaben betraut ist und inwiefern interne Verantwortung trägt, welche Qualifikationen diese Personen aufweisen, wo Schnittstellen zwischen Mitarbeitern, Beratern und dem Verpflichteten selbst bestehen, wie z.B. die Abläufe von Rechnungsstellung über buchhalterische Erfassung bis zur Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldung konkret ausgestaltet sind und wie die Verhältnisse vor und nach dem Zeitraum geartet sind, in dem es zu Auffälligkeiten gekommen ist.
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