Leitsatz

Bei der Wiedereinfuhr von Veredelungserzeugnissen nach einer passiven Veredelung sind die Beförderungskosten bis zum Ort des Verbringens der Waren in das Zollgebiet der Union gemäß Art. 71 Abs. 1 Buchst. e Ziff. i UZK in den Zollwert einzubeziehen und den Kosten für den außerhalb des Zollgebiets der Union vorgenommenen Veredelungsvorgang (Art. 86 Abs. 5 UZK) hinzuzurechnen.

 

Normenkette

Art. 71 Abs. 1 Buchst. e Ziff. i, Art. 86 Abs. 5 UZK

 

Sachverhalt

Im Streitfall ging es um die Frage, ob Einfuhrabgaben unter Hinzurechnung der Beförderungskosten für die aus Indonesien eingeführten Veredelungserzeugnisse zu ermitteln sind.

Das FG (FG Düsseldorf, Urteil vom 11.12.2019, 4 K 2523/18 Z, Haufe-Index 13691618) hat diese Frage bejaht.

 

Entscheidung

Der BFH hat die Revision der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen. Das HZA habe zutreffend die Beförderungskosten in den Zollwert einbezogen.

 

Hinweis

1. Im Streitfall ging es um die Ermittlung des Zollwertes bei passiver Veredelung. Bei der passiven Veredelung werden Unionswaren zur Durchführung von Veredelungsvorgängen (Art. 5 Nr. 37 UZK) vorübergehend aus dem Zollgebiet der EU ausgeführt und anschließend wieder unter vollständiger oder teilweiser Befreiung von Einfuhrabgaben in die EU eingeführt.

2. Die Ermittlung des Zollwerts richtet sich nach den Art. 70 und 74 UZK; danach ist die Transaktionswertmethode i.S.d. Art. 70 UZK vorrangig anzuwenden. Gemäß Art. 71 Abs. 1 UZK sind bei der Ermittlung bestimmte Kosten hinzuzurechnen. U. a. sind gemäß Art. 71 Abs. 1 Buchst. e Ziff. i UZK die Beförderungskosten für die eingeführten Waren bis zum Ort des Verbringens der Waren in das Zollgebiet der Union einzubeziehen.

3. Die Regelung in Art. 86 Abs. 5 UZK stellt klar, dass die Ermittlung der Höhe der Zollschuld nach passiver Veredelung ausschließlich nach der Mehrwertmethode erfolgt, d.h. ausschließlich auf der Grundlage der Kosten der Veredelungsvorgänge außerhalb des Zollgebiets. Welche Vorgänge als Veredelungsvorgänge gelten, regelt Art. 5 Nr. 37 UZK. Danach gilt die Beförderung selbst nicht als Veredelungsvorgang. Art. 86 Abs. 5 UZK beinhaltet somit eine besondere zollwertrechtliche Regelung, weil an die Stelle des Transaktionswerts i.S.d. Art. 70 UZK die Kosten für den Veredelungsvorgang treten.

4. Das bedeutet jedoch nicht, dass Art. 86 Abs. 5 UZK die allgemeinen Regelungen verdrängt. Die Vorgaben der Art. 69 ff. UZK sind auch bei der Ermittlung des Zollwerts im Zusammenhang mit einer Einfuhr von Veredelungserzeugnissen nach passiver Veredelung anzuwenden. Das bedeutet für den Streitfall, dass die Beförderungskosten für die aus dem Drittland eingeführten Veredelungserzeugnisse gemäß Art. 71 Abs. 1 Buchst. e Ziff. i UZK in den Zollwert einzubeziehen sind.

5. Eine Vorlage an den EuGH sah der BFH nicht als erforderlich an. Die Auslegung des Art. 86 Abs. 5 UZK sei ausgehend von dessen Wortlaut und der Systematik der Zollwertvorschriften derart offenkundig, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibe.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 1.6.2022 – VII R 3/20

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