Dr. Andreas Nagel, Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Rechtsanwälte, die vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit in eigener Sache mit Erfolg auftreten, können nach § 155 Satz 1 FGO i. V. m. § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO ebenfalls Gebühren- und Kostenerstattungsansprüche geltend machen. Hierdurch soll erreicht werden, dass dem Rechtsanwalt bei der Erledigung eigener Angelegenheiten für die in seinem Beruf geleistete Arbeit die gesetzlich vorgesehenen Gebühren und Auslagen gewährt werden, und die Gegenpartei nicht dadurch bessergestellt wird, dass der Rechtsanwalt von der Beauftragung eines anderen Rechtsanwalts absieht.
Entsprechendes wird erreicht, wenn einem auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung über die Auferlegung der Kosten erstattungsberechtigten Steuerberater für die Tätigkeit in einem Verfahren nach der FGO in eigener Angelegenheit das gezahlt wird, was er fordern könnte, wenn ein anderer Steuerberater (oder Rechtsanwalt) ihn in dem Verfahren vertreten hätte (vgl. BFH, Beschluss v. 2.11.1971, VII B 161/69, BStBl 1972 II, S. 94).
Keine Erstattung fiktiver Stundensatz-Honorare
In einem beim FG Hamburg anhängigen Erinnerungsverfahren gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss hatte eine sich in eigener Sache als Steuerberaterin selbst vertretende Klägerin über die gesetzlichen Gebühren nach § 45 StBVV i. V. m. RVG hinausgehende fiktive Stundensatz-Aufwendungen geltend gemacht.
Das FG Hamburg (Beschluss v. 13.7.2017, 3 KO 73/17) hat die Erinnerung als unbegründet abgewiesen. Es hat entschieden, dass sich aus der nach § 155 Satz 1 FGO i. V. m. § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO anwendbaren Regelung kein über die dort in Bezug genommenen erstattungsfähigen Gebühren und Auslagen für einen bevollmächtigten Rechtsanwalt hinausgehender Anspruch ergibt, so auch kein Anspruch auf einen fiktiven höheren Stundensatz-Aufwendungsersatz. Auch sonst seien fiktiv errechnete Aufwendungen von Beteiligten für die eigene Arbeitsleistung, entgangene Einkünfte oder ersparte Bevollmächtigten-Kosten grundsätzlich nicht erstattungsfähig.
In außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren nicht anwendbar
Die Regelungen zur Selbstvertretung nach § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO i. V. m. § 155 Satz 1 FGO sind bei der Kostenerstattung nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO für die Selbstvertretung im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren nicht anwendbar. Die Vorschrift des § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO setzt nämlich voraus, dass tatsächlich ein Bevollmächtigter hinzugezogen und honoriert wurde. Fiktive Gebühren sind nicht erstattungsfähig (vgl. Schleswig-Holsteinisches FG, Beschluss v. 20.8.2008, 5 KO 15/08, EFG 2008, S. 1745). Da sich ein Kläger nicht zu sich selbst hinzuziehen kann, steht ihm kein Anspruch auf Erstattung von Gebühren des Vorverfahrens zu (vgl. auch HHG 1/2017).
An der fehlenden tatsächlichen Hinzuziehung ändert auch nichts, wenn das Gericht antragsgemäß die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO für notwendig erklärt hat. Denn damit ist (noch) nicht darüber entschieden, ob oder inwieweit tatsächlich ein Bevollmächtigter im außergerichtlichen Vorverfahren hinzugezogen und honoriert worden ist (vgl. BFH, Beschluss v. 9.3.1976, VII B 24/74, BStBl 1976 II, S. 568; Niedersächsisches FG, Beschluss v. 14.2.2008, 7 KO 3/07, EFG 2008, S. 1218, mit umfangreichen Nachweisen).
Autor: Dipl.-Finw. Werner Becker, Namborn