Dr. Andreas Nagel, Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Jeder Kanzleiinhaber sollte sich in regelmäßigen Abständen Zeit nehmen und seine Kanzlei auf den "Prüfstand" stellen, um erforderlichen Veränderungsbedarf zu erkennen und um im Wettbewerb nicht zurückzufallen. Durch einen systematischen Stärken-Schwächen-Test können mit geringem Zeitaufwand wichtige Verbesserungsmöglichkeiten für die Kanzlei erarbeitet werden.
Die Selbsteinschätzung
Fragen Sie sich zunächst, wo Sie selbst die individuellen Stärken und Schwächen Ihrer Kanzlei sehen. Beantworten Sie dazu die folgenden Fragen mit einer Note von 1 bis 6. Jede Frage, in der Sie sich mit der Note 1 oder 2 bewerten, zeigt Ihre Stärken. Noten von 5 bis 6 zeigen Ihre derzeitigen Schwächen. Wenn Sie alle Fragen beantwortet haben, kreuzen Sie aus Ihrer Sicht die 3 wichtigsten Stärken und die 3 gefährlichsten Schwächen an. So erkennen Sie, in welchen Bereichen der größte Handlungsbedarf besteht.
Mitarbeiter mit einbeziehen
Beziehen Sie bei Bedarf auch Ihre Mitarbeiter in die Beantwortung der Fragen ein, um mehrere Meinungen und Sichtweisen zu den einzelnen Punkten zu berücksichtigen.
Individuelle Stärken und Schwächen |
Note 1-6 |
Wirtschaftliche Situation der Kanzlei (Umsätze / Gewinne / Liquidität / Umsatzrendite) |
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Umfang des Leistungsangebots |
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Qualität des Leistungsangebots |
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Digitalisierungsgrad der Kanzlei |
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Qualität der Arbeitsabläufe (Zuständigkeiten und Kompetenzen) |
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Mandatsstruktur / Qualität des Mandantenstamms |
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Honorargestaltung / Honorartransparenz aus Mandantensicht |
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Maßnahmen zur Mandantengewinnung und Mandantenbindung |
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Umgang mit Mandanten (Freundlichkeit, Schnelligkeit, Zuverlässigkeit, Erreichbarkeit, Wartezeiten, Öffnungszeiten) |
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Homepage (Aufbau, Inhalt, Nutzen) |
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Werbematerialien (Anzeigen, Flyer, Broschüren, Social Media Auftritt) |
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Gestaltung der Kanzleiräume ("Ambiente") |
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Qualifikation der Mitarbeiter |
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Fortbildung der Mitarbeiter |
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Qualität des "Betriebsklimas" |
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Zufriedenheit der Mitarbeiter |
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Gehaltshöhe / Gehaltsstruktur |
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Attraktivität der Kanzlei als Arbeitgeber |
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Die Mandantensicht
Die Selbsteinschätzung Ihrer Kanzlei muss nicht in jedem Fall mit der Sichtweise Ihrer Mandanten übereinstimmen. Mandanten beurteilen die Stärken und Schwächen Ihrer Kanzlei vielleicht ganz anders als Sie selbst. Vielleicht legen viele Mandanten auf das, was Sie für eine besondere Stärke halten, gar keinen großen Wert. Oder Sie nehmen eine von Ihnen empfundene Schwäche gar nicht als besonders negativ wahr. Deshalb sollten Sie Ihre Selbsteinschätzung durch eine Mandantenbefragung überprüfen. Das können Sie mit einem Fragebogen oder durch persönliche Gespräche tun.
Beschließen Sie, jede Woche 3 – 5 Mandanten bei passender Gelegenheit nach ihrer Meinung zu fragen. Bereits nach einigen Wochen erhalten Sie so mit wenig Zeitaufwand aussagekräftige Ergebnisse. Damit Ihr Mandant sich durch die Befragung nicht belästigt fühlt, sollten Sie zunächst sein Einverständnis erfragen: "Lieber Mandant, wir überdenken gerade unser Leistungsangebot. Dabei ist uns die Meinung unserer Mandanten ganz besonders wichtig. Haben Sie 3 Minuten Zeit für 3 kurze Fragen?" Wenn der Mandant einverstanden ist, können Sie Ihre Fragen stellen.
Überfordern Sie den Mandanten nicht durch eine Vielzahl von Fragen oder durch die Dauer des Gesprächs. Begrenzen Sie das Gespräch auf 3 – 5 ausgewählte Punkte. Akzeptieren Sie auch ohne Verärgerung, wenn ein Mandant die Fragen aus zeitlichen oder persönlichen Gründen nicht beantworten möchte.
Stellen Sie in allen Mandantengesprächen immer dieselben Fragen. Nur dann bekommen Sie Antworten, die Sie anschließend miteinander vergleichen können. Entwickeln Sie für Ihre Mandantenbefragung entweder einen eigenen Fragebogen oder verwenden Sie die folgenden Fragen:
- Wie zufrieden sind Sie mit unserem Leistungsangebot und der Art der Zusammenarbeit?
- Was gefällt Ihnen besonders gut?
- Was sollte verbessert werden? Worüber haben Sie sich schon einmal geärgert?
- Was können wir zusätzlich tun, um unser Angebot und die Art der Zusammenarbeit noch weiter zu verbessern?
Denken Sie bei der Zusammenstellung der Fragen immer an das Ziel der Mandantenbefragung: Sie möchten Ihre vorangegangene Selbsteinschätzung mit der Sicht der Mandanten vergleichen. Wählen Sie daher Fragen, die sich für diesen Zweck eignen. Nach jedem Gespräch notieren Sie die Antworten. Für wiederkehrende Antworten können Sie eine Strichliste anlegen, aus der Sie auf einen Blick erkennen, wie oft das jeweilige Argument vom Mandanten genannt wurde. Wenn Sie ca. 30 Mandantengespräche geführt haben, können Sie eine erste Auswertung der Antworten vornehmen. Natürlich können Sie die Mandantengespräche danach weiter fortsetzen und pro Woche regelmäßig 3 Gespräche führen. So haben Sie Ihr Ohr immer nah am Mandanten.
Manche Kanzleien scheuen das direkte Mandantengespräch aus Angst vor negativen Antworten. Diese Angst ist ein Zeichen dafür, dass die Kanzlei von ihrem Angebot selbst nicht vollständig überzeugt ist. In diesem Fall ist es besonders wichtig, mögliche Schw...