Jürgen Berners, Dr. Andreas Nagel
Steigender Konkurrenz- und Honorardruck zwingen Steuerberater zunehmend, die wirtschaftliche Entwicklung der eigenen Kanzlei regelmäßig und zeitnah zu überwachen, um Trends und mögliche Fehlentwicklungen frühzeitig zu erkennen und unterjährig zu überprüfen, ob die aktuellen Kanzleiziele voraussichtlich erreicht werden. Ein gutes Kanzleicontrolling ist daher für jede zukunftsorientierte Kanzlei unverzichtbar.
Der Begriff Controlling (engl.: to control = steuern, regeln) bezeichnet die Steuerung der Kanzlei in Richtung der angestrebten Ziele. Aufgabe des Controllings ist es, die Ertragskraft der Kanzlei zu sichern und insgesamt eine wirtschaftliche und rationelle Kanzleiführung zu gewährleisten. Um die Kanzleientwicklung zu überwachen und zu steuern stehen viele Instrumente und Kennzahlen zur Verfügung. Für die meisten Kanzleien kommt es jedoch nicht darauf an, aus den verfügbaren Informationen möglichst viele Kennzahlen zu bilden. Es geht vielmehr darum, individuell wichtige Kennzahlen auszuwählen, die mit geringem zeitlichem Aufwand ermittelt und analysiert werden können. Eine Beschränkung auf wenige, wichtige Werte ist daher in vielen Fällen vollkommen ausreichend. Für die Auswahl der einzelnen Werte gibt es allerdings kein "Patentrezept". Eine sinnvolle Auswahl ist im Einzelfall immer von den individuellen Verhältnissen und von der Größe der Kanzlei abhängig.
Individuelle Kennzahlen auswählen
Zu den wichtigsten Zahlen einer Kanzlei gehören sicherlich Umsatz, Kosten, Gewinn und Liquidität sowie die daraus ableitbaren Kennzahlen, z. B. die Umsatzrendite und die Personalkostenquote. Während bei Gewerbebetrieben die Verzinsung des Eigenkapitals (Eigenkapitalrendite) meist eine wichtige Rolle spielt, ist die Kapitalausstattung bei Steuerberatungskanzleien meist weniger bedeutsam. Für Steuerberater ist vielmehr die "Verzinsung" der eingesetzten Arbeitszeit ein wichtiger Erfolgsmaßstab, d. h. der Gewinn je Inhaber bzw. Inhaberstunde.
Neben diesen klassischen Kennzahlen sollte jede Kanzlei bei Bedarf individuelle Kennzahlen definieren, die aus Sicht der betreffenden Kanzlei besonders wichtig sind, z. B. die Anzahl der Neumandanten pro Jahr, die Anzahl der Mandantenbeschwerden pro Quartal, die Anzahl der Fortbildungstage pro Mitarbeiter oder die Höhe der Mitarbeiterfluktuation.
Zeit- und Branchenvergleiche
Einzelne Kennzahlen sind wenig aussagefähig. Die Beurteilung einer Kennzahl ist meist erst durch einen Zeit- und Branchenvergleich möglich. Im Zeitvergleich wird die aktuelle Kennzahl mit den Zahlen zurückliegender Zeiträume verglichen. So kann festgestellt werden, ob sich die Kanzlei im Zeitablauf verbessert oder verschlechtert hat und welche Gründe zu dieser Veränderung geführt haben.
Im Branchenvergleich können die Zahlen der eigenen Kanzlei mit den Zahlen anderer Kanzleien verglichen werden. Branchendaten können über Steuerberaterkammern oder Steuerberaterverbände erfragt werden. Die Bundessteuerberaterkammer gibt in regelmäßigen Abständen das Statistische Berichtssystem für Steuerberater (STAX) heraus und der Deutsche Steuerberaterverband führt jährlich den DStV-Praxenvergleich durch.
Als weitere Datenquellen kommen die Branchenreports von Kreditinstituten und die Branchenvergleiche von EDV-Anbietern in Betracht. Daneben haben sich regionale Arbeitsgruppen von Steuerberatern gebildet, die sich in regelmäßigen Abständen treffen, um Kanzleikennzahlen zu vergleichen und Optimierungsmaßnahmen zu erarbeiten.
Ob eine errechnete Kennzahl im Branchenvergleich gut oder schlecht ist, hängt entscheidend von der Größe und der Rechtsform der eigenen Kanzlei ab. Mit steigendem Umsatz steigen regelmäßig auch die Kostenquoten der Kanzlei. Eine kleine Kanzlei mit eigenen Räumlichkeiten und wenigen Mitarbeitern wird eine andere Kostenstruktur haben als eine große Kanzlei mit gemieteten Räumlichkeiten und vielen Mitarbeitern. Bei einer Steuerberatungs-GmbH ist das Gehalt des Gesellschafter-Geschäftsführers in den gebuchten Personalkosten bereits enthalten, während dies bei einer Einzelkanzlei nicht der Fall ist.
Wann ein Branchenvergleich sinnvoll ist
Ein Branchenvergleich ist daher immer nur innerhalb derselben Umsatzklasse und innerhalb derselben Rechtsform sinnvoll.
Der Soll-/Ist-Vergleich
Legen Sie für jede Kennzahl eine Zielgröße fest, die in regelmäßigen Abständen überwacht wird, z. B. monatlich, quartalsweise oder jährlich. Durch einen regelmäßigen Soll-/Ist-Vergleich werden aktuelle Abweichungen vom geplanten Wert stets zeitnah erkannt. Wenn anschließend die Abweichungsursachen ermittelt werden, können zeitnah Gegenmaßnahmen eingeleitet werden, damit die Kanzlei die definierten Ziele doch noch erreicht.
Kennzahlensystem
Kennzahl |
Plan-Zahl |
Ist-Zahl |
Abweichung |
Branchendurchschnitt |
Branchen-Top-Wert |
Umsatz |
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Gewinn |
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Gewinn pro Inhaber |
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Umsatzrendite |
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Personalkostenquote |
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Umsatz pro Mitarbeiter |
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Anzahl der Mitarbeiter |
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Autor: Dr. Andreas Nagel, Ste...