Dr. Andreas Nagel, Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Zusammenfassung
Die meisten von Ihnen sind zeitlich stark in das Tagesgeschäft der Kanzlei eingebunden. Dennoch sollten einige wichtige "Chefaufgaben" im Berufsalltag nicht völlig in Vergessenheit geraten. Herr Dr. Nagel hat 5 Aufgaben identifiziert, die nicht delegierbar sind: Marktentwicklung beobachten, Strategie festlegen, Jahresziele definieren, Kanzleientwicklung überwachen, Mitarbeiter führen. Wie Sie diese Aufgaben in Ihren eng getakteten Kanzleialltag integrieren, lesen Sie in seinem Beitrag.
1 Kanzleimanagement: Wichtige Chefaufgaben neben dem Tagesgeschäft erledigen
Zu den "Chefaufgaben" gehören alle unternehmerischen Tätigkeiten, die Sie als Kanzleiinhaber nur persönlich erledigen können, weil diese Aufgaben nicht auf Mitarbeiter delegierbar sind. Meist handelt es sich um Aufgaben, die zeitlich zwar nicht besonders dringend sind, jedoch für den dauerhaften Erfolg der Kanzlei eine besondere Bedeutung haben.
Aufgabe 1: Marktentwicklung beobachten
Informieren Sie sich regelmäßig über neue Trends und Entwicklungen in der Steuerberatungsbranche. Dazu können Sie Branchenstudien der Berufsverbände nutzen oder regelmäßig die einschlägigen Branchenzeitschriften auswerten. Beobachten Sie außerdem die aktuellen Aktivitäten Ihrer Mitbewerber vor Ort, z. B. Umfang des Leistungsangebots, Anzeigen in der Regionalpresse, Homepage und Social-Media-Aktivitäten. Auf diese Weise erkennen Sie individuelle Stärken und Schwächen der eigenen Kanzlei gegenüber anderen Anbietern.
Aufgabe 2: Strategie festlegen
Mit den Erkenntnissen aus der Markt- und Konkurrenzanalyse sollten Sie im nächsten Schritt folgende Fragen beantworten:
- Wird meine Kanzlei mit dem derzeitigen Dienstleistungsangebot auch in den kommenden 3 – 5 Jahren wettbewerbsfähig sein, oder sind Trends erkennbar, auf die ich reagieren muss?
- Wie soll meine Kanzlei in 3 – 5 Jahren aussehen?
- Was unterscheidet meine Kanzlei von den Mitbewerbern vor Ort?
- Warum sollten sich potenzielle Mandanten für meine Kanzlei entscheiden und nicht für einen Mitbewerber?
Aufgabe 3: Jahresziele definieren
Im nächsten Schritt geht es darum, konkrete Ziele für die nächsten 12 Monate zu definieren. Die wichtigsten Planungsbereiche sind in den meisten Fällen Umsatz, Kosten und Gewinn sowie die Bereiche Marketing, Arbeitsabläufe, Digitalisierung sowie Mitarbeitersuche und Mitarbeiterführung. Formulieren Sie Ihre Ziele und Maßnahmen für diese Bereiche so konkret und messbar wie möglich, damit die Zielerreichung eindeutig gemessen und überprüft werden kann.
"Wir wollen mehr Mandanten gewinnen." ist ein ungenauer Wunsch. "Wir wollen die Mandantenzahl in den kommenden 12 Monaten um 10 % steigern." ist dagegen ein messbares Ziel.
Bestimmen Sie für jede Maßnahme einen Termin, den Zeitbedarf und eine für die Umsetzung verantwortliche Person.
Wer macht was bis wann?
Idealerweise steht am Ende des Planungsprozesses ein Aktionsplan, der für jedes Ziel bzw. für jede Maßnahme die Frage beantwortet: Wer macht was bis wann?
Aufgabe 4: Kanzleientwicklung überwachen
Überwachen Sie die wirtschaftliche Entwicklung Ihrer Kanzlei zeitnah und regelmäßig. Legen Sie einen monatlichen Termin fest, an dem Sie sich ungestört mit den Zahlen Ihrer Kanzlei beschäftigen. Fragen Sie sich 1-mal pro Monat:
- Wie waren Umsatz, Kosten, Gewinn und Liquidität des zurückliegenden Monats im Vergleich zu den Vormonaten bzw. zum Vorjahr?
- Wie können Umsatz und Gewinn gesteigert und Kosten gesenkt werden?
- Wie entwickeln sich wichtige Kanzleikennzahlen?
Durch diesen monatlichen Termin entwickeln Sie regelmäßig neue Ideen zur weiteren Verbesserung der Kanzlei.
Aufgabe 5: Mitarbeiter führen
Zu den Chefaufgaben gehört auch die Regelung von Zuständigkeiten und Arbeitsabläufen in der Kanzlei. Prüfen Sie in regelmäßigen Abständen, ob alle Aufgaben innerhalb des Teams optimal verteilt sind und ob Sie eigene Tätigkeiten stärker delegieren können.
Dauerhaft Zeit sparen
Die Zeit, die Sie einmalig für die Delegation oder für die Einarbeitung eines Mitarbeiters investieren, sparen Sie danach dauerhaft zugunsten wichtigerer Aufgaben ein.
In Zeiten des Fachkräftemangels ist es außerdem wichtig, ein attraktives Arbeitsumfeld zu schaffen. Fragen Sie sich doch einmal: "Warum sollte ein Bewerber sich ausgerechnet für meine Kanzlei entscheiden und nicht für einen anderen Arbeitgeber?"
Nehmen Sie sich zur regelmäßigen Beobachtung und Verbesserung des Betriebsklimas wöchentlich 15 – 30 Minuten Zeit und fragen Sie sich in dieser Zeit ganz bewusst: Was läuft gut? Was läuft schlecht? Was verursacht den Mitarbeitern den größten Stress und was kann man dagegen tun? Wer ist überfordert? Wer braucht Unterstützung? Was kann ich generell für mein Team und für ein gutes Betriebsklima tun?
Auch wenn Sie für diese Fragen wöchentlich nur 15 – 30 Minuten Zeit verwenden, werden Sie vermutlich immer wieder gute Ideen zur Mitarbeitermotivation und zur Mitarbeiterbindung haben.
Ihr Jahresplan für Chefaufgaben
Mit einem schriftlichen "Jahresplan für Chefaufgaben" stellen Sie sicher, dass diese wichtigen Tätigkeiten nicht wieder in Vergessenheit geraten. Erste...