In § 628 BGB ist geregelt, dass ein auf Basis eines Dienstvertrags geschlossenes Vertragsverhältnis grundsätzlich gekündigt werden kann, und dass der Dienstverpflichtete seine bisher erbrachten Leistungen einfordern kann. § 628 BGB regelt außerdem die finanzielle Abwicklung von außerordentlich gekündigten bzw. auf andere Weise vorzeitig beendigten Dienstverhältnissen. In den Fällen der außerordentlichen Kündigung wirkt diese nach allgemeinem Grundsatz für die Zukunft, sodass die vor der Kündigung erbrachten Teilleistungen (anteilig) zu vergüten sind.

Nach § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB muss der Dienstverpflichtete eine Kürzung seiner verdienten Teilvergütung hinnehmen, wenn er das Dienstverhältnis, ohne durch ein vertragswidriges Verhalten des Dienstberechtigten veranlasst worden zu sein, kündigt oder er selbst zur Kündigung aufgrund vertragswidrigen Verhaltens Anlass gibt, und der Dienstberechtigte an der erbrachten Teilleistung kein Interesse mehr hat.

Liegt der Tatbestand der Kündigung auf Basis einer solchen vertragswidrigen Verhaltensweise vor, entfällt für den Dienstverpflichteten der Anspruch auf Vergütung für den Teil der erbrachten Leistung, deren Wert für die von der Kündigung betroffene Partei nicht mehr vorhanden ist. Der BGH (Urteil v. 7.3.2019, IX ZR 221/18) hatte sich mit diesen Problematiken auseinanderzusetzen.

Der Kläger (Rechtsanwalt) wurde von der Beklagten am 7.10.2014 beauftragt, zwei Vertragsentwürfe zu fertigen, im Rahmen derer die Beklagte zwei ihr gehörende Grundstücke im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf ihre Kinder übertragen wollte. Der Beklagten sollte ein lebenslänglicher Nießbrauch eingeräumt werden.

Mit Schreiben vom 10.10.2014 kündigte die Beklagte den mit dem Rechtsanwalt geschlossenen Vertrag mit der Begründung, sie benötige noch Bedenkzeit und wolle die Häuser in ihrem Wert noch schätzen lassen. Mit Schreiben vom 13.10.2014 übersandte der klagende Rechtsanwalt der Beklagten zwei Vertragsentwürfe, die er im Zeitraum vor Zugang der Kündigung als "erste grobe Entwürfe" gefertigt hatte, nebst zwei Kostenrechnungen.

Die Beklagte berief sich darauf, dass eine Vergütungspflicht nicht indiziert sei, da der Ausarbeitung beider Verträge eine steuerschädliche Vertragsgestaltung zugrunde liege.

Sowohl das Landgericht als auch das Berufungsgericht wiesen die Klage ab. Das Berufungsgericht verwies im Rahmen der Klageabweisung auf § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB und den damit verbundenen Wegfall des Vergütungsanspruchs des Klägers. Die Beklagte habe das Mandat gekündigt und habe an der Leistung des Klägers keinerlei Interesse mehr, da die Arbeiten wirtschaftlich nicht verwertbar wären. Zudem verwies das Gericht auf die Tatsache, dass die Beklagte einen neuen Rechtsanwalt beauftragen müsse, der eine anwaltliche Gebühr in gleicher Höhe einfordern würde. Zudem sah es das Gericht als erwiesen an, dass es sich bei den von der klagenden Partei ausgearbeiteten Vertragsentwürfen um steuerschädliche Vertragsgestaltungen handeln würde. Somit sei § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB anzuwenden.

Entgegen der Rechtsauffassung sämtlicher in Vorinstanz mit der Sache betrauter Gerichte sah der BGH den Sachverhalt grundlegend anders.

 
Hinweis

Werkvertrag liegt vor

Der BGH trennt klar zwischen dem Rechtsanwaltsvertrag als Geschäftsbesorgungsvertrag und dem als Werkvertrag. Liegt eine Rechtsauskunft zu einer konkreten Frage vor oder liegt dem Vertrag die Ausarbeitung eines schriftlichen Rechtsgutachtens zugrunde, indiziert dies einen Werkvertrag.

In der vom Kläger zu erbringenden Leistung sah der BGH einen Dienstvertrag, da der Rechtsanwalt sich vertraglich dazu verpflichtet hatte, zwei Verträge anzufertigen, ohne konkret objektivierbaren Erfolg. Zudem schulde der Rechtsanwalt neben den beiden zu erbringenden Vertragsentwürfen in erster Linie die Beratung in Angelegenheiten der vorweggenommenen Erbfolge. In Gesamtschau liege somit ein Dienstvertrag und kein Werkvertrag vor. Die Beratungsleistung sei hier als das prägende Hauptmerkmal anzusehen.

Die Kündigung in Anlehnung an § 327 Abs. 1 BGB sei wirksam, da die vom Rechtsanwalt zu erbringenden Leistungen grundsätzlich als Dienste höherer Art anzusehen seien. Daher war es jederzeit möglich, den erteilten Auftrag ohne Angabe von Gründen mit sofortiger Wirkung zu kündigen.

In Konsequenz sei somit auch § 628 Abs. 1 Satz 1 BGB als einschlägig zu betrachten, auf dessen Grundlage der Rechtsanwalt dazu berechtigt ist, den Teil seiner Vergütung einzufordern, welcher der bis zur Kündigung erbrachten Leistung entspricht. Dieser Vergütungsanspruch beginnt aber nicht bereits mit Vertragsabschluss, sondern mit dem ersten Tätigwerden des Rechtsanwalts.

Ein Ausnahmetatbestand des § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB liege entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts nicht vor. Der BGH verwies zudem darauf, dass die schriftliche Vertragskündigung nicht mit der fehlerhaften Ausgestaltung der Vertragsentwürfe begründet worden sei, sondern mit der Aussage, die Beklagte benötige noch Zeit und müsse den Wert der Häuser noch...

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