Zum 1.7.2020 hat sich die StBVV geändert. Sie verweist zum Teil auf das RVG, in dem die Gebühren ab dem 1.1.2021 um ca. 10 % erhöht worden sind. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf das Antrags- und Einspruchsverfahren.

4. Vorangehendes Antragsverfahren (§ 23 StBVV)

In § 23 StBVV ist überwiegend von Anträgen und von der Berichtigung einer Erklärung die Rede.

Die Ablehnung eines Antrags oder einer Berichtigung verbunden mit einem Einspruch ist hingegen die klassische Situation des Nachprüfungsverfahrens und damit der Anrechnung. Für eine Tätigkeit nach § 23 StBVV entsteht rein formal keine Geschäftsgebühr, sondern eine Antragsgebühr bzw. Berichtigungsgebühr. Sinngemäß handelt es sich um ein Verwaltungsverfahren, das der Nachprüfung eines Verwaltungsakts dient. Es ist daher eher davon auszugehen, dass die Rechtsprechung eine Anrechnung vornehmen wird, zumindest analog.

 
Praxis-Beispiel

Antrag auf Anpassung der Einkommensteuervorauszahlungen

Antrag auf Anpassung der Einkommensteuervorauszahlungen für 2021 von 10.000 EUR auf 4.000 EUR. Das Finanzamt lehnt ab, Einspruch wird eingelegt. Streitwert also 6.000 EUR (der Solidaritätszuschlag wird aus Vereinfachungsgründen nicht berücksichtigt).

Lösung: Abrechnung (nach § 9 StBVV)

Antrag auf Anpassung der Vorauszahlung

Gegenstandswert: 6.000 EUR

Antragsgebühr: § 23 Satz 1 Nr. 3 StBVV

Gebührensatz 5/10 ("Mittelsatz") nach Tabelle A

Betrag (netto): 507 EUR

Anrechnung: 2,5/10 = 0,25

etc.

Es findet also eine Anrechnung nach RVG nach den Streitwerten des RVG für eine Leistung nach der „Beratungstabelle der StBVV statt. Dies stellt einen gewissen Systembruch dar. Es handelt sich aber bei einem solchen Rechtsbehelfsverfahren gegen Einzeltätigkeiten nach § 23 StBVV um ein weiteres Verwaltungsverfahren, das der Nachprüfung eines Verwaltungsakts dient. Vom Gesetzgeber wurde dies auskunftsgemäß nicht bedacht.

5. Grenze wegen vorangehender Besprechungs„gebühr (§§ 40 Abs. 6, 31 StBVV a. F.)

Eine Besprechung, die eine Gebühr nach§ 31 StBVV auslöst, stellt eine Leistung i. S. d. Betreibens eines Geschäfts dar. Aus der Sicht des RVG fällt für eine Besprechung eine Geschäftsgebühr an, keine Besprechungsgebühr (diese wurde abgeschafft). Allerdings ist die Besprechung kein Verwaltungsakt. Eine Anrechnung findet daher nicht statt.

6. Antrag auf Aussetzung der Vollziehung vor einer Behörde

Der Antrag war bis zur Änderung der StBVV in § 40 Abs. 7 StBVV a. F. geregelt: "Das Verwaltungsverfahren auf Aussetzung der Vollziehung oder auf Beseitigung der aufschiebenden oder hemmenden Wirkung ist zusammen mit dem Verfahren nach Abs. 1 eine Angelegenheit."

Nunmehr ergibt sich die gebührenrechtliche Behandlung aus § 16 Nr. 1 RVG: "Dieselbe Angelegenheit sind das Verwaltungsverfahren auf Aussetzung oder Anordnung der sofortigen Vollziehung sowie … und jedes Verwaltungsverfahren auf Abänderung oder Aufhebung in den genannten Fällen".

Die Regelungen sind inhaltsgleich.

7. Erledigung der Angelegenheit (§ 40 Abs. 8 StBVV a. F.)

Nach dieser Regelung rechnete der Steuerberater eine Gebühr von 10/10 nach Tabelle E ab.

Nach dem RVG entsteht eine höhere Erledigungsgebühr mit einem Gebührensatz von 1,5 nach VV-Nr. 1002 nach den Streitwerten gem. Anlage 2 zu § 13 Abs. 1 Satz 3 RVG: "Erledigungsgebühr soweit nicht Nummer 1005 gilt, entsteht, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt. Das Gleiche gilt, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts erledigt, soweit nicht Nummer 1005 gilt ..."

VV-Nr. 1005 befasst sich mit sozialrechtlichen „Angelegenheiten.

Der Begriff der "Erledigung" ist gleichgeblieben.

8. Auslagen im Rechtsbehelfsverfahren

Diese richten sich auch nach dem RVG – wie im „Klageverfahren. Sie sind in Teil 7 des Vergütungs„verzeichnisses zum RVG aufgeführt.

9. Ergänzung: Anrechnung im Klageverfahren

Nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 Vergütungsverzeichnis findet im Klagefall eine Anrechnung der Geschäftsgebühr aus dem Rechtsbehelfsverfahren auf das Klageverfahren in Höhe der Hälfte, aber maximal 0,75, statt. Die Regelung entspricht insofern der Regelung zur Anrechnung im Rechtsbehelfsverfahren auf das vorangegangene Verwaltungsverfahren.

Im RVG neu geregelt ist nunmehr die Situation der Mehrfachabrechnung, also Antragsverfahren, Einspruchsverfahren, Klageverfahren. Eine Anrechnung findet nur einmal statt, und zwar für die zuletzt entstandene Gebühr nach dem Wert, der Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist. Die Anrechnung bezieht sich also in einem solchen Fall auf die Geschäftsgebühr im Rechtsbehelfsverfahren, und zwar nach dem Gegenstandswert im gerichtlichen Verfahren (Vorbemerkung 3, Abs. 4, Satz 3, 4).

10. mehrere Auftraggeber

Für das Rechtsbehelfsverfahren wie das Klageverfahren gilt die Regelung der VV-Nr. 1008 RVG. Für jede weitere Person erhöht sich die Geschäftsgebühr bzw. im Klageverfahren die Verfahrensgebühr um 0,3, maximal jedoch um 2,0....

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