Dipl.-Finanzwirt Werner Becker, Jürgen Berners
Frage:
Ein Testamentsvollstrecker ist an uns mit der Frage um Auskunft herangetreten. Die Verstorbene war bei uns bis zu ihrem Tod Mandantin. Die Beauftragung hatten wir von ihrer Betreuerin erhalten. Der Auftrag ist mit dem Sterbedatum erloschen. Können Sie mir sagen, ob die Auskunftserteilung an den Testaments„vollstrecker abrechenbar ist und wenn ja, wie?
Antwort:
Vor der Frage zur Abrechnung eines Auskunftsersuchens steht die Frage, inwiefern Sie dem Testamentsvollstrecker überhaupt Auskünfte erteilen dürfen. Dies ist nicht ohne Weiteres der Fall.
Erblasser können in einem Testament oder einem Erbvertrag die Testamentsvollstreckung anordnen. Der Testamentsvollstrecker hat dann die letztwilligen Verfügungen des Erblassers auszuführen (§ 2203 BGB). Hierzu hat er gem. § 2205 BGB den Nachlass zu verwalten und ist insbesondere berechtigt, diesen in Besitz zu nehmen und über die Nachlassgegenstände zu verfügen.
Aufgabe des Testamentsvollstreckers ist lt. § 31 Abs. 5 ErbStG auch die Erstellung der Erbschaftsteuererklärung. Es ist also naheliegend, dass sich der Testamentsvollstrecker mit Fragen zum Umfang des Nachlasses, aber u. U. auch mit Fragen zu Vorerwerben i. S. v. § 14 ErbStG, an Sie wendet. Angesichts der im Mandatsverhältnis bestehenden Verschwiegenheitspflicht (§ 57 Abs. 1 StBerG, § 203 Abs. 1 StGB) müssen bzw. dürfen Sie dem Testamentsvollstrecker aber nicht "unbegrenzt" Informationen erteilen und Unterlagen herausgeben, sondern nur, soweit diese zum Nachlass gehören.
Zum Nachlass gehört der Herausgabeanspruch an den im Eigentum der (verstorbenen) Mandantin stehenden Unterlagen sowie an der Handakte. Unterlagen, die Ihnen als Steuerberaterin nicht in der Absicht der Eigentumsübertragung ausgehändigt wurden (z. B. Kontoauszüge, Buchungsbelege, Bilanzen) sind also grundsätzlich an den Testamentsvollstrecker herauszugeben, soweit die verstorbene Mandantin bzw. deren Betreuerin diese nicht bereits in Ur- oder Abschrift (wieder-)erhalten hat (§ 66 Abs. 3 StBerG).
Nicht herauszugeben sind hingegen Schriftstücke, die von der Mandantin für den Steuerberater bestimmt waren und solche, die Sie als Steuerberaterin für sich angefertigt haben, wie z. B. Notizen über persönliche Eindrücke und vertrauliche Hintergrundinformationen.
Der Umfang der Schweigepflicht ist unstreitig, solange ein durch die Schweigepflicht geschützter Mandant lebt. Bei Tod eines Mandanten treten im Wege der Rechtsnachfolge (§ 1922 BGB) grundsätzlich dessen Erben in die Rechte und Pflichten des Verstorbenen ein. Dies bedeutet mit Blick auf die Verschwiegenheitspflicht aber nicht, dass Erben auch berechtigt wären, zur Verschwiegenheit Verpflichtete von der Schweigepflicht zu entbinden. Die Schweigepflicht besteht grundsätzlich über den Tod des Mandanten hinaus, da es sich bei der Verfügungsbefugnis über "Geheimnisse" um ein höchstpersönliches Recht handelt, das nicht auf die Erben übergeht. Auch ein Testamentsvollstrecker kann solche höchstpersönlichen Rechte nicht wahrnehmen (Weidlich in: Palandt, BGB, 80. Aufl. 2021, § 2205, Rz. 4).
Dies bedeutet, dass Steuerberater grundsätzlich weder berechtigt noch verpflichtet sind, gegenüber den Erben oder einem Testamentsvollstrecker Auskünfte zu erteilen. Nur wenn Mandanten Sie zu Lebzeiten ausdrücklich von der Verschwiegenheitsverpflichtung entbunden haben, ist eine Auskunft über während des Mandats erfahrene Informationen ohne Weiteres möglich.
Sie dürfen aber dann Auskünfte erteilen, wenn Sie selbst zur Überzeugung gelangen, dass diese Entbindung von der Schweigepflicht im wohlverstandenen Interesse der Verstorbenen liegt. Das mutmaßliche Interesse der Verstorbenen ist hierbei für Sie einzig entscheidungserheblich (vgl. OLG München, Urteil v. 24.10.2018, 13 U 1223/15). Wenn Sie die Auskünfte erteilen – da Sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Einschätzung gelangen, dass dies im Interesse der Verstorbenen liegt – gibt es für die Honorierung der Auskunftserteilung keine Vorgabe in der StBVV. Sinnvoll scheint eine Honorarvereinbarung mit dem Testamentsvollstrecker über eine Abrechnung nach Zeitgebühr (§ 13 Satz 2 StBVV) oder – sofern der Aufwand eingeschätzt werden kann – mit einem Pauschalpreis.
Zusätzlich können Sie sich vom Testamentsvollstrecker mit der Erstellung der Erbschaftsteuererklärung beauftragen lassen, sofern diese erforderlich ist.
Autor: Simon Beyme, StB/Syndikus-RA/FA f. StR/ Ldw. Buchstelle, Geschäftsführer Steuerberaterverband Berlin-Brandenburg e. V., Berlin