Dipl.-Finanzwirt Werner Becker, Dr. Dario Arconada Valbuena
Selbstanzeigen nach § 371 AO sind ein Dauerbrenner. Viele Steuerberater haben sich jedoch wenig mit der gesetzlichen Vergütung im Rahmen einer strafbefreienden Selbstanzeige auseinandergesetzt. Dies hat zur Folge, dass häufig auf Vergütungsvereinbarungen nach § 4 StBVV zurückgegriffen wird, die im schlimmsten Fall der gerichtlichen Überprüfung nicht standhalten. Dabei werden neben Pauschalen, die schnell in 5-stelliger Höhe veranschlagt werden, häufig auch Stundensätze von bis zu 600 EUR zzgl. USt mit den Mandanten vereinbart. Daran wird deutlich, dass das Potenzial einer streitigen Auseinandersetzung mit dem Mandanten erheblich ist. Vor diesem Hintergrund gilt das Augenmerk der gesetzlichen Vergütung und den besonderen Regelungen des § 30 StBVV.
Gebührenrahmen machen das Gebührenrecht flexibel
Das Gebührenrecht ist durch die gesetzlich vorgesehenen Gebührenrahmen sehr flexibel. Es ist leistungsgerecht, da es die einzelnen Tätigkeiten des Steuerberaters entweder durch ausdrückliche Vorschriften oder durch weite Gebührenrahmen berücksichtigt.
Die jeweils angemessene Gebühr innerhalb der vorgegebenen Gebührenrahmen ist im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen zu bestimmen (§ 11 StBVV). Zusätzlich kann ein besonderes Haftungsrisiko des Steuerberaters bei der Bemessung herangezogen werden.
Der Gebührentatbestand
§ 30 StBVV bezieht sich auf die strafbefreiende Selbstanzeige nach § 371 AO für Tatbestände der Steuerhinterziehung nach § 370 AO und auf die bußgeldbefreiende Selbstanzeige nach § 378 Abs. 3 AO für Tatbestände leichtfertiger Steuerverkürzung nach § 378 Abs. 1 AO. Berichtigungen nach § 153 AO fallen nicht unter diese Vorschrift. Für diese gilt § 23 Satz 1 Nr. 1 StBVV.
Der Gegenstandswert
Der Gegenstandswert bestimmt sich nach der Summe der berichtigten, ergänzten oder nachgeholten Angaben. Dies sind die nachgemeldeten Einnahmen, und zwar getrennt nach Kalenderjahr und Steuerart. Die bereits erklärten Einnahmen sind bei der Bemessung des Gegenstandswerts nicht zu berücksichtigen (a. A. Berners, NWB 27/2014, S. 2036, 2037).
Besonderheiten beim Gegenstandswert nach § 30 StBVV
Grundsätzlich werden bei anderen Gebührentatbeständen der StBVV die Gegenstandswerte mehrerer Jahre zusammengerechnet (vgl. § 10 Abs. 2 StBVV).
Wann eine Differenzierung nach Angelegenheiten unterbleiben kann
Von dieser Zusammenrechnung werden praktisch bedeutsame Anwendungsfälle der §§ 24 –27, 30, 35 und 37 StBVV ausgenommen, was § 10 Abs. 2 StBVV ausdrücklich bestimmt.
Vor diesem Hintergrund kann bei einer Selbstanzeige, die über § 30 StBVV abzurechnen ist, eine – in anderen Fällen häufig schwierige – Differenzierung nach Angelegenheiten unterbleiben.
Hintergrund ist, dass in jedem Jahr eine Steuerstraftat (z. B. Hinterziehung der Einkommensteuer) begangen wurde. Diese Straftat muss der Steuerberater steuerrechtlich beurteilen und im Rahmen mehrerer Selbstanzeigen für mehrere Jahre, den korrekten Lebenssachverhalt dem Finanzamt anzeigen. Dabei müssen die Angaben zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart, mindestens aber zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart innerhalb der letzten 10 Kalenderjahre erfolgen. Es ergibt sich somit für jedes Kalenderjahr ein gesonderter Gegenstandswert. D. h. die Gegenstandswerte sind nicht zusammenzurechnen, sodass für jedes Kalenderjahr eine Gebühr nach § 30 StBVV anfällt.
Dem Mandanten kann die Gebühr nach § 30 StBVV für jedes Veranlagungsjahr nur einmal und nicht zweimal (z. B. für zwei Einkunftsarten nach § 2 Abs. 1 EStG) in Rechnung gestellt werden. Denn vom Grundsatz her orientiert sich § 30 Abs. 2 StBVV nach gemeldeten Einnahmen, und zwar getrennt nach Kalenderjahr und Steuerart. Dabei hat die gebührenrechtliche Betrachtung stets täterbezogen zu erfolgen. Entscheidend dabei ist auch, wer Steuerschuldner ist. So kann sich z. B. bei der Hinterziehung der Umsatzsteuer zugunsten einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine Besonderheit ergeben.
Mindestgegenstandswert
Der Gegenstandswert beträgt mindestens 8.000 EUR. Dieser Gegenstandswert gilt z. B. dann, wenn der Steuerpflichtige in einem Jahr Verluste oder nur einen geringen Gewinn unter 8.000 EUR erzielt hatte, egal, wie aufwendig die nachträgliche Ermittlung der Gewinne und Verluste war.
Gebührenrahmen
Für die Tätigkeit im Verfahren der Selbstanzeige (§§ 371, 378 Abs. 3 AO) einschließlich der Ermittlungen zur Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung der Angaben erhält der Steuerberater 10/10 bis 30/10 einer vollen Gebühr nach Tabelle A (Anlage 1). Die Mittelgebühr liegt bei 20/10. Der Mehraufwand kann nur beim Zehntelsatz berücksichtigt werden. Auch deshalb empfiehlt sich in diesen Fällen unter Umständen eine Vergütungsvereinbarung nach § 4 StBVV.
Gutachten der Rechtsanwaltskammer
Soweit die Höhe der Gebühr streitig ist, hat das Gericht ...