Dipl.-Finanzwirt Werner Becker, Simon Beyme
Eine Steuerberatungsgesellschaft erstellte für einen Mandanten Steuererklärungen und Jahresabschlüsse und stellte hierfür mehrere Rechnungen, u. a. im Januar 2012 über 916,30 EUR für "Steuerliche Beratung im Zusammenhang mit der Aufgabe eines Betriebes (steuerbegünstigter Aufgabegewinn) § 35 Abs. 3 StBGebV" im Zeitraum 2010. Die insofern erbrachten (Beratungs-)Leistungen fanden im Zeitraum April bis Juli 2011 statt.
Der Mandant bezahlte die Rechnung nicht, sondern bestritt die Leistung und deren ordnungsgemäße Abrechnung nach der StBGebV. Die Steuerberatungsgesellschaft habe vergessen, die bereits 2009 erfolgte Beratung zur Betriebsaufgabe in die Abrechnungen über die Steuererklärungen und den Jahresabschluss 2009 aufzunehmen und versuche nun, diese für den Zeitraum 2010 geltend zu machen. Im Übrigen handle es sich um keine Abschlussvorarbeiten, sondern um eine steuerliche Beratung, die nicht nach Zeit abgerechnet werden könne, sondern mit einer Wertgebühr.
Das Ganze landete vor dem Amtsgericht Bochum, vor dem die Steuerberatungsgesellschaft mit ihrer Forderung unterlag (AG Bochum, Urteil v. 8.7.2015, 42 C 98/14). Das AG Bochum führte aus, dass zwar nach der Beweisaufnahme feststand, dass auch noch 2011 Leistungen im Zusammenhang mit einem steuerbegünstigten Aufgabegewinn erbracht wurden. Die insofern erstellte Rechnung war aber nicht ordnungsgemäß i. S. v. § 9 Abs. 2 StBGebV (heute: StBVV), sodass kein einklagbarer Anspruch bestand. Diese Beratungsleistungen waren nicht nach § 35 Abs. 3 StBGebV (heute: StBVV) abrechenbar, der "Abschlussvorarbeiten" regelt.
Der vom AG Bochum eingeschaltete Sachverständige stellte fest, dass es sich "bei Arbeiten bezogen auf den steuerbegünstigten Aufgabegewinn niemals um Abschlussvorarbeiten handele. Vorarbeiten im Sinne des § 35 Abs. 3 StBGebV sind einfache Tätigkeiten, die üblicherweise von Steuerfachangestellten durchgeführt werden. Berichtigungen und Änderungen von Bilanzen, wozu auch die Berücksichtigung des steuerbegünstigten Aufgabegewinns gehöre, seien demgegenüber durch den Steuerberater selbst durchzuführen. Es handle sich auch insofern nicht um Vorarbeiten, als dass die Einarbeitung des steuerbegünstigten Aufgabegewinns eine zentrale Aufgabe bei der Erstellung des Jahresabschlusses darstellt." Das AG Bochum folgte diesen Ausführungen des Sachverständigen und wies die Honorarklage aus formalen Gründen ab.
Vorliegen von Vorarbeiten
Die Auffassung des AG Bochum bzw. des Sachverständigen deckt sich mit Kommentierungen zu § 35 Abs. 3 StBGebV/StBVV. Demnach liegen Vorarbeiten i. S. v. § 35 Abs. 3 StBVV typischerweise in Fällen vor, in denen Mandanten selbst buchen und Steuerberater nur den Jahresabschluss erstellen. Beispiele für Abschlussvorarbeiten sind: Erstellen der Summenbilanz aus den Konten, Erstellen von Kreditoren- und Debitorenlisten, Abstimmung der Debitoren- und Kreditorenkonten, Klärung von Abstimmungsdifferenzen im Bereich der Summenbilanz, des Kontokorrents, der Geldkonten sowie Anpassungsbuchungen (Feiter, StBVV eKommentar, § 35, Rz. 30, Stand: 15.1.2018).
Das Urteil des AG Bochum verdeutlicht, wie wichtig eine präzise Rechnungsstellung für Steuerberater ist. Die steuerliche Beratung im Zusammenhang mit der Aufgabe eines Betriebs (steuerbegünstigter Aufgabegewinn) kann nicht als solche abgerechnet werden. Abrechenbar ist die Ermittlung eines Aufgabegewinns mittels einer Aufgabebilanz, § 35 Abs. 1 Nr. 5 StBVV (Feiter, StBVV eKommentar, § 35, Rz. 30, Stand 15.1.2018). Die Beratung über den steuerbegünstigten Aufgabegewinn lässt sich auch durch den höheren Gegenstandswert (und einen ggf. höheren Zehntelsatz) bei Abrechnung der Einkommensteuererklärung (§ 24 Abs. 1 Nr. 1 StBVV) gebührenerhöhend "einpreisen".
Grundsätzlich hätte die Steuerberatungsgesellschaft die erstellte Rechnung insofern korrigieren bzw. ergänzen können. Im konkreten Fall war dies jedoch nicht (mehr) Erfolg versprechend, da zum Zeitpunkt der Gerichtsentscheidung die Rechnungsstellung für die erbrachte Leistung verjährt war. Die in Rechnung gestellten Leistungen waren 2011 erledigt und deren Vergütung somit fällig (§ 7 StBVV), sodass die allgemeine Verjährungsfrist von 3 Jahren (§ 195 BGB) Ende 2014 ablief.
Der Mandant hätte sich nach dem Urteil im Juli 2015 höchstwahrscheinlich auf diese Verjährung berufen. Die von der Steuerberatungsgesellschaft erbrachte Beratungsleistung blieb also nicht nur unhonoriert, vielmehr musste sie zusätzlich die (eigenen und fremden) Rechtsanwalts- und Gerichtskosten tragen.
Honorar sichern
Damit Steuerberater den Lohn ihrer Arbeit erhalten, ist folgendes zu empfehlen:
- Genaue Subsumtion der erbrachten Leistungen unter die Gebührentatbestände der StBVV mit entsprechender Zitierung.
- Zeitnahe Abrechnung, damit ggf. "vergessene" Gebühren ohne Verjährungsprobleme noch abgerechnet werden können.
Simon Beyme, StB/Syndikus-RA/FA f. StR., Geschäftsführer Steuerberaterverband Berlin-Brandenburg e. V., Berlin