Dipl.-Finanzwirt Werner Becker, Dr. Andreas Nagel
Wer als Steuerberater viel arbeitet oder häufig Überstunden macht, ist nicht unbedingt produktiver als seine Berufskollegen, wenn durch schlechte Arbeitsorganisation oder häufige Ablenkungen immer wieder wertvolle Arbeitszeit für die Mandatsbearbeitung verloren geht. Mit der richtigen Vorgehensweise und einigen einfachen Techniken kann die persönliche Produktivität gesteigert und die Zahl der abrechenbaren Stunden oft deutlich erhöht werden.
Starten Sie mit einer "Zeitinventur"
Analysieren Sie Ihren beruflichen Tagesablauf und suchen Sie nach den größten "Zeitfressern"und "Zeitreserven". Gibt es Tätigkeiten, die Sie reduzieren oder ganz weglassen können, ohne dass dies negative Konsequenzen hat? Gibt es Tätigkeiten, die sich rationeller und zeitsparender durchführen lassen? Manche Steuerberater stellen bei der Zeitinventur fest, dass nebensächliche Tätigkeiten und "Verwaltungsaufgaben" einen erheblichen Zeitanteil ausmachen: 2 Stunden pro Tag summieren sich bei einer 5-Tage-Woche bereits auf 10 Stunden pro Woche bzw. auf 40 Stunden pro Monat, die für abrechenbare Tätigkeiten nicht mehr zur Verfügung stehen.
Reservieren Sie störungsfreie Zeiten
Wenn Sie bei wichtigen Arbeiten ständig unterbrochen werden, verlängert sich meist die Bearbeitungszeit, weil Sie sich immer wieder in die Tätigkeit hineindenken müssen. Für Aufgaben, die Ihre volle Konzentration erfordern, sollten Sie daher mit dem Team störungsfreie Zeiten vereinbaren. Wenn Sie dafür täglich die gleiche Uhrzeit nutzen, gewöhnen sich Ihre Mitarbeitenden schnell daran, dass Sie erst nach Ablauf dieser Zeit wieder zu sprechen sind.
Lenken Sie sich in dieser "Produktivzeit" auch nicht selbst durch spontane Ideen ab. Halten Sie diese zunächst durch ein Stichwort schriftlich fest und beschäftigen Sie sich erst nach Abschluss Ihrer wichtigsten Aufgaben wieder damit.
Wenn Sie häufig durch unerwartete Aufgaben unterbrochen werden, kann Ihre eigene Aufgabenplanung dadurch schnell in Gefahr geraten. Übernehmen Sie unerwartete Aufgaben daher möglichst nur, wenn Sie die ursprünglich geplanten Aufgaben trotzdem erledigen können. Schlagen Sie anderenfalls einen späteren Alternativtermin für die Zusatzaufgabe vor. Wenn Sie Ihren Vorschlag nachvollziehbar und auf nette Weise begründen, wird Ihr Gesprächspartner meist Verständnis dafür haben.
Delegieren Sie Aufgaben
Prüfen Sie systematisch, ob es Aufgaben gibt, die Sie bisher gewohnheitsmäßig selbst erledigt haben, die aber auch von einer anderen Person übernommen werden könnten. Die Zeit, die Sie einmalig investieren, um diese Aufgabe zu erklären, sparen Sie anschließend dauerhaft ein.
Telefonieren Sie zeitsparend
Legen Sie vor Beginn Ihrer beruflichen Telefonate fest, welche Punkte Sie besprechen wollen. Vermeiden Sie, dass Ihr Gesprächspartner das Telefonat gegen Ihren Willen in ein längeres Gespräch über das Wetter, Urlaubspläne, etc. ausweitet. Legen Sie sich bei Bedarf einige Redewendungen zurecht, durch die Sie das Gespräch mit "Dauerrednern" auf höfliche Weise beenden können.
Bearbeiten Sie E-Mails rationell
Schalten Sie das E-Mail-Eingangssignal an PC und Handy aus, wenn Sie nicht ständig durch eingehende E-Mails abgelenkt werden wollen. Bearbeiten Sie Ihre E-Mails gebündelt, am besten zu festen Zeiten (je nach E-Mail-Aufkommen 1- bis 3-mal pro Tag). Bearbeiten Sie jede E-Mail möglichst sofort nach dem Lesen, denn sonst müssen Sie sich mit dieser E-Mail später erneut befassen. Entscheiden Sie immer sofort, was mit der E-Mail passieren soll (Papierkorb, Ablage, Wiedervorlage, sofortige Bearbeitung). Missbrauchen Sie Ihren E-Mail-Eingangskorb nicht als Ablage, sondern schaffen Sie eine übersichtliche Ablagestruktur, damit der Eingangskorb nach der Bearbeitung leer ist.
Optimieren Sie interne Arbeitsabläufe
Stellen Sie Ihre derzeitige Arbeitsweise bewusst und selbstkritisch auf den Prüfstand. Fragen Sie sich: "Ist das wirklich der schnellste und einfachste Weg, diese Tätigkeit in guter Qualität zu erledigen – oder gibt es eine effizientere Vorgehensweise?" Vielleicht lassen sich Arbeitsschritte zusammenfassen oder vereinfachen und so Bearbeitungszeiten reduzieren. Bei der Verbesserung von Arbeitsabläufen sind Checklisten oft ein sinnvolles Hilfsmittel: Ein Vergessen einzelner Arbeitsschritte wird vermieden, die Fehlerquote verringert sich und ein zeitaufwendiges "Nachbessern" von Fehlern entfällt.
Autor: Dr. Andreas Nagel, Steuerberater, Neustadt