Fünf Tipps für mehr Produktivität
An der Tagebuchstudie "Kosten von Arbeitsunterbrechungen für deutsche Unternehmen. Auswirkungen von Fragmentierung auf Produktivität und Stressentwicklung" haben zwischen Dezember 2021 und Februar 2022 637 Beschäftigte aus 25 Unternehmen in zwölf Branchen mit dem Schwerpunkt Wissensarbeit teilgenommen. Die Befragung wurde von der Next Work Innovation UG mittels eines Online-Fragebogens und einer webbasierten Tagebuch-App durchgeführt.
E-Mails, die "Hauptfragmentierer"
Laut Studienergebnis kommt es in unserem Arbeitsalltag zu rund 15 Unterbrechungen pro Stunde. Vor allem E-Mails sind dafür verantwortlich – obwohl alle an der Studie beteiligten Unternehmen einen hohe Digitalisierungsgrad aufweisen. Das führt in der Summe zu einem Zeitverlust von drei vollen Tagen pro Monat auch deshalb, weil das Gehirn nach jeder Unterbrechung zusätzlich eine Re-Fokussierungszeit braucht.
Meetings, die keiner braucht
Legt man eine 40-Stunden-Woche zugrunde, verbringen Arbeitnehmende 1,5 Tage pro Woche in Meetings, von denen sie 35 Prozent für irrelevant halten. Das ergibt immerhin zwei volle Tage verlorener Zeit pro Monat und Beschäftigtem und kostet die deutschen Unternehmen rund 56 Milliarden Euro pro Jahr.
Informationsüberflutung und Fragmentierung als digitale Stressoren
Um möglichst viel erledigen zu können, wechseln Beschäftigte häufig in den Multitasking-Modus. Allerdings ist das menschliche Gehirn gar nicht dafür gemacht, zwei oder mehr konzentrationsbedürftige Inhalte parallel zu bearbeiten, da es nur über zwei Arbeitsspeicher verfügt, zwischen denen es schnell hin- und herwechselt. Die Folge: Wir meinen, wir würden zwei Themen zugleich bearbeiten, machen aber nur mehr Fehler und haben mehr Stress. Auf der Strecke bleiben dabei wichtige kognitive Kompetenzen wie Fehlererkennung und Entscheidungsfindung – beides Fähigkeiten, die wir für jede Art qualifizierter Arbeit brauchen. Aber auch emotionale Ausgeglichenheit und Impulskontrolle bleiben auf der Strecke.
Menschen und ihre Grenzen
Während Online-Meetings mit mehreren Teilnehmenden verbraucht unser Gehirn extrem viel Energie, da es die Körpersprache aller Anwesenden gleichzeitig zu lesen versucht. Diese Reizüberflutung führt zu einem besonderen Erschöpfungssyndrom, der sogenannten Zoom-Fatigue.
Je mehr Technik, umso größer die Erschöpfung
Die Tagebuchstudie hat Folgendes ergeben: Je mehr digitale Tools Beschäftigte verwenden, desto wahrscheinlicher ist es auch, dass sie durch ebendiese Tools immer wieder unterbrochen oder dazu verleitet werden, mehrere Aufgaben parallel zu bearbeiten. Wir müssen uns also auch von der Idee verabschieden, dass uns mehr digitale Tools automatisch produktiver machen.
Weniger Arbeitsunterbrechungen, mehr produktive Arbeitszeit
Wir müssen Arbeit gehirngerecht gestalten, um produktiver und gleichzeitig weniger gestresst zu sein – das dient sowohl den Unternehmen als auch den Beschäftigten.
1. Fokuszeit im gesamten Unternehmen!
Die Einführung einer Fokuszeit für das gesamte Unternehmen – von den Führungskräften bis zu den Beschäftigten – stellt die wichtigste Maßnahme zum produktiven Arbeiten im digitalen Zeitalter dar. In der Fokuszeit werden alle konzentrationsbedürftigen Aufgaben störungsfrei bearbeitet. Was in der Fokuszeit bearbeitet wird, bleibt jedem selbst überlassen. Wichtig ist nur, dass alle im Singletasking-Modus arbeiten können. Die Fokuszeit legt man idealerweise auf den Vormittag, denn zu dieser Zeit ist der Cortisolspiegel bei den allermeisten Menschen am höchsten. Studien bestätigen zudem, dass Meetings am Vormittag messbar unproduktiver sind, weil die Beschäftigten versuchen, während dieser Zeit wichtige Aufgaben zu erledigen.
2. Weniger, dafür passende digitale Tools!
Es ist nicht die Menge an Tools, die uns produktiver macht – im Gegenteil, wie die Studie ausweisen konnte. Es geht um den zielgerichteten und intelligenten Einsatz von Technik. Gleichzeitig sollte festgelegt werden, über welche Kanäle die synchrone beziehungsweise die asynchrone Kommunikation geführt wird.
3. Radikale Meeting-Inventur!
Unnötige Meetings frustrieren und demotivieren, das ist empirisch belegt. Da hilft nur eine radikale Meeting-Inventur. Und falls Sie nun an die Einführung von Meeting-Regeln denken, empfehlen wir dringend, diese nicht isoliert einzuführen, sondern als integralen Bestandteil eines Gesamtkonzepts für die Zusammenarbeit. Denn die Meeting-Problematik liegt auf der Symptom- und nicht auf der Ursachenebene. Nur ein Gesamtkonzept ermöglicht es, die Wertschöpfung insgesamt gehirngerechter zu gestalten.
4. Fokussierung der Initiativen!
Viele Unternehmen starten mehrere Veränderungsprozesse parallel, wie zum Beispiel Leitbildprozesse, agile Führung, New Work, digitale Transformation, Werteprozesse oder ein betriebliches Gesundheitsmanagement, um nur einige zu nennen. Das spaltet den Fokus und nimmt damit die Energie, zumal diese Prozesse oftmals nicht in ein Gesamtkonzept integriert sind. Ihnen fehlt der rote Faden. Der Erfolg liegt daher in der Reduzierung und Fokussierung dieser Initiativen sowie ihrer strategischen Verknüpfung.
5. Vereinbarte Pausen, und zwar draußen!
Pausen sind Gehirnarbeitszeit. In diesen Phasen lernt, vernetzt und regeneriert sich das Gehirn. Deutschland hat eine mangelhafte Pausenkultur, was sich in der hybriden Arbeitswelt nicht gebessert hat – im Gegenteil. Und selbst wenn Pausen genommen werden, lässt der nahezu automatisierte Griff zum Smartphone das Gehirn im digitalen Stressmodus verharren. Wir brauchen eine klare kollektive Vereinbarung auf Teamebene für Nichterreichbarkeit und Pausen, die wirklich Pausen sind. Also: Keine digitalen Medien und stattdessen spazieren gehen, am besten draußen in der Natur.
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