Prof. Dr. Ronald Gleich, Manfred Blachfellner
Während in den Phasen 1 und 2 der oben skizzierten Entwicklungslinie bezüglich Servitization in der Regel das (oder leicht um Dienstleistungsaspekte ergänzte) klassische Industriecontrolling Anwendung findet, stellen sich für die Geschäftsmodelle der Phasen 3 und 4 neue Herausforderungen und Aufgabenfelder für das Controlling. Dieses wird zunehmend zu einem Dienstleistungscontrolling mit angehängtem Produktcontrolling. Das hat Auswirkungen auf die Kernprozesse des Controllings sowie die jeweils eingesetzten Instrumente. Es geht zum einen um das Controlling der Transformation (also die Planung und Steuerung der Prozesse, um sich von Phase zu Phase weiterzuentwickeln) und das eigentliche phasenbezogene Controlling (z. B. das Controlling eines "Full-Service-Dienstleisters"). Im weiteren Verlauf des Buches wird hieraus in Bezug auf sechs Kernprozesse des Controllings, orientiert am IGC-Prozessmodell, noch ausführlich eingegangen. Abb. 7 fasst die ersten Überlegungen zusammen.
Abb. 7: Die Verknüpfung von Sach- und Dienstleistungen führt zu neuen Aufgaben im Controlling
Ein einfaches Beispiel soll veranschaulichen, was ein neues servicebezogenes Geschäftsmodell im Sinne der Servitization-Phase 3 oder 4 für das Controlling bedeutet: Ein Hersteller von Waschmaschinen entscheidet sich dazu seine Produkte zukünftig nicht nur zu verkaufen, sondern auch zu vermieten. Hierzu werden verschiedene Modelle entwickelt, u. a. auch ein Modell, das die Nutzung der Kundendaten vorsieht. Tab. 2 zeigt anhand der sechs Aspekte
- "Neue Geschäftsmodelle planen und steuern",
- "Änderungen im Liquiditätsfluss",
- "Preiskalkulation",
- "Änderungen im Preismodell",
- "Analyse- und Reporting-Instrumente" und
- "Buchhaltung"
auf, wie die Auswirkungen der Servitization auf das Controlling aussehen könnten und wie das Controlling reagieren sollte bzw. seine Tools und Prozesse im Vergleich zum klassischen Geschäftsmodell „Produkt-Hersteller“ anzupassen hat.
Case: Vom Verkauf von Waschmaschinen zur deren optionalen Vermietung sowie der Nutzung von Kundendaten |
Neue Geschäftsmodelle planen und steuern Neu entwickelte Ideen können durch die Nutzung der Kundendaten entstehen oder durch die Kombination von Angeboten (Waschmaschine und Waschmittel). Dies erfordert ein angepasstes Controlling-Toolset. |
Änderungen im Preismodell Neben Herstellkosten und einem Margenaufschlag spielen nun zusätzliche oder andere Aspekte eine Rolle (bspw. Maschine bleibt im Anlagevermögen des Herstellers, nutzungsabhängige Mietmodelle). Kalkulationen müssen angepasst werden. |
Änderungen im Liquiditätsfluss Mieterträge werden zukünftig in Zeitabschnitten bezahlt statt eines einmaligen Kaufpreises. Dies erfordert neue Ansätze in derLiquiditätsplanung. |
Analyse- und Reporting-Instrumente Verfügbarkeit von Daten verändert die Analyse und deren Parameter. So kommen statt aggregierter Daten, viele (evtl. sehr detaillierte) Daten rein. Somit muss ein anderes Analyse- und Reporting-Instrument entwickelt werden. |
Preiskalkulation Neue Geschäftspartner können mit Kundendaten arbeiten und neue Angebote entstehen lassen. Sowohl das Marketing als auch die Preiskalkulation müssen umdenken und über Preise für (anonymisierte) Daten zum Weiterverkauf nachdenken. |
Buchhaltung Auch diese muss sich andere Vorgehensweisen überlegen. Wie wird mit einem Forderungsmanagement umgegangen? Was ist der (Zeit-)Wert der Maschinen? Sind unterschiedliche Abschreibungsläufe zu planen? Etc. |
Tab. 2: Beispiel, wie Servitization ein Geschäftsmodell ändert und sich auch auf das Controlling auswirkt