Nichterhebungsvorschriften: Die §§ 5 und 6 GrEStG sind Vergünstigungsvorschriften, die in Bezug auf die Übertragung von einer Gesamthand respektive auf eine Gesamthand eine Nichterhebung der Grunderwerbsteuer anordnen. Aus grunderwerbsteuerlicher Sicht führt die Übertragung eines Grundstücks von einem Gesellschafter auf eine Personengesellschaft, an der er beteiligt ist, zu einem grunderwerbsteuerbaren Vorgang i.S.d. § 1 GrEStG, da die Personengesellschaft im Grunderwerbsteuerrecht als eigener Rechtsträger qualifiziert. Dasselbe gilt für den umgekehrten Fall der Übertragung von der Personengesellschaft an einen beteiligten Gesellschafter. Die Nichterhebungsvorschriften der §§ 5 und § 6 GrEStG korrigieren damit die durch den Rechtsträgerwechsel implizierte Grunderwerbsteuerbarkeit und weisen dazu den Gesamthändern – zur Vermeidung von Härten – ideelle Bruchteile zu, die sie nach zivilrechtlichen Grundsätzen nicht haben.
Zu den Gesamthandsgemeinschaften i.S.d. Vorschriften gehören die Personenhandelsgesellschaften, die Partnerschaftsgesellschaften, die GbR, die Erbengemeinschaften sowie die (fortgesetzten) Gütergemeinschaften und ausländische Gesellschaften, die nach dem Rechtstypenvergleich einer inländischen Gesamthandsgemeinschaft entsprechen.
Personengesellschaft im Grunderwerbsteuerrecht = eigener Rechtsträger: Grunderwerbsteuerlich gilt die Personengesellschaft mithin als selbständiger Rechtsträger, was de lege lata jedoch außer Acht lässt, dass es sich bei Gesamthandsgemeinschaften – im Gegensatz zu juristischen Personen – nicht um rechtlich verselbständigte Vermögensmassen handelt.
Werden durch rechtliche Verselbständigung die Nichterhebungsvorschriften ausgeschlossen? Fraglich ist nunmehr, ob durch die rechtliche Verselbständigung in § 713 BGB n.F. die Inanspruchnahme der Nichterhebungsvorschriften der §§ 5, 6 GrEStG ab 2024 ausgeschlossen wird.
Hierzu wird einerseits die Auffassung vertreten, dass §§ 5, 6 GrEStG durch das MoPeG nicht tangiert würden, da bereits heute wirtschaftliche Wertungen die zivilrechtliche Betrachtungsweise in der Grunderwerbsteuer überschreiben. Dennoch werde – so die Aussage der Vertreter der Finanzverwaltung – die Erforderlichkeit einer Anpassung der vorgenannten Vorschriften geprüft.
Finden §§ 5, 6 GrEStG künftig keine Anwendung mehr? Nach der auch hier vertretenen Auffassung besteht jedoch andererseits ein hohes Risiko, dass die Vorschriften der §§ 5, 6 GrEStG künftig keine Anwendung mehr finden. Gelangt man zu dem Ergebnis, dass durch die Einführung des § 713 BGB n.F. das bisherige Gesamthandsvermögen nunmehr zum eigenen Gesellschaftsvermögen der infragestehenden Personengesellschaft erstarkt, so ergibt sich daraus eine rechtliche Verselbständigung der Personengesellschaft, die eine ideelle Zuweisung von Bruchteilseigentum verbietet. Diese kann dazu führen, dass
- der Anwendungsbereich der §§ 5, 6 GrEStG künftig nicht mehr eröffnet ist und
- Übertragungen rund um die Gesamthand in einer Grunderwerbsteuerpflicht münden.
Passive Sperrfristverletzung nach § 5 Abs. 3 GrEStG? Konsequent weitergedacht, käme es sodann durch das MoPeG zu einer passiven Sperrfristverletzung nach § 5 Abs. 3 GrEStG, da sich insoweit innerhalb des 10-jährigen Betrachtungszeitraumes der Anteil des Gesamthänders an der Gesamthand mindern würde.
Beachten Sie: Vor diesem Hintergrund ist hierhingehend dringender Handlungsbedarf erforderlich, der
- eine Gültigkeit der §§ 5, 6 GrEStG auch ab 2024 garantiert und
- Übertragungen in der Vergangenheit von einer drohenden Sperrfristverletzung ausnimmt.
Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber dem MoPeG lediglich keinerlei Auswirkungen auf ertragsteuerliche Vorschriften – und damit gerade nicht auf grunderwerbsteuerliche Regelungen – attestiert.