Leitsatz
Die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen fordert auch, dass der Gegenstand der Lieferung im Bestimmungsland tatsächlich ankommt. Eine Zurückweisung an der Grenze ist demnach befreiungsschädlich.
Sachverhalt
Gestritten wurde wieder einmal um die Anerkennung einer Pkw-Lieferung als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung. Die im Inland ansässige Klägerin war als Kfz-Händlerin tätig und veräußerte u. a. ein Fahrzeug im Wege einer sog. Abhollieferung. Auf der Rechnung wurde u. a. der Erhalt des Fahrzeugs vom Abholer bestätigt und eine Versicherung "an Eides statt" abgegeben, das betreffende Fahrzeug nicht in Deutschland zu verkaufen oder zuzulassen, sondern nach Griechenland auszuführen. Nach Ermittlung des Finanzamtes war das streitige Fahrzeug an der Landesgrenze zu Griechenland abgewiesen worden, weil der Händler/Käufer eine spezielle Steuer nicht hätte bezahlen können.
Entscheidung
Die Klage hatte keinen Erfolg, weil das Finanzamt nach Ansicht des Finanzgerichts die fragliche Lieferung zu Recht der Umsatzsteuer unterworfen hat. Generell ist es möglich, trotz formaler Mängel bei den Belegnachweisen die Steuerfreiheit in Anspruch zu nehmen, wenn deren Voraussetzungen objektiv nachgewiesen werden können. Eine Steuerfreiheit als innergemeinschaftliche Lieferung kommt allerdings nur dann in Betracht, wenn aufgrund der Beweislage zweifelsfrei feststeht, dass die objektiven Merkmale einer innergemeinschaftlichen Lieferung erfüllt sind. Für das Gericht stand nicht objektiv fest, dass die Voraussetzungen vorlagen, da sich angesichts des Widerspruchs zwischen den vorliegenden Belegen, wonach der Erwerber die Ankunft des Fahrzeuges in Griechenland bestätigt hat und der Mitteilung der griechischen Finanzverwaltung, das Fahrzeug sei an der Landesgrenze zurückgewiesen worden, ein Widerspruch ergibt, der durch die Klägerin nicht aufgelöst werden konnte. Tatbestandsmerkmal einer innergemeinschaftlichen Lieferung ist nämlich auch, dass der Gegenstand der Lieferung im Bestimmungsland tatsächlich ankommt.
Hinweis
Soweit ersichtlich wurde nun erstmals finanzgerichtlich (rechtskräftig) der Frage nachgegangen, ob eine innergemeinschaftliche Lieferung auch dann anzunehmen ist, wenn der Liefergegenstand an der Grenze zum Bestimmungsland zurückgewiesen worden ist. Das Finanzgericht hat diese Frage verneint, da schon der Wortsinn der nationalen Befreiungsvorschrift ("versendet oder befördert hat") nahelege, dass das Gesetz eine erfolgreiche Versendung oder Beförderung meint. Dies ergibt sich wohl auch (zwingend) aus § 6a Abs. 1 Nr. 3 UStG, da ein nicht in den Bestimmungsmitgliedsstaat gelangter Gegenstand dort auch nicht der Erwerbsbesteuerung unterliegen kann. Auch nach Gemeinschaftsrecht (vgl. Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der 6. EG-Richtlinie) ergibt sich, dass eine Lieferung bewirkt sein muss. Bewirkt werden Lieferungen aber wohl nur dann, wenn sie auch tatsächlich beim Abnehmer ankommen. Aus der EuGH-Entscheidung vom 27.9.2007 (Rs. Teleos, C-409/04) ergibt sich nach Ansicht des Finanzgerichts nichts anderes. Generell gehörten nämlich nach der Rechtsprechung des EuGH innergemeinschaftliche Lieferung und innergemeinschaftlicher Erwerb zwingend zusammen (vgl. Urteil vom 27.9.2007, Rdnr. 23, 24), so dass eine Lieferung "ins Nichts" nicht allein aufgrund der Beförderung durch einen benachbarten Mitgliedsstaat hindurch zu einer innergemeinschaftlichen Lieferung werden könne.
Hinweis: Zu den generell erforderlichen Buch- und Belegnachweisen hat das BMF mit Schreiben vom 16.9.2013 (IV D 3 - S 7141/13/10001) ausführlich Stellung bezogen. Danach kann bei der Lieferung von Fahrzeugen in sog. Abholfällen (Beförderung durch den Abnehmer) der erforderliche Nachweis für die Steuerbefreiung auch durch einen Nachweis über die Zulassung des Fahrzeugs auf den Erwerber im Bestimmungsland der Lieferung geführt werden. Eine einfache Kopie der Zulassung ist dabei ausreichend. Der Nachweis muss aber die Fahrzeug-Identifikationsnummer enthalten.
Link zur Entscheidung
FG Nürnberg, Urteil vom 14.05.2013, 2 K 568/11