Es bleibt die Frage zu klären, warum Unternehmen die Beiordnung der ökologischen und sozialen Ziele zu den finanziellen Zielen vornehmen sollten. Wenn man diese Frage nicht mit unternehmerischem Altruismus, sondern mit betriebswirtschaftlichen Argumenten beantworten möchte, so bieten sich zwei Erklärungsansätze an:
- Weil das Verfolgen von Nachhaltigkeit dem Unternehmen Chancen eröffnen kann, oder
- weil das Unternehmen durch das Verfolgen von Nachhaltigkeit Risiken reduzieren kann.
Nimmt man die Chancenperspektive ein, so lautet die Argumentation wie folgt: Durch die Verfolgung ökologischer und sozialer Ziele wird das Unternehmen neue Produkte und Dienstleistungen oder gar völlig neue Geschäftsmodelle entwickeln. Hierdurch kann das Unternehmen seine Wettbewerbsposition in bestehenden Märkten verbessern oder sich sogar neue Märkte oder Marktsegmente erschließen. Die Chancenperspektive verbindet mit der Verfolgung ökologischer und sozialer Ziele somit den Auf- bzw. Ausbau von Wettbewerbsvorteilen.
Die Risikoperspektive hingegen betont die Sanktionsgefahren für Unternehmen. Bei ausbleibendem finanziellen Erfolg drohen Sanktionen insb. von den Eigentümern sowie ggf. von den Fremdkapitalgebern in Form von Kapitalabflüssen. Allerdings sind Unternehmen darüber hinaus auch auf Legitimität angewiesen, welche ihnen die Gesellschaft zugesteht. Angesichts der weltweiten Akzeptanz des Schutzes von Umwelt und Menschenrechten, bedeutet dies für Unternehmen, dass bei sozial und/oder ökologisch unverantwortlichem Verhalten ein Entzug der "license to operate" durch die Gesellschaft drohen würde.
In der Realität werden beide Perspektiven für Unternehmen von Relevanz sein, ggf. in unterschiedlicher Ausprägung. Im Ergebnis gleichen sich jedoch beide Perspektiven: Unternehmen kommen heutzutage kaum mehr umhin, den finanziellen Zielen ökologische und soziale Ziele beizuordnen.
Mit der Compliance soll abschließend noch eine weitere denkbare Argumentation für die Verfolgung ökologischer und sozialer Ziele eine kurze Erwähnung finden. Unternehmen könnten aufgrund von Gesetzen und vergleichbaren Vorschriften dazu gezwungen sein, ökologische und soziale Ziele zu verfolgen. Compliance sollte allerdings als conditio-sine-qua-non des unternehmerischen Handelns aufgefasst werden. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass die Einhaltung von geltendem Recht gerade noch keine Verfolgung ökologischer und sozialer Ziele darstellt. Gleiches gilt bei finanziellen Zielen auch für die Sicherung der Zahlungsfähigkeit zur Vermeidung einer Insolvenz.