Dipl.-Finw. (FH) Thomas Rupp
Tz. 510
Stand: EL 79 – ET: 12/2013
Sowohl internationale Konzerne als auch mittelständische Unternehmen verlagern zunehmend betriebliche Funktionen wie Produktion, Forschung und Entwicklung auf verbundene Unternehmen in Niedriglohn- und Niedrig-St-Ländern. Die entspr Geschäftsvorfälle sind hierbei vielschichtig. Im Regelfall ist Ausgangspunkt die betriebswirtsch Feststellung, dass zB eine lohnintensive Teilproduktion in D nicht mehr wirtsch erfolgen kann, an einem ausl Standort jedoch die zur Aufrechterhaltung der Produktpalette notwendige Produktion durch eine ausl TG noch rentabel ist. Zu diesem Zweck werden regelmäßig folgende Transaktionen und Leistungen vorgenommen:
a) |
noch funktionsfähige und wirtsch arbeitende Maschinen werden in D abgebaut und am ausl Standort wieder aufgebaut; |
b) |
das Produktions-Know-how wird der TG zur Verfügung gestellt oder übertragen, und |
c) |
um die Produktion schnell anfahren zu können, erfolgt die Schulung und Einarbeitung der Mitarbeiter der TG durch Personal des inl Mutterunternehmens. |
Tz. 511
Stand: EL 79 – ET: 12/2013
Stlich stellt sich die Frage, zu welchem angemessenen Preis diese Lieferungen und Leistungen abgerechnet werden müssen, um eine Korrektur wegen Verstoßes gegen das in § 1 AStG normierte Fremdverhaltensprinzip (international: Art 9 OECD-MDBA: "Dealing-at-arms-length") zu vermeiden.
Mit der Einfügung des § 1 Abs 3 des AStG durch das UStRefG 2008 v 14.08.2007 (BGBl I, 1912ff) wurde eine auch international "neuartige" ges Regelung zur Besteuerung von sog Funktionsverlagerungen geschaffen. Die Besteuerung sog grenzüberschreitender Funktionsverlagerungen ist ein wes Teil der Gegenfinanzierung der St-Entlastungen – Absenkung der tariflichen Unternehmensbesteuerung – iRd Unternehmensteuerreform 2008 (Volumen: 1,8 Mrd EUR).
Neben der Notwendigkeit der Verbreiterung der Bemessungsgrundlage wird die Regelung aber auch mit der Notwendigkeit der Erfassung stiller Reserven in wertvollen immateriellen WG begründet, da diese regelmäßig unter hohem Kostenaufwand in D geschaffen wurden und deren Verwertung im Ausl infolge dieser Funktionsverlagerung der dt Besteuerung (tw) droht entzogen zu werden. Insoweit handelt es sich um die Fortsetzung der Entstrickungsregelungen im UmwStG bzw § 4 Abs 1 S 3 EStG/§ 12 KStG, die mit dem SEStEG ab 2006 eingeführt wurden.
Die Besteuerung von Funktionsverlagerungen wird damit häufig auch als betriebliche Wegzugsbesteuerung bezeichnet, denn sie betrifft die Besteuerung der Auslagerung von Aktivitäten sowohl durch internationale Konzerne als auch mittelständische Unternehmen, die betriebliche Funktionen wie Produktion, Forschung und Entwicklung bei ausl TG und EG aufbauen. Betroffen ist insbes die Auslagerung lohnintensiver Produktion in osteuropäische und asiatische Staaten.
Tz. 512
Stand: EL 79 – ET: 12/2013
Wesentliches Element der Neuregelung ist die Abkehr von der bisher üblichen Einzel-WG bezogenen Festlegung von Verrechnungspreisen (Ermittlung eines Lieferpreises für Maschinen, von Lizenzgebühren für überlassene Patente, Abrechnung von Dienstleistungen wie die Gestellung von Arbeitnehmern) durch den Ansatz eines sog Transferpakets (betriebswirtsch ermittelten Gesamtpreis für die Funktion). Damit sollen zum einen Synergieeffekte der Einzelelemente erfasst werden, zum anderen aber auch durch die Ableitung vom Gesamtwert auch sichergestellt werden, dass sämtliche immateriellen WG erfasst werden.
Der Regelung wird aber auch vorgehalten, dass der Gesetzgeber faktisch versuche, durch die Regelung im Ausl durch niedrige Lohnkosten, Umweltschutzauflagen, Materialkosten etc sich ergebende Standortvorteile durch Verrechnungspreisvorgaben zu 50 % in das inl Steuersubstrat zu ziehen (Mittelwertmethode, im Detail s Tz 607).
Sowohl durch die ges Nachbesserung im Wachstumsbeschleunigungsgesetz als auch der Praxis der Fin-Verw nach den Verw-Grds Funktionsverlagerung hat sich der originäre Anwendungsbereich, dh der Ansatz der Tansferpreismethode, wesentlich beschr. In vielen "wirtsch betrachteten" Verlagungsfällen greift der Grundsatz der Einzelbepreisung.