Dipl.-Finw. (FH) Thomas Rupp
4.4.5.2.3.1 Bauleiter als Vertreter
Tz. 1174
Stand: EL 81 – ET: 08/2014
Bei der Prüfung "Vertreter-BetrSt" kann uU auch die Berücksichtigung von gewerbe- und sonstigen aufsichtsrechtlichen Vorschriften erforderlich sein. So unterliegen zB Werkvertrags-Unternehmen auf dem Bausektor auch den Regelungen der Handwerksordnung (HWO). Um eine Genehmigung zur Ausübung der Tätigkeit zu erhalten, muss ein verantwortlicher Betriebsleiter iSv § 7 Abs 5 HWO nachgewiesen werden. Er ist ua für den gesamten handwerklichen Arbeitsbereich des Unternehmens verantwortlich, er hat sämtliche vorkommenden Handwerkstätigkeiten in fachlicher Hinsicht zu betreuen und muss maßgeblichen pers Einfluss auf den technischen Betriebsablauf nehmen. Des Weiteren muss er regelmäßig die Leitung und Kontrolle der Arbeiten vor Ort führen und dabei auf Art und Weise der ausgeführten Arbeiten fortlaufend Einfluss nehmen/nehmen können. IdR wird eine je Woche zwanzigstündige Anwesenheit auf der Baustelle Voraussetzung zur Genehmigung der Ausübung der Tätigkeit nach der HWO sein.
Nach Auff der Fin-Verw (s Erl des Fin-Min Ba-Wü, Leitfaden zur stlichen Erfassung der Tätigkeit ausl Werkvertragsunternehmen v 15.03.1995, 1301/10) kommt damit auch der verantwortliche Betriebsleiter iSd HWO grds als ständiger Vertreter iSd AO in Betracht. Bei Gesellschaften sind hierbei idR die verantwortlichen Betriebsleiter iSd HWO Mitgesellschafter und GF der Werkvertrags-Unternehmen.
Dem kann allerdings entgegengehalten werden, dass der von der HW geforderte Aufgabenzuschnitt des verantwortlichen Betriebsleiters führt für sich genommen noch nicht zur Annahme eines abhängigen Vertreters iSd Art 5 Abs 5 OECD-MA. Erforderlich ist eine die eigentliche Unternehmenstätigkeit betreffende Handlungs- und Abschlussvollmacht (s Rn 32, 33 des MAK zu Art 5 des OECD-MA).
4.4.5.2.3.2 Gesetzlicher Vertreter einer Kapitalgesellschaft
Tz. 1175
Stand: EL 81 – ET: 08/2014
Umstritten ist, ob der ges Vertreter einer Kap-Ges eine Vertreter-BetrSt begründen kann.
Beispiel:
Die C-Sp (nachfolgend C) ist eine Kap-Ges polnischen Rechts mit Sitz und Geschäftsleitung in Polen. Sie führt Werkverträge im Baugewerbe aus und hat in den Jahren 1–5 inl Werkverträge über zehn Mio EUR abgeschlossen. Die C unterhält im Inl keine feste Geschäftseinrichtung und die Dauer der Werkverträge überschreitet die Zwölf-Monatsfrist iSd Art 5 Abs 2g DBA-Polen nicht. Herr X ist Ges-GF der C. Er hat im Inl weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt und ist auch nicht ansässig iSd Art 4 Abs 2 DBA-Polen. Herr X hält sich zu Vertragsverhandlungen, zur Vertragsdurchführung und zur Erledigung allgemeiner Angelegenheiten jährlich ca 30–35 Tage im Inl auf.
Vom Merkmal des ständigen bzw abhängigen Vertreters hängt es ab, ob die C in D beschr kstpfl ist und ob das Besteuerungsrecht nach dem DBA D zugewiesen wird. Dabei wirken sich möglicherweise bestehende Unterschiede zwischen dem Begriff des ständigen Vertreters und des abhängigen Vertreters in der vorliegenden Frage nicht aus.
Nach Auff der Fin-Verw kann eine BetrSt auch durch den ges Vertreter einer Kap-Ges begründet werden, soweit er eine entspr Abschlussvollmacht gewöhnlich ausübt (Rn 31.1, 33 und 33.1 des OECD-MAK zu Art 5 des OECD-MA). Die Rspr zu Einzelunternehmen (s Urt des BFH v 18.12.1990, BStBl II 1991, 395, wonach ein Einzelunternehmer nicht zugleich ständiger Vertreter iSd § 13 AO bzw Art 5 Abs 5 OECD-MA sein kann) soll auf die ges Vertreter von Kap-Ges nicht übertragbar sein.
Tz. 1176
Stand: EL 81 – ET: 08/2014
Eine andere Auff vertritt das Nds FG (s Urt des Nds FG v 04.07.1991, RIW 1991, 1055). Ein Organ ist hiernach kein Vertreter iSd § 13 AO und wurde nicht zu einem solchen bestellt. Ob die Ableitung aus dem og Urt des BFH v 18.12.1990 zutr ist, ist allerdings fraglich. Im Gegensatz zum Einzelunternehmen bilden Organ und jur Pers keine rechtliche Einheit.
Im Bsp-Fall ist X ständiger Vertreter iSd § 13 AO bzw abhängiger Vertreter iSd Art 5 Abs 4 DBA-Polen, wenn er sachlich weisungsgebunden ist und im gew Kernbereich der C mit Abschlussvollmacht nachhaltig tätig wird (auch s Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, 7. Aufl 2011, 316). Als Ges-GF erfüllt X kraft seiner Rechtsstellung die Funktion des abhängigen Vertreters.
Fraglich ist allerdings, ob X auch nachhaltig tätig wurde. Nach Jacobs (aaO, 315) liegt ein nachhaltiges Tätigwerden bei einer nicht nur vorübergehenden Tätigkeit (mehr als sechs bis zwölf Monate) vor. Dies setzt allerdings nach dessen Auff nicht voraus, dass X sich in dieser Periode im Inl aufgehalten hat. Es genügt, wenn die Vollmacht wiederholt und nicht nur gelegentlich im Inl ausgeübt wird (so auch Rn 32.1ff des OECD-MA; s Urt des BFH v 28.06.1972, BStBl II 1972, 785; s Görl, in Vogel/Lehner, DBA-Komm, 5. Aufl, Rn 120 zu § 5).
In der Rspr (s Urt des BFH v 03.08.2005, BStBl II 2006, 220) beschäftigt sich der BFH ausführlich mit einem vergleichbaren Fall, der Frage der BetrSt-Begr durch einen GF eines portugiesischen Bauunternehmens, der im Streitjahren 60 bzw 47 Tage in D sowohl durch Vertragsabschlüsse als auch durch Bauaufsichts...