Dipl.-Finw. (FH) Thomas Rupp
4.5.2.5.1 Allgemeines
Tz. 1206
Stand: EL 83 – ET: 04/2015
Die Frage, ob der RBAA- oder AOA für die Gewinnabgrenzung zur BetrSt anzuwenden ist, bedarf einer mehrschichtigen Untersuchung.
Hierzu soll zur Verdeutlichung von folgendem Bsp ausgegangen werden:
Ein inl Konzern, bestehend aus der X-GmbH und der TG X-GmbH & Co hat umfangreiche Auslandsaktivitäten. Sowohl die GmbH als auch die KG haben BetrSt in den Ländern USA, Österreich, Norwegen und Brasilien. In den USA besteht zudem die X-Partnership als Vertriebs-Tochter. Wegen einer bevorstehenden Bp untersucht die St-Abteilung die Gewinnabgrenzung für die Jahre 2006–2015.
Es stellt sich im Verhältnis zu allen Ländern die Frage, ob der RBAA- oder AOA zu überprüfen ist.
4.5.2.5.2 Die zeitliche Anwendung
Tz. 1207
Stand: EL 83 – ET: 04/2015
Jahr |
RBAA |
AOA |
Bemerkung |
2006– 2012 |
x |
Hinweis 1 |
Das DBA-USA enthält zwar bereits den AOA-Ansatz im Protokoll, die dt Rechtsgrundlage in § 1 Abs 5 AStG wurde aber erst mit dem Amtshilferichtlinienumsetzungsgesetz 2013 geschaffen Die Neuregelung gilt erstmals für Wj, die nach dem 31.12.2012 beginnen (§ 21 Abs 20 Satz 3 AStG). Sie ist grds auch in den Fällen anzuwenden, in denen das DBA noch nicht eine dem Art 7 Abs 2 OECD-MA 2010 entspr Formulierung enthält. Auf Nachweis greift dann ggf § 1 Abs 5 Satz 8 AStG; im Detail s Tz 1213ff. |
2013– 2014 |
x |
x |
Ab 01.01.2013 ist zwingend der AOA-Ansatz anzuwenden, wenn nicht der Escape nach § 1 Abs 5 S 8 AStG möglich ist; hierzu s Tz 1213ff. Gelingt der Escape, ist der RBAA vorzunehmen. Für den Nicht-DBA-Staat Brasilien ist der Escape nicht möglich, daher erfolgt insoweit zwingend der AOA. Zur Bedeutung der fehlenden Rechtsverordnung (BSGaV) s nachfolgend den Hinweis 2. |
2015 |
x |
x |
Das Problem der fehlenden Rechtsverordnung (BSGaV) besteht nicht mehr (s Hinweis 2). Da das Revisionsabkommen Norwegen den AOA enthält, ist ab 01.01.2015 insoweit zwingend der AOA vorzunehmen. |
Tz. 1208
Stand: EL 83 – ET: 04/2015
Hinweis 1:
Barig (IWB v 27.11.2013, 801) hält es zwar für möglich, dass die dt Fin-Verw auf der Basis der sog dynamischen Auslegung des OECD-MAK zum Ergebnis kommt, dass die Grundsätze auch bei vor 2010 abgeschlossenen Abkommen zu beachten sind. Es wird allerdings verkannt, dass es sich hier nicht um eine Änderung der OECD-Auff im MAK handelt, sondern Art 7 MA ausdrücklich geändert wurde. Zudem wirkt das DBA nicht unmittelbar, sondern nur über die Umsetzungsregelung des § 1 Abs 5 AStG. Zudem wird eine dynamische Auslegung von DBA von der dt Rspr abgelehnt (s Beschl des BFH v 19.05.2010, BStBl II 2011, 156; v 08.12.2010, BStBl II 2011, 488 und s BFH Urt v 25.05.2011, BStBl II 2014, 760).
Tz. 1209
Stand: EL 83 – ET: 04/2015
Hinweis 2:
Die Regelung des § 1 Abs 5 AStG mit seinen 8 Sätzen wird durch die Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung (BSGaV) ergänzt, die erst am 17.10.2014 verabschiedet wurde. Diese ist mit ihren umfassenden Regelungen ab 01.01.2015 anwendbar (§ 40 BSGaV). Für die beiden Übergangsjahre stellt sich die Frage, ob eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Anwendung des AOA überhaupt möglich ist. Nach der Rspr des BFH zu Verlustabzugsbeschränkungen wie § 2b EStG (aF), § 15b EStG ist es verfassungsrechtlich bedenklich, ob ein Gesetz hinreichend bestimmt ist, wenn es nur eine Ansammlung von Pauschalbegriffen enthält (zB s Beschl des BFH v 02.08.2007, IX B 92/07 (nv)).
Dem ist allerdings entgegenzuhalten, dass alle verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe einer Auslegung zugänglich sind, da sie aus der internationalen Entwicklung stammen, dh auf der Basis der BetrSt-Berichts der OECD v 17.07.2008 unter der Bezeichnung "Authorized OECD Approach" (kurz: "AOA") auslegbar sind.
4.5.2.5.3 Der "persönliche" Anwendungsbereich des AOA-Ansatzes in § 1 AStG
Tz. 1210
Stand: EL 83 – ET: 04/2015
Die grds Anwendung des AOA der OECD wird auch durch die Einzelregelungen der nationalen Umsetzung in § 1 AStG beschr. Dies sind folgende Aspekte:
4.5.2.5.3.1 Keine Anwendung bei Personengesellschaften
Tz. 1211
Stand: EL 83 – ET: 04/2015
Als Ausfluss des Transparenzprinzips gelten Anteile an Pers-Ges abkommensrechtlich als BetrSt des Gesellschafters, dh, im Bsp-Fall ist die US-Pers-Ges eine weitere BetrSt des dt Gesellschafters X-GmbH. Diese abkommensrechtliche Beurteilung schlägt aber nicht auf die Anwendung des § 1 AStG durch. Durch die Einfügung in § 1 Abs 1 S 2 AStG 2013 wurde klargestellt, dass auch eine Pers-Ges oder Mitunternehmerschaft selbst Stpfl iSd § 1 AStG ist. Die Verrechnungspreisgrundsätze des § 1 Abs 1 AStG sind daher unmittelbar anzuwenden, die Besonderheiten der BetrSt-Gewinnabgrenzung nach dem AOA in § 1 Abs 5 AStG sind nicht anzuwenden.
4.5.2.5.3.2 Strukturproblem – § 1 AStG als reine Gewinnabgrenzungsvorschrift
Tz. 1212
Stand: EL 83 – ET: 04/2015
Die Verrechnungspreiskorrekturvorschrift des § 1 AStG (s Tz 89ff) greift als außerbilanzielle Korrekturvorschrift nur, wenn eine Einkommensminderung vorliegt gegenüber dem Ergebnis, das sich bei Betrachtung des Fremdverhaltensgrundstzes hätte ergeben (s Tz 141ff). Es handelt sich daher um keine allgemeine nationale Gewinnermittlungsvorschrift, die umfassend für alle BetrSt-Fälle anzuwenden ist, sondern um eine reine Eink-Korrekturvorschrift (s Wassermeyer, in F/WB, AStG, Rn 5, 78, 182 und s Nientiemp/Ludwig, IWB 20...