Dipl.-Finw. (FH) Thomas Rupp
6.11.10.1 Die Entscheidung des BFH vom 03.02.2010 – I R 23/09
Tz. 2121
Stand: EL 89 – ET: 03/2017
Gegenstand der Entscheidung war die Hinzurechnung im Jahr 1999 der zuvor nach § 2 Abs 1 S 1 AuslInvestmG abgezogenen Verluste, die eine inl WM-GmbH mit ihrer Beteiligung an einer luxemburgischen R-KG in den Jahren 1986 bis 1989 erzielt hatte.
Mit dem FG verneint der BFH, dass ein Fall des § 2 Abs 1 S 4 AuslInvestmG gegeben sei, wonach von der Nachversteuerung abzusehen sei, wenn die WM-GmbH einen Abzug ihrer BetrSt-Verluste in Luxemburg "allgemein" nicht hätte beanspruchen können. Nach dem luxemburgischen StR war der Verlustabzug nicht (mehr) möglich, weil das luxemburgische StR einen auf fünf Jahre begrenzten Verlustvortrag vorsah und dieser Zeitraum für die Verluste aus den Jahren 1986 bis 1989 spätestens im Jahre 1994 abgelaufen war. Dies bedeute aber, dass der WM-GmbH "allgemein" ein Verlustabzug in anderen Jahren als dem Verlustjahr durchaus offen stand. Ausdrücklich bezieht sich der BFH auf die EuGH-Entsch "Krankenheim Ruhesitz am Wannsee" und verzichtet angesichts der für eindeutig erachteten Gemeinschaftsrechtslage auf eine (abermalige) Vorlage an den EuGH. Gegen die Entscheidung ist eine Verfassungsbeschwerde anhängig (2 BvR 1177/10), die mit Beschl v 14.07.2011 (nv) für erledigt erklärt wurde.
6.11.10.2 Die Entscheidung des BFH vom 09.06.2010 – I R 100/09
Tz. 2122
Stand: EL 89 – ET: 03/2017
Gegenstand der Entscheidung war ein Verlust, der in einer französischen BetrSt im Jahr 1999 angefallen war. Auf diesen Verlust war nach französischem StR ein fünfjähriger Vortragszeitraum anwendbar. Im Jahr 2004 konnte jedoch nur eine Teilverrechnung erfolgen. Der überwiegende Teil des Verlusts war damit in Frankreich nicht mehr nutzbar. Die BetrSt war im Jahr 2005 eingestellt worden. Die Klägerin, eine Holding-GmbH, deren organschaftlich mit ihr verbundene K-GmbH die BetrSt unterhielt, begehrte die Verlustberücksichtigung im Jahr 1999.
Die finanzgerichtliche Klage und auch die Rev vor dem BFH blieben ohne Erfolg. Der BFH bezieht sich dabei zum einen auf die EuGH-Entsch "Lidl Belgium" (aaO), mit der der EuGH die Symmetriethese akzeptiert habe, so dass Verluste grds primär in das Besteuerungsrecht des BetrSt-Staates fallen. Zum anderen verweist er auf die EuGH-Entsch "Krankenheim Ruhesitz am Wannsee", wonach kein Mitgliedstaat verpflichtet sei, Einschränkungen, die der BetrSt-Staat beim Verlustabzug kenne, zB eine Befristung, auszugleichen.
Ausdrücklich weist der BFH darauf hin, dass nicht entschieden zu werden brauche, ob ein anderes Ergebnis geboten wäre, wenn die Endgültigkeit des Verlusts aus der Einstellung der BetrSt abgeleitet würde.
6.11.10.3 Die Entscheidung des BFH vom 09.06.2010 – I R 107/09
Tz. 2123
Stand: EL 89 – ET: 03/2017
Gegenstand der Entsch waren Verluste, die eine inl GmbH mit ihren zwei französischen BetrSt in den Jahren 1999 bis 2001 erzielte. Die BetrSt wurden im Jahr 2001 aufgegeben.
Auf die Verluste war nach französischem StR ein fünfjähriger Vortragszeitraum anwendbar. Ebenso war ein dreijähriger Verlustrücktrag eröffnet. Darüber hinaus sah das französische StR auch für den Fall der Fusion und ihr gleich gestellte Transaktionen die Möglichkeit vor, Verluste auf die übernehmende(n) Gesellschaft(en) zu übertragen und auf deren spätere Gewinne anzurechnen. Bei einer Unternehmensspaltung oder der Einbringung nur eines Teils des Aktivvermögens würden die Verluste übertragen, die in den jeweils eingebrachten Geschäftsbereich fallen.
Der BFH erlaubt im Urt-Fall den Verlusttransfer. Den Anknüpfungspunkt hierfür sieht er in der Aufgabe der BetrSt. Denn während zB eine Befristung des Vortragszeitraums eine rechtliche Einschränkung der Verlustberücksichtigung sei, die nach der Rspr des EuGH nicht zur Endgültigkeit des Verlusts und damit seines Transfers führe, sei dies bei tats Gegebenheiten anders zu beurteilen. Hierzu zähle die Aufgabe der BetrSt.
Abw von der Entsch I R 84/04 (s Tz 2111) erfolgt der Abzug nicht "phasengleich" sondern phasenverschoben im Jahr des definitiven Untergangs der BetrSt. Nach einem obiter dictum soll dies nicht nur der Fall der Aufgabe, sondern auch die Umwandlung oder Übertragung sein.
Dem von der Fin-Verw vorgebrachten Argument, die Klägerin könne mit einer neu begründeten französischen BetrSt ihren Verlustvortrag wieder aufnehmen, folgte der BFH nicht. Er verweist zum einen darauf, dass der Sachverhalt hierfür keinen Anhalt biete und im Übrigen für den Fall einer späteren Verlustverwertung über § 175 Abs 1 S 1 Nr 2 AO berücksichtigt werden könne. Im Übrigen sei es die Betriebsaufgabe vor Ablauf des Vortragszeitraums, die "in Art einer überholenden Kausalität" die Endgültigkeit des Verlusts und damit dessen Transfer ausgelöst habe. Verlusttransfer und -abzug gälten – so der BFH – für die KSt- und die GewSt gleichermaßen. Anders als die KSt sei die GewSt zwar durch das Territorialitätsprinzip begrenzt. Die gemeinschaftsrechtliche Verpflichtung des Stammhaus-Staates zur subsidiären Verlustberücksichtigung ergebe sich für die KSt aus der Durchbrechung der DBA-rechtlichen Symmetriethese. Diese gemeinschaftsrechtliche Verpflichtung sei aber in gleicher Weise auch iR des gew...