Prof. Dr. rer. pol. Claudia Rademacher-Gottwald
Die Entlastungsberechtigung einer ausländischen Gesellschaft setzt zunächst die persönliche Entlastungsberechtigung der Gesellschafter voraus. Sie liegt vor, soweit Steuerausländer an der Gesellschaft beteiligt sind, denen ein nationaler oder abkommensrechtlicher Entlastungsbetrag zustände, wenn sie die Einkünfte unmittelbar erzielten. Dies muss für jeden Gesellschafter gesondert geprüft werden.
Nicht entlastungsberechtigt sind z. B. Gesellschafter, die in einem Nicht-DBA-Staat ansässig sind oder die außerhalb der EU ansässig sind und die Voraussetzungen der einschlägigen Richtlinien nicht erfüllen.
Weitere Voraussetzung für die Entlastungsberechtigung einer ausländischen Gesellschaft ist das Erzielen unschädlicher Einkünfte (sachliche Entlastungsberechtigung). Der Gesetzgeber sieht hierfür mehrere Alternativen vor. Nach der ersten Alternative steht der ausländischen Gesellschaft eine sachliche Entlastungsberechtigung zu, soweit sie Bruttoerträge aus eigener Wirtschaftstätigkeit erzielt. Bei der eigenen Wirtschaftstätigkeit muss es sich um eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr handeln (wirkliche wirtschaftliche Tätigkeit). Zu den anerkannten Bruttoerträgen gehören auch die Dividenden und andere Erträge, wie z. B. Zinsen oder Lizenzgebühren, von geleiteten Gesellschaften.
Die Zwischenschaltung einer Gesellschaft mit Ansässigkeit in einem anderen EU-Staat ist unschädlich, wenn diese Gesellschaft aktiv, ständig und nachhaltig am realen Marktgeschehen teilnimmt. Die Erbringung von konzerninternen Dienstleistungen gegen ein gesondert berechnetes Entgelt (management service fee) wird als eigene Wirtschaftstätigkeit anerkannt. Eine Leistungsverrechnung mit Umlageverträgen erfüllt die Voraussetzung jedoch nicht. Die Vermögensverwaltung zählt ebenso wenig als eigene Wirtschaftstätigkeit wie das Outsourcing von wesentlichen Geschäftstätigkeiten z. B. auf Anwaltskanzleien oder Managementgesellschaften.
Im Unterschied zur passiven Beteiligungsverwaltung (Vermögensverwaltung) stellt die aktive Beteiligungsverwaltung eine eigene Wirtschaftstätigkeit dar. Sie liegt vor, wenn gewichtige Beteiligungen an inländischen Gesellschaften bestehen, so dass die Gesellschaft in der Lage ist, geschäftsleitende Funktionen, d. h. langfristige Führungsentscheidungen, wahrzunehmen und tatsächlichen Einfluss auf die Beteiligungsgesellschaft auszuüben. Auf die Höhe der Beteiligung kommt es nicht an. Außerdem wird verlangt, dass schriftliche Nachweise über die geschäftsleitenden Funktionen vorliegen.
Nach der zweiten Alternative steht der ausländischen Gesellschaft auch bei nicht eigenwirtschaftlicher Tätigkeit eine sachliche Entlastungsberechtigung zu, wenn bezüglich dieser Tätigkeit für die Einschaltung der ausländischen Gesellschaft wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe vorhanden sind und die ausländische Gesellschaft mit einem für ihren Geschäftszweck angemessen eingerichteten Geschäftsbetrieb am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt.
Ein wirtschaftlicher Grund ist insbesondere dann zu bejahen, wenn mit der ausländischen Gesellschaft die Aufnahme einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit beabsichtigt ist und entsprechende Aktivitäten eindeutig nachgewiesen sind. Sonst beachtliche Gründe können politischer, rechtlicher oder auch religiöser Natur sein, wobei den rechtlichen Gründen, insbesondere den haftungsrechtlichen Gründen, die größte Praxisrelevanz zukommt. Dehnbar ist der Begriff der politischen Gründe, da hierunter auch unternehmenspolitische und wirtschaftspolitische Gründe fallen.