Leitsatz
Erhält ein Steuerpflichtiger, der seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, für die Anschaffung oder Herstellung bestimmter Wirtschaftsgüter öffentliche Investitionszuschüsse, so mindern diese die Anschaffungs- oder Herstellungskosten bereits im Jahr der Bewilligung und nicht im Jahr der Auszahlung. Sofern der Empfänger den Zuschuss sofort als Betriebseinnahme versteuern will, muss er das entsprechende Wahlrecht ebenfalls im Jahr der Zusage ausüben.
Normenkette
§ 4 Abs. 3, § 7 Abs. 1, § 11 Abs. 1 EStG, § 4 Abs. 1 und 2 FördG
Sachverhalt
Eine GbR hatte eine alte Schule erworben und zu einer Ferienanlage umgebaut. Aus dieser bezog sie ab 1997 gewerbliche Einkünfte, die durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt wurden. Für Umbaumaßnahmen und Einrichtung waren der GbR im Jahr 1997 Zuschüsse bewilligt worden. Diese wurden in zwei Raten 1998 und 1999 ausgezahlt und waren u.a. an die Bedingung geknüpft, dass zwei Arbeitsplätze geschaffen und für fünf Jahre beibehalten werden.
Die GbR verteilte den Zuschuss jeweils bei Zufluss auf die Anschaffungskosten von Grund und Boden, Gebäude, Inventar und Herstellungskosten. Außerdem nahm die GbR Sonderabschreibungen nach dem FördG auf die ungekürzte Bemessungsgrundlage vor. Das FA war der Meinung, die Zuschüsse seien nur auf die Umbaumaßnahmen und das Inventar zu verteilen. Von der gekürzten Bemessungsgrundlage seien AfA und Sonderabschreibung zu ermitteln, und zwar schon im Jahr der Bewilligung des Zuschusses.
Entscheidung
Der BFH bestätigte das Klage abweisende Urteil des FG (EFG 2005, 1206). Das Zuflussprinzip der Einnahmen-Überschuss-Rechnung sei hinsichtlich der Abschreibungen durchbrochen. Einerseits komme es nicht auf die Begleichung der Anschaffungs- und Herstellungskosten an, andererseits mindere der Zuschuss die Anschaffungs- und Herstellungskosten.
Hinweis
1. Die Entscheidung betrifft zum einen die Frage, welche Bedeutung das Zufluss/Abfluss-Prinzip bei der Einnahmen-Überschuss-Rechnung für die Vornahme von Abschreibungen hat. Bei der Einnahmen-Überschuss-Rechnung werden die Kosten für die Anschaffung oder Herstellung von Anlagegütern nicht sofort als Betriebsausgaben abgezogen. Sie mindern erst einen späteren Veräußerungs- oder Entnahmeerlös.
Bei abnutzbaren Gütern sind nach § 4 Abs. 3 Satz 3 EStG die Vorschriften über die Abschreibung zu befolgen. Abzuschreiben ist ein Gut vom wirtschaftlichen Eigentümer mit Beginn der Nutzung. Ob er die Anschaffungs- und Herstellungskosten bis dahin bezahlt hat, ist weder für die Einnahmen-Überschuss-Rechnung noch für die Bilanzierung von Bedeutung. Das Zufluss-/Abflussprinzip hat deshalb insoweit keine Bedeutung. Dementsprechend ist etwa auch ein GWG i.S.d. § 6 Abs. 2 EStG im Jahr seiner Anschaffung sofort abzuschreiben, auch wenn der Kaufpreis noch nicht abgeflossen ist.
2. Der Leitsatz der Entscheidung reflektiert den zweiten in der Entscheidung abgehandelten Problembereich, nämlich die Frage nach der Behandlung von Investitionszuschüssen. Die Frage ist einerseits seit Jahrzehnten unter dem Aspekt in der Diskussion, ob der Zuschuss eine Betriebseinnahme darstellt oder von Anschaffungs- und Herstellungskosten abzusetzen ist. Hierzu gibt es im BFH zwei gegensätzliche Auffassungen, die an sich vom Großen Senat geklärt werden müssten. Die betroffenen Senate hielten eine Vorlage aber bisher nicht für erforderlich. So sah es im Besprechungsfall auch der IV. Senat wieder, der sich bisher für eine Minderung der Anschaffungs- und Herstellungskosten ausgesprochen hat.
Nach den EStR können Steuerpflichtige zwischen beiden Methoden wählen (R 6.5 Abs. 2 EStR). Die klagende GbR hatte sich zunächst für den Abzug von den Anschaffungs- und Herstellungskosten entschieden und lediglich den Abzugsbetrag den betroffenen Wirtschaftsgütern nicht richtig zugeordnet. Dann musste sie konsequenterweise auch die Bemessungsgrundlage für AfA und Sonderabschreibung entsprechend mindern. Nachträglich gestattet der BFH keine Änderung der Wahlrechtsausübung.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 29.11.2007, IV R 81/05