Diese Regeln gelten auch für den Zusatzurlaub für Schwerbehinderte Menschen. Besonderheiten bestehen allerdings dann, wenn der Arbeitgeber von der Schwerbehinderung oder einer entsprechenden Antragstellung nichts weiß.
Der Fall
Der Arbeitnehmer verlangt den Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen aus 2017 (2 Tage) und aus 2018 (5 Tage). Er teilt der Arbeitgeberin mit, dass er einen Antrag auf Anerkennung als schwerbehinderter Mensch bestellt hat. Nachdem der Antrag mit Bescheid vom 24.11.2017 abgelehnt worden ist, teilt der Arbeitnehmer auch das der Arbeitgeberin mit. Er erhebt dann vor dem Sozialgericht Klage, wovon die Arbeitgeberin jedoch keine Kenntnis erhält. Dort obsiegt er und wird rückwirkend ab 11.8.2017 als schwerbehinderter Mensch anerkannt. Darüber informiert der Arbeitnehmer die Arbeitgeberin am 5.3.2019.
Der Arbeitnehmer machte geltend, der Urlaub sei nicht verfallen, weil die Arbeitgeberin ihn nicht entsprechend unterrichtet habe.
Die Befristung (Verfall am Jahresende) des Anspruchs auf Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen setzt, wie die des gesetzlichen Mindesturlaubs, grundsätzlich voraus, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer durch Erfüllung seiner Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten über den Verfall des Urlaubs belehrt hat.
Hat der Arbeitgeber aber keine Kenntnis von der Schwerbehinderung des Arbeitnehmers und ist diese nicht offenkundig, verfällt der Anspruch auf Zusatzurlaub auch dann gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG mit Ablauf des Urlaubsjahrs bzw. Übertragungszeitraums, wenn der Arbeitgeber seinen Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten nicht nachgekommen ist. Der Arbeitgeber hat unter diesen Voraussetzungen keinen Anlass, vorsorglich auf einen Zusatzurlaub hinzuweisen und den Arbeitnehmer aufzufordern, diesen in Anspruch zu nehmen. Entsprechendes gilt, wenn der Arbeitnehmer einen Antrag auf Anerkennung der Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch gestellt hat, ohne seinen Arbeitgeber darüber zu unterrichten und ohne, dass die Schwerbehinderung offensichtlich ist. Unterrichtet der (objektiv schwerbehinderte) Arbeitnehmer den Arbeitgeber jedoch über seinen (noch nicht beschiedenen) Antrag auf Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft, setzen Befristung und Verfall des Anspruchs auf Zusatzurlaub grundsätzlich die Erfüllung der Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten durch den Arbeitgeber voraus.
Besonderheiten ergeben sich im vorliegenden Fall, weil der der Arbeitgeberin bekannte Antrag auf Anerkennung der Schwerbehinderung zunächst durch behördlichen Bescheid zurückgewiesen und die Schwerbehinderung aufgrund eines vom Arbeitnehmer eingelegten Rechtsbehelfs oder Rechtsmittels später rückwirkend festgestellt wird. Die Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten des Arbeitgebers bestehen in einem solchen Fall zunächst bis zu der ablehnenden Entscheidung der zuständigen Behörde. Ist der Arbeitgeber vor dem Erlass des ablehnenden Bescheids seinen Mitwirkungsobliegenheiten nicht rechtzeitig nachgekommen, unterliegt der Zusatzurlaubsanspruch, über den der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bis dahin hätte rechtzeitig belehren können, nicht dem Verfall. Ansprüche auf Zusatzurlaub, hinsichtlich derer der Arbeitgeber nicht rechtzeitig vor Ablehnung des Antrags seinen Mitwirkungsobliegenheiten nachkommen konnte, erlöschen – auch ohne, dass der Arbeitgeber zuvor seine Mitwirkungsobliegenheit erfüllt hat – mit Ablauf der gesetzlichen Verfallfristen, wenn der Arbeitnehmer den Arbeitgeber nicht rechtzeitig über den weiteren Gang des Anerkennungsverfahrens unterrichtet. Dem Arbeitnehmer obliegt es, den Arbeitgeber unverzüglich über die ablehnende Entscheidung der zuständigen Behörde sowie darüber zu informieren, ob er dagegen einen Rechtsbehelf eingelegt hat oder dies beabsichtigt.
Bedeutung für die Praxis
Ist die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin offenkundig oder erfährt der Arbeitgeber davon, dass ein Antrag auf Anerkennung als schwerbehinderter Mensch gestellt wurde, sollte er vorsorglich für den Fall, dass dem Anerkennungsantrag stattgegeben wird, den Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin ordnungsgemäß über den Verfall des Urlaubs am Jahresende belehren.