Christoph Tillmanns, Dr. Manuel Schütt
Der Fall
Ein Arbeitnehmer erhielt von seinem Arbeitgeber ein Bruttomonatsgehalt von zuletzt 5.477,60 EUR. Es wurde ihm daneben ein Dienstwagen zur privaten Nutzung überlassen. Der geldwerte Vorteil dieser Nutzungsmöglichkeit wurde auf der Entgeltabrechnung unter Anwendung der sogenannten "1 %-Regelung" gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG, mit einem Betrag in Höhe von monatlich 445 EUR brutto ausgewiesen. Hinzu kam der geldwerte Vorteil für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte gemäß § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG (sog. 0,03 %-Regelung) in Höhe von monatlich 747,60 EUR brutto.
Der Arbeitgeber berechnete über mehrere Jahre hinweg auf dieser Grundlage die Nettovergütung des Arbeitnehmers und zahlte sie an ihn aus. Der Arbeitnehmer machte nun geltend, der Arbeitgeber habe dabei § 107 Abs. 2 Satz 5 Gewerbeordnung (GewO) und §§ 850 ff. ZPO nicht beachtet und somit 29.639,14 EUR zu wenig Nettovergütung an ihn ausgezahlt. Er erhob insoweit Zahlungsklage vor dem Arbeitsgericht.
Der Arbeitnehmer argumentierte, dass nach § 107 Abs. 2 GewO in Verbindung mit den vollstreckungsrechtlichen Regelungen der Zivilprozessordnung seine Vergütung in Geld und der Sachbezug der Privatnutzung des Dienstwagens zusammengerechnet werden müssen. Der Wert dieses Sachbezugs setze sich aus dem geldwerten Vorteil nach der sogenannten 1 %-Regelung und dem geldwerten Vorteil, berechnet auf der Grundlage der steuerlichen Regelungen für die Nutzungsmöglichkeit für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte zusammen. Aus der sich hieraus ergebenden Summe sei der pfändbare Betrag des Arbeitseinkommens nach §§ 850 ff. ZPO zu berechnen. Er müsse den sich daraus ergebenden unpfändbaren Betrag in Geld erhalten. In seinem Fall habe er aber im Ergebnis den unpfändbaren Teil seines Arbeitseinkommens nicht in Geld, sondern zum Teil in Form der Privatnutzung des Dienstwagens erhalten, weswegen er noch einen entsprechenden Anspruch auf Auszahlung der Vergütung in Geld gegen seinen Arbeitgeber habe.
Nach § 107 Abs. 2 GewO können Arbeitgeber und Arbeitnehmer Sachbezüge als Teil des Arbeitsentgelts vereinbaren, wenn dies dem Interesse des Arbeitnehmers oder der Eigenart des Arbeitsverhältnisses entspricht. Aber: Der Wert der vereinbarten Sachbezüge oder die Anrechnung der überlassenen Waren auf das Arbeitsentgelt darf die Höhe des pfändbaren Teils des Arbeitsentgelts nicht übersteigen.
Die vereinbarte Überlassung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung ist regelmäßig eine Gegenleistung für die geschuldete Arbeitsleistung und damit ein Sachbezug i. S. v. § 107 Abs. 2 Satz 1 GewO. Der Wert dieses Sachbezugs beläuft sich grundsätzlich auf 1 % des Listenpreises des Pkw zzgl. Sonderausstattungen und USt. im Zeitpunkt der Erstzulassung.
Erhält der Arbeitnehmer nicht den vollen unpfändbaren Teil seines Arbeitsentgelts ausbezahlt, ist die Regelung über den Sachbezug, hier die Privatnutzung des Dienstwagens, unwirksam. Der Arbeitgeber braucht den Dienstwagen nicht mehr zur Privatnutzung überlassen, muss aber den Wert des Sachbezugs dem Arbeitnehmer in bar auszahlen.
Damit stellte sich in dem vorliegenden Fall die Frage, wie hoch das pfändungsfreie Entgelt des Arbeitnehmers ist. Das richtet sich nach den Pfändungsvorschriften der ZPO. Sachbezüge zum Arbeitsentgelt regelt § 850e Nr. 3 ZPO: "Erhält der Schuldner neben seinem in Geld zahlbaren Einkommen auch Naturalleistungen, so sind Geld- und Naturalleistungen zusammenzurechnen."
Das BAG hat in dieser Entscheidung klargestellt, dass für die Berechnung des pfändungsfreien Entgelts der steuerlich zu berücksichtigende geldwerte Vorteil für die Nutzung des Pkw auf dem Weg von der Wohnung zum Betrieb in Höhe von monatlich 0,03 % des Listenpreises für jeden Entfernungskilometer (sog. 0,03 %-Regelung) nicht einbezogen wird. Hierbei handele es sich nicht um einen Sachbezug i. S. v. § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO, sondern um einen steuerrechtlich relevanten Korrekturposten für den pauschalen Werbungskostenabzug.
Für die Lohnabrechnung zur Abführung von Lohnsteuer und Sozialversicherung bleibt es aber bei der Berücksichtigung der Entfernungskilometer nach der 0,03 %-Regel als "Sachbezug". Nur zur Ermittlung des pfändbaren Teils des Arbeitsentgelts ist dieser Posten nicht zu berücksichtigen.
Die Berechnung des pfändbaren Betrags anhand der o. g. Beträge – im Vergleich mit und ohne Fahrten zwischen der Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte – führt zu erheblich unterschiedlichen Ergebnissen:
Bei Einbeziehung der Fahrten "Wohnung – Arbeitsstätte" ergibt sich bei den oben genannten Daten ein pfändbarer Betrag bei 3 unterhaltsberechtigten Personen von 795,62 EUR, ohne diesen Posten nur von 471,58 EUR. Andererseits verringert sich der Abzug von Nettolohn für die erhaltene Sachleistung erheblich, wenn man hier die Entfernungskilometer nach der 0,03 %-Regel nicht abzieht, sodass im vorliegenden Fall sogar ein pfändbarer Betrag von nur 26,58 EUR ve...