1 Rechtsentwicklung/Allgemeines
Rz. 1
§ 11 gilt seit dem Inkrafttreten des SGB IV zum 1.7.1977 unverändert.
Systematisch steht er im Zusammenhang mit den §§ 9, 10, deren entsprechende Anwendbarkeit er für selbständige Tätigkeiten anordnet. Der Tätigkeitsort hat vor allem innerhalb der Rentenversicherung für die Bestimmung des zuständigen Regionalträgers und die Rechtskreiszuordnung (§§ 128, 228a SGB VI) sowie innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung bei der Ausübung des Wahlrechts nach § 173 SGB V, das in Abs. 2 Nr. 1 an den Beschäftigungsort anknüpft, Bedeutung.
Rz. 2
Regelungsgegenstand des Abs. 1 ist die entsprechende Anwendbarkeit der Vorschriften über den Beschäftigungsort (§§ 9, 10) für selbständige Tätigkeiten. Insofern ist § 9 Abs. 1 bis 4 und 6 entsprechend auf selbständige Tätigkeiten anwendbar. Eine entsprechende Anwendung des § 9 Abs. 5 Satz 1 und 2 scheidet hingegen aus, da dieser auf den Betriebssitz/Sitz einer Außenstelle als Ort der Ausübung des Direktionsrechts abstellt und ein Merkmal der Selbständigkeit das Fehlen eines Direktionsrechts ist (vgl. Grimmke, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 11 Rz. 9). Hingegen ist eine entsprechende Anwendung des § 9 Abs. 5 Satz 3 denkbar. Ebenso ist § 9 Abs. 7 nicht entsprechend anwendbar, weil dieser auf die Arbeitnehmereigenschaft Bezug nimmt. Von § 10 ist nur dessen Abs. 3 auf selbständige Seeleute entsprechend anwendbar, denn Personen, die ein freiwilliges soziales Jahr oder ein freiwilliges ökologisches Jahr i. S. d. Jugendfreiwilligendienstegesetzes leisten (Abs. 1) oder Entwicklungshelfer (Abs. 2) sind, sind abhängige Beschäftigte.
Rz. 3
Nach Abs. 2 gilt als Tätigkeitsort der Ort des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts, wenn eine feste Arbeitsstätte nicht vorhanden ist und die selbständige Tätigkeit an verschiedenen Orten ausgeübt wird. Abs. 2 ist eine Sonderregelung für den Bereich, der bei abhängig Beschäftigten durch § 9 Abs. 5 Satz 1 und 2, der nach Abs. 1 nicht entsprechend anwendbar ist (vgl. oben), geregelt wird. Die Begriffe "Wohnsitz" und "gewöhnlicher Aufenthalt" sind in § 30 Abs. 3 SGB I definiert. Ein Wohnsitz hat nach § 30 Abs. 3 Satz 1 SGB I jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat nach § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.
Rz. 4
Geht es um den Sitz des Unternehmens, z. B. im Bereich der Unfallversicherung in § 130 SGB VII, finden die jeweiligen spezialgesetzlichen Regelungen Anwendung.