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Macht der Schuldner glaubhaft, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Beitragszahlungspflicht hatte, so werden Säumniszuschläge nicht erhoben (Abs. 2).
Das Verschulden setzt zumindest bedingten Vorsatz voraus (BSG, Urteil v. 12.12.2018, B 12 R 15/18 R). Säumniszuschläge sind ab Eintritt der Kenntnis oder verschuldeten Unkenntnis von der Beitragspflicht zu erheben. Ausreichend ist der Eintritt innerhalb der Verjährungsfrist (§ 25 Abs. 1). Bedingt vorsätzlich handelt der Beitragsschuldner, der seine Beitragspflicht für möglich gehalten und die Nichtabführung der Beiträge billigend in Kauf genommen hat. Dabei geht es in der Sache nach ausschließlich um den Nachweis der den subjektiven Tatbestand begründenden Umstände. Liegen Umstände vor, aus denen nachvollziehbar der Schluss gezogen werden kann, dass Vorsatz gegeben ist, obliegt es dem Schuldner, Umstände vorzutragen, die geeignet sind, die bisher gewonnenen Erkenntnisse zu entkräften (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 27.3.2017, L 8 R 551/15 B ER).
Auf Tatsachenebene kann ein unverschuldeter Irrtum über die Zahlungspflicht z. B. entstehen, wenn die Geringfügigkeit i. S. d. § 8 Abs. 1 durch die Zusammenrechnung nach § 8 Abs. 2 entfällt. Der Arbeitgeber eines (vermeintlich) geringfügig Beschäftigten ist allerdings gehalten, das Vorliegen weiterer Beschäftigungsverhältnisse zu erfragen. Auch ein Rechtsirrtum kann das Verschulden entfallen lassen. Hieran sind allerdings strenge Maßstäbe zu setzen. Im Zweifel muss sich der Schuldner kundigen Rat einholen. Werden z. B. Beiträge aufgrund eines Lohnsteuerhaftungsbescheids des Finanzamts nachberechnet, kann sich der Arbeitgeber nicht darauf berufen, unverschuldet keine Kenntnis von seiner Zahlungspflicht gehabt zu haben. Wenn eine beitragsrechtliche Auswertung des Lohnsteuerhaftungsbescheids nicht vorgenommen wird, sind rückwirkend Säumniszuschläge vom Zeitpunkt der möglichen Auswertung des Lohnsteuerhaftungsbescheids zu erheben. Wie das BSG mit Urteil v. 30.3.2000 (B 12 KR 14/99 R) klargestellt hat, liegt keine Rechtsunkenntnis in einem solchen Fall vor, wenn die Lohn- und Gehaltsbuchhaltung von einer sachkundigen Person im Auftrag des Arbeitgebers vorgenommen wird. Im Falle der Nachversicherung tritt zwar grundsätzlich mit dem unversorgten Ausscheiden des Beamten die Fälligkeit der Nachversicherungsbeiträge ein. Allerdings kann eine unverschuldete Unkenntnis des betroffenen Versorgungsträgers dadurch entstehen, dass Aufschubgründe (§ 184 Abs. 2 SGB VI) vorliegen können. Trotz der Besonderheit, dass die Einleitung der Nachversicherung grundsätzlich dem Versorgungsträger überlassen ist, wendet das BSG (auch) § 24 Abs. 2 entsprechend an (Urteil v. 12.2.2004, B 13 RJ 28/03 R). Allerdings kann sich der Versorgungsträger nicht allein mit der individuellen Unkenntnis des zuständigen Amtsträgers entschuldigen. Schädlich ist insoweit auch ein Organisationsverschulden. Der Versorgungsträger muss entsprechende organisatorische Sicherungssysteme schaffen, um seine etwaige Zahlungspflicht nachzuhalten. Hat der Versorgungsträger allerdings eine Aufschubentscheidung (§ 184 Abs. 3 und 4 SGB VI) getroffen, ist es grundsätzlich Sache des Rentenversicherungsträgers, die bezeichneten Aufschubgründe zu prüfen und die Nachversicherung (ggf. erst nach deren Wegfall) von sich aus durchzuführen (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 17.4.2013, L 2 R 4/13, unter Bezug auf LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 16.12.2009, L 3 R 106/09).