Dr. Arno Baumeister, Hans-Peter Mulzer
Rz. 4
Der Vertreterversammlung wird mit § 141 lediglich eine Option eingeräumt, die sie aufgreifen kann, aber nicht aufgreifen muss. Die vom Gesetzgeber unterstellte Verbesserung der Wirtschaftlichkeit oder Leistungsfähigkeit durch weniger, dafür aber größere Rentenversicherungsträger ist in der Praxis nicht bewiesen, sondern steht unter der Überlegung der Erzielung von Synergieeffekten.
Rz. 5
Will die Selbstverwaltung eine Fusion, so müssen andererseits als Grundlage für einen Beschluss, um in ein Verfahren zum Zusammenschluss mit einem/mehreren Versicherungsträger(n) einzutreten, konkrete Überlegungen zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit oder Leistungsfähigkeit angestellt werden. Ausgangspunkt der Überlegungen eine Fusion einzugehen, müssen die alternativ im Gesetz aufgeführten Ziele der Verbesserung der Wirtschaftlichkeit oder der Leistungsfähigkeit sein. Sonstige Fusionsvorteile sind nicht schädlich, müssen aber gegenüber den gesetzlichen Zielvorstellungen zurücktreten.
Rz. 6
Sowohl der Begriff Wirtschaftlichkeit als auch die Leistungsfähigkeit stehen unter dem Diktat der Kosteneinsparung. Die Verpflichtung, wirtschaftlich und sparsam den Verwaltungsaufgaben nachzukommen, obliegt gesetzlich den fusionswilligen Rentenversicherungsträgern bereits vor der Fusion. Ein Zusammenschluss muss darüber hinausgehende finanzielle Vorteile bringen. Auch der Begriff der Verbesserung der Leistungsfähigkeit bedeutet letztlich die Erbringung eines Mehr an Aufgaben unter Beibehaltung des Kostenrahmens.
Rz. 7
Die Erstellung einer solchen entscheidungserheblichen Prognose sollte allein aus haftungsrechtlichen Gründen einer qualifizierten Begutachtung vorbehalten bleiben. Bei allem Risiko, mit dem ein prognostisches Gutachten behaftet ist, müssen jedoch die Verbesserungsziele klar ersichtlich sein, um den Vertreterversammlungen eine Entscheidungshilfe geben zu können. Nur geringe Einsparmöglichkeiten sollten unter Risikogesichtspunkten zu einem Absehen von einer Fusion führen. Der Dienstleistungsgedanke und der Zwang, sich einem Benchmarking (§ 69 Abs. 5 SGB IV) zu stellen, die mit der Organisationsreform der gesetzlichen Rentenversicherung verbindlich festgelegt wurden, lassen auch kleineren Organisationseinheiten die Möglichkeit, sich nachweislich zu profilieren. Defizite bei den Arbeitszielen werden eine Fusion auch ohne Begutachtung erzwingen.
Rz. 8
Die Vereinigung von Rentenversicherungsträgern soll gebietsmäßig nicht über mehr als drei Bundesländer gehen. Damit ist der Fusionswille jedoch nicht auf drei Teilnehmer beschränkt. Bestehen in einem Bundesland mehr als ein Regionalträger, so können sich auch mehr Rentenversicherungsträger zusammenschließen. Die Zahl der Fusionswilligen ist lediglich durch den gesetzlichen Vorbehalt begrenzt, wonach sich der Zuständigkeitsbereich des neuen Rentenversicherungsträgers nicht über mehr als drei Bundesländer erstreckt. Mit erfasst werden durch den Wortlaut auch die Fusion von zwei oder mehr Regionalträgern in einem Bundesland auf Initiative der Selbstverwaltung.
Rz. 9
Der Vereinigungsbeschluss ist als Endpunkt des Fusionsprozesses anzusehen. Am Beginn werden sich die Vertreterversammlungen durch Beschluss über die Fusionsabsicht, den Weg zur Fusion und die Inhalte binden. Nach diesen grundsätzlichen Überlegungen, die im Lauf des Verfahrens Änderungen erfahren können und müssen, wird die strategische Detailarbeit mit dem Ziel eines Vereinigungsvertrags beginnen. Abhängig von der Zahl und der jeweiligen Größe der fusionswilligen Partner werden sich die einzelnen Verfahrensschritte vollziehen.
Rz. 10
Nach der schon vor dem Grundsatzbeschluss vorgenommenen Bestandsaufnahme, die alleine oder unterstützt durch ein qualifiziertes Gutachten, das Gesetzesziel Verbesserung der Wirtschaftlichkeit oder Leistungsfähigkeit ergeben hat, sind im Rahmen der strategischen Ziele Überlegungen zur örtlichen Präsenz, zu Fragen der Zuständigkeit und der Vereinheitlichung von Geschäftsprozessen anzustellen und Lösungen zu formulieren. All diese Schritte sind in einen zeitlichen Rahmen einzubetten und von einem so genannten Fusionsausschuss zu überwachen, um ggf. Korrekturen vornehmen zu können.
Rz. 11
Diese Fusionsschritte, die teilweise zeitlich parallel ablaufen können, erfordern von den Beteiligten gerade in Detailfragen ein großes Maß an Kompromissbereitschaft. Daneben wird es unabdingbar sein, dass ein Kontrollorgan, ggf. der Fusionsausschuss, besteht, das auch die Entscheidungsbefugnis hat, wenn sich Detailfragen auf Fachebene nicht einvernehmlich regeln lassen. Der Fusionserfolg wird maßgeblich von der Einsicht der von der Fusion betroffenen Mitarbeiter geprägt. Hier für ein von allen als gerecht empfundenes Ergebnis einzustehen, ist die verantwortungsvolle Aufgabe der Vertreterversammlung.