Dr. Arno Baumeister, Hans-Peter Mulzer
0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorgängervorschrift (§ 127a), die mit dem 4. SGB VI-ÄndG v. 29.4.2004 (BGBl. I S. 678) in das SGB VI eingefügt wurde, ist durch das Gesetz zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung (RVOrgG) v. 9.12.2004 (BGBl. I S. 3242) mit der textlichen Änderung – Regionalträger statt Landesversicherungsanstalt – inhaltsgleich in den § 141 überführt worden. Die Neufassung ist am 1.1.2005 in Kraft getreten.
1 Allgemeines
Rz. 2
Zusammen mit § 142 ermöglicht die Vorschrift die Vereinigung von Regionalträgern. § 141 regelt ein Zusammengehen innerhalb eines Bundeslandes oder über Ländergrenzen hinweg auf Initiative der Selbstverwaltung, während § 142 die Rechtsgrundlage für eine Vereinigung mehrerer Regionalträger innerhalb eines Landes, aber auch über die Ländergrenzen hinweg auf Initiative eines oder bis zu dreier Bundesländer darstellt.
Rz. 3
Beide Bestimmungen mussten eine Interessenabwägung treffen zwischen dem Recht der beteiligten Selbstverwaltungen, ureigenste Angelegenheiten zu regeln, und den Interessen der betroffenen Länder auf Einflussnahme bei wesentlichen, organisatorischen Entscheidungen ihrer Rentenversicherungsträger. In der Krankenversicherung (z.B. §§ 144, 150, 160 und 168a SGB V) und in der gesetzlichen Unfallversicherung (z.B. §§ 118, 119 SGB VII) bestehen bereits vergleichbare gesetzliche Regelungen, die eine Vereinigung ermöglichen.
2 Rechtspraxis
2.1 Verfahren vor der Vereinigung
Rz. 4
Der Vertreterversammlung wird mit § 141 lediglich eine Option eingeräumt, die sie aufgreifen kann, aber nicht aufgreifen muss. Die vom Gesetzgeber unterstellte Verbesserung der Wirtschaftlichkeit oder Leistungsfähigkeit durch weniger, dafür aber größere Rentenversicherungsträger ist in der Praxis nicht bewiesen, sondern steht unter der Überlegung der Erzielung von Synergieeffekten.
Rz. 5
Will die Selbstverwaltung eine Fusion, so müssen andererseits als Grundlage für einen Beschluss, um in ein Verfahren zum Zusammenschluss mit einem/mehreren Versicherungsträger(n) einzutreten, konkrete Überlegungen zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit oder Leistungsfähigkeit angestellt werden. Ausgangspunkt der Überlegungen eine Fusion einzugehen, müssen die alternativ im Gesetz aufgeführten Ziele der Verbesserung der Wirtschaftlichkeit oder der Leistungsfähigkeit sein. Sonstige Fusionsvorteile sind nicht schädlich, müssen aber gegenüber den gesetzlichen Zielvorstellungen zurücktreten.
Rz. 6
Sowohl der Begriff Wirtschaftlichkeit als auch die Leistungsfähigkeit stehen unter dem Diktat der Kosteneinsparung. Die Verpflichtung, wirtschaftlich und sparsam den Verwaltungsaufgaben nachzukommen, obliegt gesetzlich den fusionswilligen Rentenversicherungsträgern bereits vor der Fusion. Ein Zusammenschluss muss darüber hinausgehende finanzielle Vorteile bringen. Auch der Begriff der Verbesserung der Leistungsfähigkeit bedeutet letztlich die Erbringung eines Mehr an Aufgaben unter Beibehaltung des Kostenrahmens.
Rz. 7
Die Erstellung einer solchen entscheidungserheblichen Prognose sollte allein aus haftungsrechtlichen Gründen einer qualifizierten Begutachtung vorbehalten bleiben. Bei allem Risiko, mit dem ein prognostisches Gutachten behaftet ist, müssen jedoch die Verbesserungsziele klar ersichtlich sein, um den Vertreterversammlungen eine Entscheidungshilfe geben zu können. Nur geringe Einsparmöglichkeiten sollten unter Risikogesichtspunkten zu einem Absehen von einer Fusion führen. Der Dienstleistungsgedanke und der Zwang, sich einem Benchmarking (§ 69 Abs. 5 SGB IV) zu stellen, die mit der Organisationsreform der gesetzlichen Rentenversicherung verbindlich festgelegt wurden, lassen auch kleineren Organisationseinheiten die Möglichkeit, sich nachweislich zu profilieren. Defizite bei den Arbeitszielen werden eine Fusion auch ohne Begutachtung erzwingen.
Rz. 8
Die Vereinigung von Rentenversicherungsträgern soll gebietsmäßig nicht über mehr als drei Bundesländer gehen. Damit ist der Fusionswille jedoch nicht auf drei Teilnehmer beschränkt. Bestehen in einem Bundesland mehr als ein Regionalträger, so können sich auch mehr Rentenversicherungsträger zusammenschließen. Die Zahl der Fusionswilligen ist lediglich durch den gesetzlichen Vorbehalt begrenzt, wonach sich der Zuständigkeitsbereich des neuen Rentenversicherungsträgers nicht über mehr als drei Bundesländer erstreckt. Mit erfasst werden durch den Wortlaut auch die Fusion von zwei oder mehr Regionalträgern in einem Bundesland auf Initiative der Selbstverwaltung.
Rz. 9
Der Vereinigungsbeschluss ist als Endpunkt des Fusionsprozesses anzusehen. Am Beginn werden sich die Vertreterversammlungen durch Beschluss über die Fusionsabsicht, den Weg zur Fusion und die Inhalte binden. Nach diesen grundsätzlichen Überlegungen, die im Lauf des Verfahrens Änderungen erfahren können und müssen, wird die strategische Detailarbeit mit dem Ziel eines Vereinigungsvertrags beginnen. Abhängig von der Zahl und der jeweiligen Größe der fusionswilligen Partner werden sich die einzelnen Verfahrensschritte vollziehen.
Rz. 10
Nach der schon vor dem Grundsatzbeschl...